Als power couple aus dem Südsteirischen luden Florian Masser und Lisa Maria Kerbler zur Weinprobe der aktuellen Jahrgänge. Und da man daheim in Leutschach den Genuss pflegt – u.a. mit eigener Rinderzucht („Zottl“) und brillant aufkochender Mama und Bruder – sorgten die Massers auch in Wien für die entsprechende „Unterlage“. Der geflieste Langtisch von Alexander Mayers Generalvertretung der europäischen Gourmandisen-Götter wurde zum Schauplatz für Kombis wie Seeforelle mit Grammeln und Kohlrabi. Die erste Perfektionskombi im Mayer und Freunde lieferte eine geeiste Suppe von der Charentais-Melone, in der sich als Kontrast korsischer Ricotta („Broccia“) verbarg. Dazu gab es den Muscaris, die PIWI-Sorte aus der „Sturmkogl“-Linie des Weinguts. Wir haben ihn schon bei unserem Gläser-Vergleich vorgestellt (hier steht, wie vier Gläser den Wein verändern), doch dieses Mal kam die Melone des Weins dank des Gerichts klarer durch: Satt, feist und mit beträchtlichem Tiefgang zugleich kam der 2019er aus dem Sophienwald-Glas. Und schon hier unterschieb man das Haus-Motto: Ich trink‘ Masser statt Wasser.
Der Anfang war also gemacht. Mit dem Sernauberger Sauvignon Blanc 2017 nahm dieses Staffelholz ein Wein auf, der aus dem Stein-Fass kam, das mittlerweile eine 1200 Liter fassende Trademark der Massers aus Granit darstellt. Dass in diesem Gebinde die Hefe lange in Schwebe bleibt, war zur Ceviche vom Zander mit Apfel, Käferbohnen und Kernöl bestens nachzuvollziehen. Kompakt und würzig von Beginn weg, konnte man den Knastertabak förmlich greifen in der hell-rauchigen Nase. Sesam und ein wenig Zündholz-Schwefel verlängerten diese Note, gegen die es die tropenfruchtigen Noten (zuvorderst: Ananas) anfangs schwer hatten.
Einen Schluck später war man aber eingenordet, wobei „eingesüdet“ treffender wäre: Saftige Gelbe Kiwi und Maracuja verbanden sich mit der feinen Säure eines frischen Grünen Apfels. Für einen 2017er Sauvignon wirkte der „Ried Sernauberg“ wie gestern erst gefüllt. Das große Potential zeigte sich auch mit der Süßwasser-Ceviche, deren säurige Akzente er ebenso begleitete, wie er das Meer der cremig-satten Aromen mit seiner forschen Art teilte.
Bellini aus dem Fermentier-Glas: „Schlingelberg“ 2018
Zum Hauptgericht Alexander Mayers, einem Schneeberg-Schwein mit umbrischen Bohnen (fagiolo di Spello), paprizierten Eierschwammerln und Chorizo, kamen die „Top- und Signature Weine“ (© Lisa Kerbler) ins Glas. Spannend war hier vor allem das Wiedersehen mit dem 2018er Sauvignon Blanc „Ried Schlingelberg“, den die Equipe perfekt konditioniert hatte. Aus der kleinen Karaffe und gut gekühlt, konnte der intrazellulär vergorene Riedenwein langsam auf Touren kommen. Die vielfältigen Eindrücke waren ähnlich breit im Gaumenspektrum wie Mayers dekonstruiertes Schwammerlgulasch: Säurige Apfelschale legte zunächst die Duft-Spur, ehe dann aus dem süß-sauren Gemenge ein immer rauchiger Eindruck entstand. Eine Minute mit dem Nebenmann plaudern – und schon gibt es mehr zu erschnuppern. Etwa die Vanille-Note, die plötzlich im Duftbild aufpoppte.
Der Kostschluck ist saftig und tiefgründig, sodass man erst im zweiten Schritt die fein ziselierte Säure dieses ungewöhnlichen Sauvignons erkennt. Unter Abschluss von Sauerstoff vergären hier die ganzen Beeren wie in einem großen Fermentier-Glas (wie man es bei Topköchen, meist mit dem Gemüse-Mix Giardiniera befüllt, sieht).
Passionsfrucht und Pfirsich wie in einem „Bellini“ liefert dieser 2018er „Schlingelberg“, aber auch etwas Estragon, Liebstöckl und andere Kräuter sind zu schmecken. Die kräftige Art macht den noch jugendlichen Weißen fordernd, aber er wird einem nie zuviel. Denn üppig ist hier gar nichts. Das soll auch so bleiben: „Sauvignon braucht für mich keinen hohen Alkohol“, bekräftigt Winzer Florian Masser.
Das Sorten-Vorurteil wird gesprengt: „Oberglanz“ 2018
Es war nicht das letzte Wort des 23-Jährigen (am kl. Bild). Denn zum Dessert wurden zwei Weine aufgetragen, die bei Masser unter „Zwischen Genie und Wahnsinn“ im Hausprospekt stehen. Der gegen den Strich gebürstete Welschriesling „Wetterschütz“ 2018, der neben der interzellularen Gärung (siehe weiter oben beim SB „Schlingelberg“) auch eine Ruhephase im gebrauchten Barrique aufweist. Das Springinkerl unter den steirischen Sorten zeigt dann einen grünen Rauch wie Bratwürsteln in der ersten Nase, dann streiten sich Mandarinen-Schale und Passionsfrucht um die Logenplätze.
Noch mehr im Klischée-Zertrümmern geübt zeigt sich aber der Gelbe Muskateller, ebenfalls ein 2018er, aus der Ried Oberglanz. Die alten Stöcke – wir reden von 40 Jahren plus – wurden in Barrique-Fässern vergoren, was man dem alten Spaßmacher „GM“ in der Regel nicht zumutet. Doch statt plakativer Sorten-Töne haben wir hier fast schon Weingartenpfirsich vor uns. Dem Duft ist die Intensität geblieben, der Kitsch wurde aber verblasen. An seine Stelle tritt die zart herbe Frische einer Pink Grapefruit. Auch an Melone darf man angesichts dieser nasalen Expressivität denken.
Dass sich der „Oberglanz“ auch am Gaumen intensiv anlegt, war zu erwarten. Und ja, der performt richtig! Wie Orangen-Fruchtfleisch kommt der Muskateller daher: Dicht, fleischig, süß und sauer. Das Ganze wird noch von floralen Tönen begleitet, die man normalerweise eher riecht als schmeckt. Denn neben Veilchen stellt sich auch eine Assoziation mit Weißem Flieder ein. Das wichtigste Element aber ist der Gerbstoff, der hier eine aus Tannin geschnitzte Krücke für derlei intensive Geschmacksnoten darstellt. Vor allem aber zeigt er – zusammen mit der Säure des jugendlichen „Oberglanz“ – an, dass hier langes Leben vorgezeichnet ist. In drei Jahren aus dem Burgunderglas genossen, sagen wir nur… Und hoffentlich kocht auch dann dazu jemand wie Hut-Freak Alexander Mayer.
Bezugsquelle:
Weingut Masser, Sauvignon Blanc „Ried Sernauberg“ 2017 kostet EUR 21,80, der Sauvignon Blanc „Ried Schlingelberg“ 2018 ist um EUR 33,60 zu haben und der Gelbe Muskateller „Ried Oberglanz“ 2018 kommt auf EUR 22,10, alle ab Hof bzw. im Web-Shop des Weinguts, www.masser.cc