Es passte einfach zu gut. Schon ein paar Tage standen die Flaschen aus dem Vulkanland da. Doch wenn die Geschwister dahinter schon Fischer heißen, dann sollten sie doch am Übergang zu Fastenzeit und Heringschmaus stehen. Zumal es ein guter Name in Sachen Wein ist, der weder im Traisental, noch in der Wachau, der Thermenregion oder an der Rosalia enttäuscht. Diese Fischers aber sind Südoststeirer. Und der Riesling vom Stradenberg, den Bernhard, Klaus und Claudia Fischer 2019 in Plesch gefüllt haben, zeichnete schon gut ihre Linie vor. Kurz gefasst, könnte man ihn als eine Art Naturwein für Ängstliche beschreiben. Zwar ist hier nichts naturtrüb, doch die Aromatik des Bio-Weins bewegt sich in der herben Richtung; Grüntee, Zitronenmelisse und ein nicht zu übersehender Gerbstoff prägen diesen jugendlichen Wein (noch) im Mund. Die sortentypische Marille versteckt sich fast im letzten Drittel des Kostschlucks, holt dann kurz den Ausweis heraus, um zu beweisen, dass sie Riesling heißt und überlässt der feinen Mineralik dann den Abgang. Was dieser würzige Sortenvertreter aber aufweist, ist ein kühler Rauch-Ton. Er verdankt sich der Region, doch auch einige Züge der Fischer’schen Handschrift kann man bereits hier festhalten.
Man merkt, dass die drei Winzer, Geburtsjahrgänge zwischen 1987 und 1994, am Stil des Weinguts arbeiten, nicht nur am Inhalt der Flaschen, die heuer zum 15. Mal mit Qualitätswein gefüllt werden. Auffällig sind schon die Flaschen, zumindest wenn man eine Schwäche für die Farbe Blau hat, die sich bei der Etiketten-Gestaltung der Fischers in Richtung des berühmten Yves Klein-Farbtons bewegt. Wichtiger bei den äußeren Werten ist aber der Verzicht auf Schutzfolien und Kunststoff – ein kleines Wachsplättchen, natürlich auch in Blau gehalten, schützt den Kork. Und eigentlich soll der ja nicht für die Ewigkeit beschirmt sein, sondern irgendwann gezogen werden. Was wir gerne tun beim Lagenwein Schemming. Doch zunächst widmen wir uns dem verschraubten Ortswein. Der „St. Anna“ ist ein reinsortiger Morillon und die Burgundersorten passen wunderbar in die Rieden des Vulkanlands. Sand, Muschelkalk, aber auch die Signatur des Basalts geben in allen drei Fällen markante Weine. Die markante Würze der Gegend variiert halt, wobei die „dunkelste“ Aromatik gemeinhin reiner Basalt mitbringt.
In diesem Fall beginnt der 2019er Morillon mit einem kräutrigen und leicht säurigen Duft, der an Apfelspalten denken lässt, aber auch an gehackte Wildkräuter. Ein Phänomen der hochwertigen Ortsweine der Steiermark, das wir zuletzt auch beim „Gamlitzer“ vom Sattlerhof bemerkten, liegt in ihrer Komplexität. In diesem Fall ist es vor allem ein großes Glas, das diesen Chardonnay erst richtig aufschließt. Dann werden aus den diffusen Apfel-Birnen-Tönen feiner abgestufte Fruchtnuancen. Klarer kommt Passionsfrucht durch, sehr kühl und keineswegs üppig auch Banane.
Der Gaumen gehört dann aber den frischen Agrumen – vor allem Grapefruit ist hier fast sinnlich zu greifen. Das Fruchtfleisch ist saftig da, der Gerbstoff auch und eine feine Säure. Überhaupt führt dieser 2019er eine feine Klinge; der moderate Alkohol (12,5%) steht ihm gut zu Gesicht. Das ideale Adjektiv wäre hier wohl „feinstofflich“. Stetig ist da eine leichte Würze, die im Finish kurz von einem mehlig-herben Zug wie von Hirschbirne unterbrochen wird. Erneut meldet sich dieser Nerv des „St. Anna“ aber im Rückaroma. Und abermals greift hier „weißer Pfeffer“ zu kurz. Ein feines Summen hält diesen Wein lange lebendig. Diese Eigenschaft ist auch zum Fisch wunderbar. Neben der Grapefruit-Aromatik und einem Touch Zitronen-Thymian animierte sie zum Aschermittwoch-Wortspiel um die Fischers. Und ihren veritablen Austro-Chablis.
Beim Lagenwein der Geschwister wäre das nicht so einfach gewesen. Denn er stammt vom kalkigen Boden des ehemaligen Korallenriffs, das als Ried Schemming heute so etwas wie die Paraderiede der jungen Plescher Winzer darstellt. Wunderbar rauchig ist der ein Jahr ältere Lagenwein, mitunter denkt man an Rumrosinen, vor allem aber an saftige Mirabellen, die auch einen feinen Stein-Ton zeigen. Da alles lässt den Morillon 2018 kräftiger erscheinen, als er dann am Gaumen ausfällt. Auch er hat durch langen Hefekontakt eine sehr lebendige Art behalten, der Gerbstoff bindet sich gut ein und unterfüttert mit der leichten kreidigen Note im Finish die fruchtige Seite des „Schemming“. Wieder sind es keine strahlenden Frucht-Noten, sondern ehe die süß-saure Art von Quitten und Ringlotten, die hier das Gerüst bilden. Dazwischen blitzen Nuancen knackiger Früchte auf, mal ist es eine unreife Ananas, dann wieder saftige Pink Grapefruit. Die Verwandtschaft zum „St. Anna“ ist merklich, auch wenn hier alles ein wenig tiefer eingraviert ins Wein-Profil wirkt. Eines aber lässt sich jetzt schon sagen: Freunde kitsch-freier Weißweine ohne Fruchtverliebtheit sollten sich was angeln von den Fischers!
Bezugsquelle:
Fischer Weine, Riesling „Stradenberg“ 2019 kostet EUR 19, der Morillon „St. Anna“ 2019 EUR 12 und der Lagen-Morillon „Schemming“ 2018 ist um EUR 24 zu haben, alle im Webshop der Fischers, www.fischer-weine.at