Es war ein „großer Tag für das Vulkanland“ (© Josef Scharl), als die sechs Winzer der Eruption-Gruppe im Wein-Tresor von Bad Gleichenberg den Nebelwerfer anwarfen. Denn aus dem Trockeneis und der überdimensionalen Sandstein-Hülle schälte sich die neue Vulkanland-Flasche. 2,1 Millionen Stück hat man gleich einmal geordert, um die Weine der Region visuell markanter nach außen zu tragen. Statt dem Steirischen Panther grüßt am Hals ein stilisierter Vulkan, „auch die konische Form verstärkt den Bezug zum Vulkan“, so Winzer Stefan Krispel. Die Präsenz der versammelten Weinschreiber (und in unserem Falle: -blogger) nutzte das Sextett aber auch gleich, um den Inhalt der Flasche(n) näher zu erläutert.
Das erste Master Tasting, moderiert von Willi Balanjuk (vom Magazin A la carte), sollte die Hauptsorten Sauvignon und Weißburgunder/Chardonnay in Bezug auf den Basaltboden der Ost-Steiermark vorstellen. Die spezifische Philosophie der Winzervereinigung sorgte für einen weiteren Grundton, zumal sich auch hier einige Lernpunkte der Winzer (z. B. in Sachen Holz-Einsatz) nachvollziehen ließen, während die Jahrgänge 2013 bis 2018 verglichen wurden.
Gleich der „jüngste“ Flight – drei Sauvignons aus dem aktuellen Jahrgang 2018 – zeigte auch die Erfolge der sechs Betriebe. Denn nicht nur bei der Landes-Weinkost der Steiermark hat man die weit bekannteren Südsteirer heuer überflügelt. SALON-Sieger beim Sauvignon Blanc wurde Daniel Pfeifer mit seinem „Klassik“ aus St. Anna am Aigen.
Dessen dunkel-beerige Duft streifte mit seiner Cassis-Intensität („Grether’s Pastillen“) beinahe schon an Heidelbeeren an. Ein säuriger Zug (für uns: Maracuja) war aber ebenso zu entdecken wie cremige Noten einer reifen Tropenfrucht, bei denen man an Bananenmilch denken konnte. Finesse und Spannung von Beginn an sorgten für einen beachtlichen Trinkfluss; Melisse, Kamillen und wieder viel Passionsfrucht-Frische unterfüttern bei diesem 2018er einen kräutrigen Nerv. Wieder treffen sich Ananas und Schwarze Johannesbeere wie im alten „Exotic“-Mix der NÖ-Molkerei. Der zarten laktischen Note steht aber eine nicht versiegende Frische gegenüber, die auch den Abgang mit einem Kräuter-Beserl herumwirbelt.
„Hohe Reife und schöne Frucht“ standen wiederum 2015 zu Buche, erinnert sich Rupert Ulrich. Er holte einen weiteren Erfolg nach St. Anna, nämlich die Auszeichnung zum „Weingut des Jahres 2019“ bei der Steirischen Landesweinbewertung. Der besagte Sauvignon Blanc stammte von der Ried Hochstraden und wurde 2015 „zum ersten Mal als Riedenwein ausgebaut“. Eine goldrichtige Entscheidung, kann man nur sagen. Denn der Duft nach Lageräpfeln, Biskotten und etwas Klarlack wurde von Orangen-Schalen und Kreuzkümmel ergänzt. Wer bei der Rebsorte also partout Stachelbeere und „laute“ Noten erwartet, war hier schon mal enttäuscht. Alle anderen merkten auf.
Denn der „Hochstraden“ wirkte belebend wie ein „Bitter Lemon“ – und das ist durchaus wörtlich zu nehmen. Eine Fülle an Zitrusfrüchten und eine noch immer jugendliche Säure brachte hier Limettenschale, Orangen-Fruchtfleisch und eine eindeutig salzige Komponente auf den Gaumen. Es gibt einen Moment beim Genießen dieses Sauvignon Blancs von Ulrich, der an alten Parmesan mit Balsamico erinnert: Süßer Schmelz und eine Cremigkeit wie von Weißer Schokolade paart sich mit pikanten Einsprengseln – ein grandioser Wein, der Erwartungen (an Sorte und Alter) spielend bricht.
Eiskaffee-Schmelz beim Sauvignon: Ried Seindl 2017
Eine Verkostrunde davor war es ein Klöcher Wein, der sich einprägte. Das Weingut Müller, bekannt für seine Traminer, kann nämlich auch Burgunder (mehr dazu in Teil 2 der „aromatischen Eruptionen“) und Sauvignon. Die Ried Seindl gibt einigen Sorten des Hauses eine Heimat, der 2017er Sauvignon bringt zunächst einmal die dunkle Würze des Basalt-Bodens mit: Kümmel und Wacholder (!) steigen in die Nase, ehe sich die Schwarze Johannesbeere – für gewöhnlich keine schüchterne Duftnote – Bahn brechen kann. Ja, das ist sortentypisch, aber eben auch Einiges mehr. Wie zur Bestätigung erweist sich der vollmundige „Ried Seindl“ Stefan Müllers als ein Oxymoron der Beeren-Farben. Was das heißen soll? Dunkelste Stachelbeere trifft auf hellste Schwarze Ribisl in diesem Schluck Wein!
Mal kommen die grünen Töne der Frische klar wie Brennnesseln durch, dann schmiegt sich Eiskaffee-Schmelz wie ein in Schmusekätzchen an die Zunge. Am Ende wiederum wird es salzig, ein untrügliches Zeichen für mineralische Prägung, auch wenn man derlei in der verarbeiteten Rebe nicht wahrnehmen kann, wie uns die Wissenschaft nicht müde wird zu erklären. Bei diesem Wein allerdings haben Geologen und Phytognosten ohnehin wenig zu plaudern: Vom Kümmel-Duft bis zum salzigen Finish ist das einfach ein trinkfreudiger Basalt-Sauvignon. Oder eben: eine geschmackliche Eruption.
Bezugsquellen:
Weinhof Pfeifer, Sauvignon Blanc „Klassik“ 2018, ist um EUR 9,80 ab Hof bzw. im Webshop erhältlich, www.weinhof-pfeifer.at
Weinhof Ulrich, Sauvignon Blanc „Ried Hochstraden“ 2015 kostet EUR ab Hof bzw. im Online-Shop, https://weinhof-ulrich.at
Weingut Müller, Sauvignon Blanc „Ried Seindl“ 2017 kostet EUR 15 ab Hof bzw. im Webshop, http://weingut-mueller.at