Der deutsche Wein hat immer noch einen schweren Stand. Und da sprechen wir vom Weißwein-Aushängeschild Riesling. Dass sich dahinter eine Riege von Winzern etabliert hat, die vor allem den Burgundersorten herrliche Tröpfchen abgewinnen, bleibt da echtes Insiderwissen. Ein Name, der im Badischen dabei immer fällt, ist der von Holger Koch. Marketing betreibt er wenig, das sollen lieber die Weine selbst leisten. Es ist ein überschaubarer Sortenspiegel auf den rund acht Hektar, der praktisch immer auf -burgunder endet. In Weiß sind es also Chardonnay, Weiß- und Grauburgunder, wobei deren stärkste Sorte der letztere ist.
Bei aller Limitierung in Sachen Rebsorten kitzelt Koch aber die Finessen der Weine heraus, indem er sie in unterschiedlichen „Gewichtsklassen“ füllt. An der Spitze stehen dabei die „Drei-Sterner“, am Etikett durch eben das ***-Symbol zu erkennen. Wir kosteten uns durch neun Weine und der klare Favorit war der Weißburgunder aus dieser Spitzenliga. Der Jahrgang 2021 hat sogar eine kleine Austro-Connection zu bieten; denn das 600 Liter-Fass stammt von der Küferei Stockinger aus Waidhofen an der Ybbs. Darin lagerte der Weißburgunder aus der Lage Eichbuck, dem der sich aus zwei Partien zusammensetzt: Gut 10% vergärt Holger Koch wie einen „Orange Wine“ auf der Maische mitsamt den Stängeln und fügt sie als Art Kraft-„Injektion“ dem restlichen Wein hinzu.
Das ergibt dann ein echtes „Stinkerl“, das in der Tat an Feta – ja, der Schafkäse! – und Thymian erinnert. Dieser Duft steht in der Tradition des französischen Burgunders, der sich ja auch erst öffnen muss. Wobei der würzige Ton Bestand hat auch beim Auffrischen der Frucht-Seite (Mango, Passionsfrucht) präsent bleibt. Das gilt auch für den Geschmack des 2021ers, der saftig, aber doch schlank das „Nusserl“ des Weißburgunders zeigt. Salz-Zitronen, die man in purer Lebendigkeit wahrnimmt, sind ebenfalls da. Dazu kommt der ultrafeine Gerbstoff, der den „Drei-Sterner“ zu einem Weißwein macht, der wirklich allen gefallen dürfte.
Beim Chardonnay wieder war es ein anderer Wein, der die Zunge schnalzen ließ. Die Reserve 2021 fällt umso bemerkenswerter aus, als auch hier das „Schmalz“ vermieden wurde. Holger Koch verzichtet auf das beliebte Aufrühren der Hefe, die Bâtonnage, die cremig-mollige Töne ergibt. Wieder wendet er die „Koch-Methode“ mit dem Quäntchen an Maische-vergorenen Trauben an. Das Ergebnis erinnert dennoch an die Stadien des Croissant-Backens: Zerlassene Butter, leicht süßer Teig und die zarte Röst-Note des fertigen Gebäcks sind alle da. Birne und pochierter Pfirsich folgen im Duftbild, aber auch die leicht röstige Note von Macadamia-Nüssen. Die Reserve 2021 legt mit satter Frucht – diesmal obsiegt die Birne, die Gelben Apfel mitgebracht hat – los. Dass sie bereits sehr gut antrinkbar ist, sollte man als Kontrast zu österreichischen Reserven extra erwähnen. Der elegante Holz-Einsatz (wieder waren es große Holzfässer) weist in Richtung des Stil-Vorbilds „Bourgogne Blanc“. Die Vanille in zarter Ausprägung ist ein Teil dieser Signatur, das salzige Finale der andere.
Grauburgunder 2021, der mit den drei Sternen
Die Frankophilie entspringt dabei nicht nur der Verkoster-Phantasie; Holger Koch holte die Klone seiner Burgunder einst direkt aus Frankreich. Alte Weinstöcke im Elsass etwa waren eine der Grundlagen, um seinen Traum vom Burgunder-Weingut am Kaiserstuhl zu verwirklichen. Womit wir zur stärksten Weißwein-Sorte kommen, dem Grauburgunder. Für den „Drei-Sterner“, also die Spitze der Sortenausprägung, hat man sich den höchsten Anteil der „orange“ ausgebauten Trauben erlaubt, nämlich 15% der Ernte. Immerhin hat man in Istrien diesen Stil auch für den Pinot Grigio entwickelt, der mit seiner rötlichen Schale erst die neue Wein-Farbe ermöglichte. In Baden allerdings ist der farbliche Eintrag bei attraktivem Gold belassen worden, dafür erinnert der Duft den Kenner an „Orange Wines“. Die Mischung aus Gerbstoff-Noten und Mostäpfeln steht aber keineswegs im Vordergrund. Das übernehmen gelbe Melone, Sesamkörner, Vanilleschoten und Passionsfrucht.
Der Grauburgunder profitiert von einem großen Glas, denn die Facetten sind auch im Geschmack beachtlich. Anfangs gehört die Bühne der zupackenden und wie geeist wirkenden gelben Frucht. Quitten und Ringlotten, in zweiter Lesung auch Marillen – noch vor der expressiven Frucht-Phase. Vor allem im Mittelteil schmiegt sich diese Gemengelage wunderbar an den Gaumen. Ehe dann das Gerbstoff-Gerüst dezent in eine andere Richtung weist. Die Tannin-Auslaugung gibt dem 2021er eine herrliche Struktur, die weder mit der breiten klassischen Machart, noch mit echtem „Orange Wine“ zu tun hat. Holger Koch oder: tertium datur!
Bezugsquelle:
Weingut Holger Koch, Weißburgunder *** 2021 ist um EUR 21 erhältlich, die Chardonnay Reserve 2021 um EUR 37 und der Grauburgunder *** 2021 kostet EUR 21, alle beim Versandhandel Pinard de Picard, www.pinard-de-picard.de