Der Hybrid aus Schaumwein und Bier namens Boergée, den wir bereits hier vorstellten, hat einen erstaunlichen Familienzuwachs erhalten. Denn wie beim Sekt üblich, ließ Stephan Börger der Imperial-Flasche auch eine „demi“ folgen, die gut zum Bier mit der méthode traditionelle passt. Jetzt lässt sich das unkonventionelle Bier des Wieners auch leichter konsumieren – nämlich auch von allen, die mit Großflaschen fremdeln.
Der Duft nach Orangen-Abrieb, Gelbem Apfel, etwas Honig und vor allem Passionsfrucht, die mit etwas Standzeit zulegt, ist weiter da. Im Alkohol wurde diese Auflage noch leichter; nur 10% vol. stehen zu Buche. Allerdings täuscht auch dieser Wert, weil eben kein mächtiger Malzkörper, sondern „zisch-frisch“ vergorene Trauben hinter dieser analytischen Angabe stehen. Auch am Gaumen wird es tropenfruchtig, der deutlich weinige Touch bring Noten von Gelber Kiwi und wieder etwas Maracuja mit. Die Säure klingt vor allem hinten hinaus ordentlich an und bringt auch ein Laune machendes Finale mit.
Doch es ist nicht die einzige Neuheit, die Börger einschenkt. Denn mittlerweile gibt es auch eine dritte Flaschengröße – unwesentlich kleiner als die Halbflasche. Denn hier wird kein Bier-Schaumwein-Duett geliefert, sondern eine weitere Dimension der Getränkewelt eingebracht: das Destillat. Eine Übermenge aus seinen ersten Chargen wurde so verwertet und bringt nun einen Champagner-Bier-Brand zustande, der unkonventionell ist, aber vermutlich auch eine einmalige Auflage sein wird, vermutet Börger.
Was grundsätzlich schade ist, denn in der Tat hat man es hier mit einer Ehrenrettung der nicht immer gefälligen Bierbrände zu tun. In einer Blindprobe wäre man entweder bei einem Grappa gelandet oder bei einem Wildfruchtbrand, etwa von der Traubenkirsche. Denn sehr markant fällt der Duft nach Weichseln und Schlehe aus. Und das mit merklichem Stein-Ton! Die Nähe zum Tresterbrand wiederum ist nicht so verkehrt, schließlich sind ja auch burgenländische Trauben im Spiel bei der Versektung. Und der leichte Muskattrauben-Duft unterstreicht diese Seite des schlicht „Brand“ genannten neuen Boergée-Babys. Dazu kommen aber auch die Hefe-Töne, die wiederum auf den Bierbrand verweisen.
Durchaus komplex ist das drei Getränke-Kategorien verwebende Glas also in seiner olfaktorischen Anmutung. Der 42% kräftige Brand aus der Vienna Craft Distillery erinnert aber auch am Gaumen an verschiedene Destillate. Das weiche Mundgefühl spricht für die handwerklich saubere Machart; man meint auch, Birnen zu schmecken. Dazwischen gibt es wieder Anklänge an milde (!) Grappe, aber auch einen Touch Honig zu erahnen. Das Finale wiederum ist reich und würzig, mitunter denkt man an getrocknete Tomaten beim zarten Umami-Gruß zum Abschied. Definitiv eine eigenständige Sache – und somit eine zur prickelnden Innovation passende „limited edition“ in gebrannter Form!
Bezugsquelle:
Boergée, die Demi-Flasche kostet EUR 12 (0,375 Liter), der Brand ist um EUR 41 (0,35 Liter) zu haben, beide bei LA Beverage, www.la-beverage.at