Für viele stellt der Brut Rosé von Billecart-Salmon die Benchmark unter den Rosé-Champagnern dar. Doch genau ihn hat der neue Importeur des Hauses für Österreich, Heinz Velich, nicht mitgebracht. Denn es „gibt viele neue Dinge im Jahrgang 2006“, so der Winzer. Antoine Roland-Billecart (kl. Foto rechts) stellt diese Neuerungen selbst vor, er steht an der Seite Velichs im legendären Stiebitz-Keller, dem Weinlager drei Etagen unter dem Schwarzen Kameel. Der Champagner-Winzer, der mit seinem Bruder François die maison in sechster Generation führt, hat keine gute Ernte hinter sich, 2017 zeigte den „schlechtesten August ever, jeden Tag Regen“, berichtet er.
Doch zum Glück geht es um den deutlich besseren Jahrgang 2006 bei der Verkostung und hier wird erstmals „Cuvée Louis“ am Etikett des Blanc des Blancs stehen. Es ist eine der angesprochenen Neuerungen, die sich aber auch beim meistverkauften Champagner des Hauses zeigen. Die Menge des Brut Réserve wurde von 1,7 Millionen Flaschen reduziert, „dafür wollten wir die Qualität erhöhen”, so Antoine Roland-Billecart.
Tatsächlich weist schon der „einfache“ Schaumwein eine größere Präzision aus, als wir es in Erinnerung haben. Die reiferen gelben Früchte weichen einer säurig-würzigen Ader. Im Duft kommen weiße Blüten und Zitronencreme mit Gelbem Apfel zusammen, am Gaumen begleitet die feine Perlage Noten von Kurkuma, weiß-fleischigem Apfel und kühlem Pfirsich. Vor allem das fast verhauchende Finale ist neu – verkostet wird in unkonventionellen Burgunder-Gläsern von Zalto. Die großen Trinkgefäße sind aber recht unbestechlich, was sich auch bei den Jahrgangschampagnern zeigen wird.
Je höher die Säurewerte sind, desto besser ist es für den Champagner.
Antoine Roland-Billecart
Ihren Reigen eröffnete der „Vintage 2006“, ein Extra Brut mit 1,8 Gramm Restzucker. Der ohne Fülldosage (zero dosage) gefüllte Jahrgangschampagner riecht nach Klementinen, gebackenen Apfelspalten und Butter-Striezel. Die Buttrigkeit begegnet uns auch im Mundgefühl; schwer und reif legt sich der Fruchtschleier aus Äpfeln und roter Grapefruit auf den Gaumen. Die Butter-Bröseln bilden aber nur den Auftakt dieses mit 85%-Pinot Noir-Anteil fast als „Blanc de Noirs“ durchgehenden Schaumweins. Er wird nämlich immer kühler und präziser. Die elegante Perlage, die auffrischenden Zitrusnoten und der salzige Charakter im zweiten Teil sorgen für Trinkanimo.
Die Mineralität („Kalk ist neutral, aber leicht salin, daher der mineralische Eindruck“) verdankt sich den ansonsten mit Chardonnay bestockten Lagen von Vertus. 2,6 Hektar liefert ein Winzer hier an Billecart. Hier würde er gerne aufstocken, lässt der Champagner-Produzent durchblicken. Und das kann man verstehen. Schluck für Schluck bei diesem „Vintage 2006“.
Noch besser allerdings gefällt uns jene Cuvée, bei der man den Lagencharakter studieren kann. Denn zehn Prozent des Traubenmaterials für den 2006er „Blanc de Blancs“ stammen aus Cramant – „das bringt die Zitrusnoten (agrumes)“. Die Hälfte des Chardonnays wiederum sind aus Le Mesnil-sur-Oger und diese Herkunft steht für Mineralik. Sie wirkt fast aberwitzig intensiv am Gaumen.
Doch zuvor steht die Komplexität der „Cuvée Louis“ in der Nase. Wir notieren Mandarinenschale, Nougat, Kokos-Stangerl, Rum-Rosinen und Salzkaramell. Im Mund gesellt sich noch Ananas und Grapefruit (die erwähnten Zitrusfrüchte!) dazu. Reife Quitten im Mittelstück lassen den Champagner seine fruchtige Seite noch erweitern, das Finale gehört wieder der Mesnil-Mineralität. Trotz seiner Jugend stellt der „Blanc de Blancs“ den zugänglichsten Jahrgangschampagner der Probe dar. Das Spiel zwischen Frucht, Säure und vor allem Salzigkeit macht ihn zum komplexen Schaumwein, der auch preislich noch in einer anderen Liga spielt als die beiden auf den „Louis“ folgenden Familien-Mitglieder der Fondation-Linie von Billecart-Salmon.
Oberliga: Nicolas-François & Elisabeth Salmon 2006
Der nächste 2006er, der im Stiebitz-Keller geöffnet wird, ist nämlich die Cuvée „Nicolas-François”. Hier hat der Pinot Noir das Übergewicht (60% in der Assemblage, der Rest ist Chardonnay), wir bewegen uns wieder bei einem sehr trockenen Champagner. Den vier Gramm Restzucker steht aber eine reife Frucht gegenüber, die sich in der Nase als purer Ananas-Duft zeigt. Etwas Salzkaramell und auch Kokosette begleiten diesen intensiven Tropenfrucht-Touch. Der „Nicolas-François” wirkt am Gaumen ebenso jugendlich wie weinig, zu den reifen gelben Früchten – jetzt eher Quitte und Apfel – gesellen sich cremige Noten, die den Auftakt prägen. Im Trinkverlauf melden sich die mineralischen Cru-Lagen der Billecarts, dann wird es würziger, den Abgang etwa begleitet neben einem leichten Gerbstoff-Bitterl auch eine pfeffrige Ader.
Gab es von dieser Cuvée noch rund 97.000 Flaschen, beträgt die Menge des 2006er „Elisabeth Salmon Rosé“ weniger als die Hälfte. Der alte Rebenbestand aus Mailly und Marolle (Pinot Noir) bzw. Le Mesnil-sur-Oger und Avize (Chardonnay) kommt hier zu gleichen Teilen in die Flasche – und die bis zu 67 Jahre alten Stöcke bringen einen Rosé der Extraklasse hervor. Etwas süßer mit seinen sechs Gramm Restzucker, duftet der „Elisabeth Salmon“ nach Blutorangen, einem fast schon an Walderdbeeren erinnernden roten Beerenmix und etwas Karamell-Popcorn.
Der frische Auftakt wird von einer nicht anders als „juicy“ zu nennenden Art abgelöst, die wieder alles mitbringt: Säure, herbe Noten und den Frucht-Charakter einer saftigen Blutorange. „Wir wollen beim Rosé Farbe und Frucht und weniger Struktur“, kommentiert Monsieur Roland-Billecart diesen Wein, der eine gewaltige Zukunft vor sich hat.
Vielleicht serviert man ihn ja kommendes Jahr, wenn die maison de champagne ihr 200. Bestehen feiert. Wobei Antoine Roland-Billecart persönlich lieber ein wenig zuwartet. „Aktuell trinken wir gerade Jahrgang 2002“.
Bezugsquelle:
Champagne Billecart-Salmon, „Brut Réserve“ ist um EUR 40 erhältlich, der Extra Brut „Vintage 2006” um EUR 69, die „Cuvée Louis“ (Blanc de Blancs) kostet EUR 175, die „Cuvée Nicolas-François Billecart 2006″ EUR 170 und der Rosé „Elisabeth Salmon“ 2006 EUR 205, alle über das Weingut Velich, www.velich.at