Sagen wir es mal so: Wenn sich Gin-Macher aus Großschönau (wo war das noch einmal?) melden, springen wir nicht in die Luft. Nicht, weil wir etwas gegen das Waldviertel hätten (dort liegt das!). Aber neue Gins sind nicht unbedingt Mangelware. Und manchen Herstellern – oder Bestellern bei Destillerien, die im Auftrag fertigen – muss man dann den Verordnungstext der EU runterbeten. Der Wacholder als beherrschendes Aroma vorschreibt und nicht Kirschblüte oder Thymian. Jürgen Pricken versteht die Vorbehalte sogar, doch der Geschäftsführer bei Woif Gin antwortete listig: „Gin gibt es mittlerweile viel zu viel … aber nicht Bio Gin“.
Denn das wichtigste Produkt hat mittlerweile offiziell, dass es „bio“ ist, die beiden weiteren sollen folgen. Womit zumindest der „news value“ der Waldviertler geklärt wäre, die seit Ende 2021 in dieser Konstellation aktiv sind. Bliebe noch der Geschmack der Neuheiten, die allesamt Tiere in bunten Patchwork-Bildern am Etikett zeigen. Ergo begeben wir uns in den Super Pursuit-Mode des Trinkprotokollanten – und kosten uns durch!
Der Wolf, der dem Gesamtunternehmen den Namen gab, steht auch in der Gin-Nahrungskette ganz oben. Mit dem 44% vol. starken Woif beginnt die Reise. Harzige Düfte und zugleich eine süße Note, die entfernt mandelig wirkt, sorgen für ein widersprüchliches Bild. Maskulin wirkt das, da auch Kardamom und entfernt Leder zu riechen sind. Wäre da nicht diese Tonka-Bohnen-Note könnte man an ein Herrenparfüm denken. Doch auch am Gaumen bleibt es komplex, wenn sich auch die Vorzeichen ändern. Der Kostschluck, der entsprechend der 44 Umdrehungen ganz schön kräftig ausfällt, zeigt nämlich Kräuter und rote Blüten wie Hibiskus und Geranie. Auch Hagebutten könnte man nennen. Mit Tonic gemixt, wird da auch kein „crisper“ Gin daraus, der mit Zitrusnoten und knackiger Trockenheit glänzt. Muss er auch nicht! Der „Woif“ liefert einen erdigen und herben Longdrink, der an Lorbeer denken lässt und auch dezente Wald-Noten aufweist. Richtig gut als Aperitif!
Sollte man sich ein Tierchen aus dem Brenner-Zoo erkiesen, dann wäre es wohl der „Luxx“. Was insofern erstaunt, weil diese Version einen deutlich niedrigeren Alkohol von 40% vol. mitbringt. Das ist ein Wert, bei dem es für Gin schon eng wird, soll er auch – mit der zumindest doppelten Menge Tonic verdünnt – als Longdrink „performen“. Doch das schafft der Gin mit den Pinselohren am Etikett locker, doch wir wollen nicht vorgreifen. Zunächst ist da der Geruch von Blüten und Kräutern, der sich noch vor dem Wacholder in Stellung bringt. Lavendel vor allem, aber auch Himbeere, die aber Zeit braucht. Denn dazwischen rockt der Wacholder die Bühne der Gerüche. Das ist klar Gin, aber zugleich merkt man auch die komplexe Abstimmung.
Der Gin-Übergangsmantel namens „Luxx“
Viskos im Mund und mit einer auffrischenden Fruchtigkeit – Himbeere is back! – kommt dieser Gin daher. Was mit Kräutern und Orangenzeste begann, dreht sich gegen den Abgang zu in Richtung roter Früchte. Dass dieser Eindruck nicht falsch war, bestätigt sich mit einem kräftigen Schluck vom Fever Tree–Indian Tonic: Das hebt die fruchtigen Akzente nochmals deutlich hervor. Und am Ende schmeckt man im „G&T“ neben Orangen und Beeren auch klar etwas rotbackigen Apfel. Schön fruchtig, aber niemals süß oder parfümiert wirkt dieses Zusammenspiel. Man könnte es als eine Art Übergangsmantel des Gins betrachten: Denn jetzt macht derlei mehr Spaß als im Hochsommer, wenn es zitruslastiger werden darf im Ballonglas.
Die tierische Riege aus dem Waldviertel komplettiert ein Vogerl – der „Fink“ ist der Sloe Gin, den man schließlich heutzutage auch im Portfolio braucht. Die Likör-Varinate auf Gin-Basis kann dann eher süßer oder herber schmecken, je nach dem, wie man es mit den Aroma- und vor allem: Farb-gebenden Schlehen hält. In diesem Fall ist es ein ganzer Waldspaziergang, an den man sich erinnert, wenn die Flasche offen ist: Piniennadeln, reichlich Wacholder, aber eben auch rote Früchte, die neben Weichsel und Schlehe auch an Sanddorn erinnern. Reichlich herb also, dieses Duftbild!
Der Gaumen löst das nicht ganz ein, hier sorgt etwas Vanille für weiche und süßere Ersteindrücke vom 30% vol. starken „Fink“. Erst mit dem Trinkverlauf wird es wieder bitterer am Gaumen; vor allem kommt dann der schöne, „waldige“ Eindruck aus dem Geruch besser zur Geltung. Auch der Wacholder, nur eben harzig verbrämt, kann da klar geschmeckt werden.
Bezugsquelle:
Woif Gin, der originale „Woif“ kostet wie der sanftere „Luxx“ auch EUR 37,60 (0,5 Liter-Flasche), der Sloe Gin namens „Fink“ ist ebenfalls um diesen Preis erhältlich alle im Webshop der Brenner, www.woifgin.at