In Prepotto hatte schon Danilo Lupinc die Vorarbeit geleistet, auf die der wuschelköpfige Sohn Matej nunmehr aufbaut. Viel experimentiert kann ohnehin nicht werden, denn die sechs Weine des Hauses – darunter zwei Rote – machen gemeinsam gerade einmal 15.000 Flaschen jährlich aus. Das wäre sogar in Österreich eine Mini-Menge, doch in Italien fällt derlei nicht ins Gewicht. Doch Wein hat eben auch mit Qualität zu tun – und da kann Lupinc mit seiner Interpretation des Karst-Weins punkten. Er legt die Weine etwas frischer an als seine Kollegen, etwa Benjamin Zidarich, der ebenfalls mit seinen Weinen im Steiermärkischen steht, mitten zwischen den Topwinzern, die ihre Weine präsentieren.
Man kann den Stil vielleicht auch als „missing link“ zwischen den ebenfalls salzig-mineralischen Sauvignons und Morillons der besten Steirer-Lagen und den modischen maische-vergorenen „Orange Wines“ sehen, mit denen hierzulande experimentiert wird. Auch gönnt den Trauben neun Monate Hefekontakt, allerdings befinden wir uns hier quasi an der Quelle des Trends. Denn in Praprot, wie die Einwohner ihr Dorf im Karst nennen, machte man das schon lange so, schon bevor die Amerikaner mit dem Namen dafür kamen. Und, gemessen an den, was heute unter Hipstern getrunken wird: So „orange“ ist der Vitovska gar nicht, mit dem die Verkostung beginnt.
Der mit der Appellation „Carso DOC“ ausgestattete Weiße duftet nach Marille und zwar so intensiv, wie man das selten beim Riesling findet, am ehesten denkt man an den Bailoni-Likör. 20% des Weine liegt im Eichenfass, der Rest im Stahltank, die schmelzigere Note des Holzes spürt man allenfalls zu Beginn – dann wird der Vitovska des Jahrgangs 2015 immer engmaschiger. Was als satte Marillen-Note beginnt, gewinnt über eine süß-saure Zwischenphase ein immer strukturierteres Antlitz. Der Gerbstoff wird hier als Gewürz gesehen und er überlagerte die Frucht nicht. „So muss Orange“, möchte man vielen Erzeugern trüber Weine mit Apfelschalen-Bitterkeit zurufen. Denn im Finish gesellt sich auch die regionstypische Salzigkeit dazu, der Wein vom Kalk, kann mit dieser mineralisch-herben Kombination nicht anders als trinkfreudig bezeichnet werden. Entsprechend kehrten wir nach den anderen beiden Weißweinen auch wieder zum Vitovska 2015 zurück.
Dennoch seien auch die Eindrücke der beiden anderen Karst-Weißen nicht verschwiegen, auch die sind gut: Kühler noch als dieser gestaltete sich der Malvasija von Lupinc, hier kommen mehr Orangenzesten und markanterer Gerbstoff durch beim 2015er. Doch die Eleganz, das Überkomplette des Vitovska erreichte er für uns nicht. Als Kuriosität, wenn auch nicht bei seinem Austro-Importeur vorrätig gibt es auch noch einen Gemischten Satz namens „Stara Brajda“. Hier kommt noch Friulano und Glera (die Prosecco-Rebsorte) gemeinsam mit Vitovksa und Malvasija aus dem Weingarten. Wer seine Gäste überraschen will, sollte nach ihm Ausschau halten beim nächsten Abstecher nach Triest, er ist um rund zehn Euro ab Hof zu haben. Und nicht vergessen: Vitovska 2015 kaufen – und allen Orange Wine-Fans einschenken.
Bezugsquelle:
Matej Lupinc, „Vitovska DOC Carso“ 2015, ist um EUR 17,90 bei Wagners Weinshop erhältlich, www.wagners-weinshop.com