Tennis-Fans erinnern sich auch außerhalb des Balkans an Slobodan „Boba“ Živojinović, bisweilen Doppel-Partner von Boris Becker. In Serbien hingegen sorgt der heute 62-Jährige mit seiner Zweikarriere für Aufsehen. Die bestreitet er unter dem Motto „Weine aus aller Welt zu erschwinglichen Preisen“. Technisch wäre er also als négociant anzusprechen, wobei es Živojinović nicht bei einer Wein-Herkunft belässt. Er kuratiert, was ihm schmeckt, aus Kalifornien, Slowenien und Argentinien (wo bisweilen Tennis-Göttin a. D. Gabriella Sabatini mit am Tisch sitzt).
Einen wichtigen Partner, wobei es diesmal nicht ums Tennisspielen geht, hat er in Marjan Simčič gefunden. Dessen Weine aus Dobrovo haben auch hierzulande einen guten Ruf. Womit die Vorfreude auf das interessante Konzept, das Vertiz verfolgt, noch mehr geweckt ist! Wenngleich die Verfügbarkeit für den deutschsprachigen Raum noch nicht ganz perfekt gelöst wurde.
Der erste von Simčič gelieferte Wein für die Selektion ist jedenfalls ein klassischer Vertreter der Region Goriška Brda. Unverkennbar in seiner tropenfruchtigen Fülle kommt dieser Sauvignon Blanc 2022 an die Nase. Die Passionsfrucht signalisiert klar die gute Reife und den Stl des Winzers – grüne „pipi de chat“-Noten versagt sich dieser. Dabei ist die Frucht von kühler Ausprägung, auch kann Forsythie und Mädchenauge kann man aus den floralen Bei-Noten herausriechen. Doch im Grunde ist es die exotische Freude, die dieser Wein mitbringt, die den 2022er prägt. Auch im Mund sind es saftige Tropen-Eindrücke, die zur Maracuja auch Ananas hinzufügen.
Doch dabei belässt es der weiße Vertiz nicht; nach zwei Dritteln sind es die Würzetöne, die aufkommen. Man denkt an gerösteten Sesam, aber auch Eisenkraut. Engmaschig ist der Sauvignon Blanc, was ihn auch für die kommenden Jahre spannend macht. Irgendwie ist da das letzte Plateau nicht erklommen, hat man den Eindruck.
Apropos Eindruck: Den machte auch der zweite slowenische Vertreter im Glas. Mit 13,5% vol. ist der Pinot Grigio schon auf dem eher kräftigen Trip, doch die Kraft weiß er einzusetzen. Auch hier war Marjan Simčič am Werk. Er hat mit zartem Erhalt des Gerbstoffs dafür gesorgt, dass dem kühlen Eindruck von Mango und Sternfrucht auch der herbe Duft von Quittenkäse beisteht. Wir tippen auf einen längeren Hefekontakt bei diesem Wein. Als Ergebnis jedenfalls bietet die hierzulande oft als „Ferien-Wein“ unterschätzte Sorte Spannung auch beim Trinken. Denn guter (!) Pinot Grigio schmeckt nicht nur eiskalt und mit dem Meer im Rücken!
Viel Substanz und eine feine Säure – so stellt sich der Burgunder aus dem Jahr 2023 vor. Der tropische Geschmack hat aber auch einen Apfel, gelbschalig und saftig, als Partner. Etwas Vanille unterstreicht den cremigen Ausdruck dieses Simčič-Weißweines noch. Es war ein Zufall, dass beim Verkosten gerade die Pasta Carbonara fertig war. Denn das Saucen-Rezept mit Guanciale erwies sich als ideal zum Pinot Grigio. Molligkeit und die Frische der Säure hatten beide viel zu tun. Und lieferten ab!
In der Vertiz-Linie finden sich auch kräftige Weine aus Südamerika, wenn man so will das Kontrastprogramm zu den leichtfüßigen Slowenen. „Septima Obra“ etwa nennt sich ein Malbec des Jahrgangs 2022, der mit 14% vol. in Argentinien produziert wurde. Sein dunkles Kirsch-Rot nimmt farblich die Düfte von Amarena-Kirschen, Zedernholz und Assam-Tee vorweg. Ein intensiver erster Schluck bringt erneut Kirsche mit, allerdings auch Beeren-Mix mit dunkleren Eindrücken (Holler und Heidelbeere). Doch man hat keine „Wuchtbrumme“ im Glas. Die Säure und ein leichter Minze-Touch sorgen bei aller Kraft für einen beachtlichen Zug dieses 2022ers. Ein Allrounder, der Rotwein-Freunden einfach zu gefallen weiß. Gerne auch mit zwei, drei Grad weniger!
Ein wenig Geduld sollte man mit dem weiteren Malbec namens „Don Manuel“ haben. Dahinter steht Önologe Manuel González Bals vom Weingut Don Manuel Villafañe in Mendoza. Der 2023er Jahrgang ist unmerklich leichter (13,8% vol.), aber auch jugendlicher im Auftritt: Recht helles Kirschrot, Sesam-„Goldfischli“ und etwas röstige Haselnuss werden von Wogen von roter Frucht – Preiselbeere und Sauerkirsche – abgelöst. Mit einer weiteren Viertelstunde Zeit zum „Atmen“, erkennt man aber auch satt-dunkle Eindrücke wie Dörrzwetschken.
Die Paarung aus Viskosität und Saftigkeit legt im Mund mit recht eindrucksvoller Struktur vor. Geschmacklich sind rote und schwarze Beeren gleichermaßen präsent: Etwas eingetrocknete Himbeere und Brombeere in voller Reife werden von einem – noch! – präsenten Gerbstoff in eine Bitterschoko-Hülle eingetaucht, hat man das Gefühl. Da macht es auch Freude, dem Pfad des négociants mit Wimbledon-Erfahrung (Halbfinale 1986 gegen Ivan Lendl!) zu folgen.
Bezugsquellen:
Vertiz, Pinot Grigio 2023 (von Marjan Simčič) kostet rund EUR 21,80 im „Truffle Shop“, https://vinotekatruffleshop.rs
Vertiz, Sauvignon Blanc 2022 (ebenfalls von Marjan Simčič gekeltert) wird um EUR 18,50 im Drinx-Webshop angeboten; dort ist auch der „Vertiz Estate Malbec“ um EUR 14,90 erhältlich, www.drinx.si