Wenn es um den Lemberger geht, dann winkt der heimische Weinkenner gerne ab: „Das ist unser Blaufränkisch, nur aus Deutschland“. Was im Grunde auch stimmt, nur stellt sich der Rotwein dort nicht so exotisch dar, wie das gern behauptet wird. Schaut man nur auf die Zahlen, dann macht die Rebfläche mit über 1.900 Hektar praktisch genau jene des „Blaufränkischlands“ im Mittelburgenland aus. Speziell in Württemberg ist die Chance groß, dass beim „Viertele schlotzen“ der Lemberger im Glas ist. Denn mit 16% der Rebfläche gehört er zum schwäbischen Trauben-Establishment.
Rainer Schnaitmann wiederum zählt nicht zu den lange etablierten Winzern. Wohl aber zu den erfolgreichsten im Remstal bei Stuttgart. Eigentlich hatte er schon Architektur zu studieren begonnen, als er sich vor 25 Jahren entschied, doch noch Weinbau zu treiben wie sein Vater. Mittlerweile wurde aus den bescheidenen Anfängen ein respektables Weingut, das seinen Mittelpunkt in Fellbach hat. Am Fuss des „Schwäbischen Olymp“, wie man in der Region gern zum Kappelberg sagt. Dort finden sich in den „Wengertern“ naturgemäß auch Lemberger-Pflanzungen.
Sie werden klar unterschieden mit unterschiedlichen Marken-Namen, die den Gutswein in Rot („Simonroth“) von der trinkfreudigen Einstiegs-Version namens „Steinwiege“ unterscheiden. Optisch trägt der eine den Schraubverschluss, der andere ist verkorkt. Und der Ausbau belässt den 2019er „Steinwiege“ auch ausschließlich in gebrauchten Holzfässern. 15 Monate schleifen die Säure des Lembergers ab, der auch nicht fein filtriert wurde. Rubinrot kommt er ins Glas und liefert gleich einmal den charakteristischen Weichsel-Duft, der so auch aus dem Burgenland stammen könnte. Dunkle Würze von Eisenspänen, Graphit, Kardamom und Schwarzem Pfeffer begleitet die säurig-würzigen Sortendüfte.
Am Gaumen präsentiert sich der 2019er Gutswein mit einer Einleitung, die erneut Säure und Kräuter bestreiten. Zur Sauerkirsche gesellen sich auf der Frucht-Seite noch Preiselbeeren und Granatapfel. Die Frische ist da, gedämpft ein wenig vom Ausbau, dafür aber auch mit sehr feinem Gerbstoff als Begleiter. Die herben Noten zum Ausklang haben etwas Röstiges, im Rückaroma kommen dann dunkle Beeren (Holler und Brombeere) zur Geltung. Diesen Lemberger kann man in der Tat immer öffnen. Leicht kühlen schadet dabei auch nicht – weil ja bald auch Steak- und Outdoor-Saison sein wird!
Schnaitmanns „wertigerer“ Sortenvertreter hatte 18 Monate Zeit zum Reifen; er erhielt aber auch einen Mix aus neuen und gebrauchten 300-Liter-Fässern. Rund ein Zehntel der Ernte bekam die frische Eiche ab und das merkt man dieser Version der Württemberger Paradesorte auch an. Nicht nur optisch ist er dunkler, der „Simonroth 2019“ schickt zunächst eine Vorhut aus Vanille, Milchschokolade und Veilchen aus. Erst dann duftet er nach Sauerkirsche und Ribisln. Auch röstiger fällt das Duftbild im direkten Vergleich aus.
Im Mund legt dieser Lemberger ebenfalls vor: Weichsel pur, präsenter Säure-Akzent, Gerbstoff in ebenfalls noch jugendlicher Kraft. Aktuell ist das ein Rotwein für das große Glas und die Karaffe. Er ist ein „gastronomischer“ Wein, der rotes Fleisch und vor allem Wild-Ragouts begleiten kann. Aber an die Süffigkeit der „Steinwiege“ kommt er erst in zwei, drei Jahren heran. Schön, wenn auch mal die „kleinen“ Weine aufzeigen können!
Bezugsquelle:
Rainer Schnaitmann, Lemberger „Steinwiege“ 2019 kostet EUR 12,50, der „Simonroth“ 2019 ist um EUR 24 zu haben – beide beim Versand von Pinard de Picard, www.pinard-de-picard.de