Golser Winzer und ihre Familien-Namen! Wie oft haben die verschiedenen Nittnaus, Leitner oder Achs schon für Verwirrung gesorgt beim Wein-Dialog. Und auch Georg Schmelzer gibt es zwei Mal, einmal am Heideweg, einmal in der Neubaugasse (und dann wäre da noch Norbert Schmelzer als Winzer am Weinbergweg). Doch geht es um biodynamischen Weinbau nach Demeter-Richtlinien, dann ist man am Heideweg schon richtig. Mit Kinnbart und Schieber-Mütze sieht der „Demeter-Schmelzer“ auch aus wie einer, der Weine in Amphoren vergräbt und auch mehrere Orange Wines keltert. Doch verschrecken wir niemanden – und beginnen mit den Rotweinen Schmelzers.
Deren markantester, eine Cuvée aus Zweigelt (75%) und Cabernet Sauvignon (25%), einen geradezu klassischen Ausbau – drei Jahre im Fass – hinter sich hat. Der Name „Fürstliches Prädium“ spielt auf den früheren Besitzer, die Familie Esterházy, an, unterscheidet aber auch das „normale“ Prädium als weitere Seewinkler Lage von diesem Teil. Der Druck, den die 14,5% Alkohol schon im Duft entwickeln, ist bei diesem 2015er Jahrgang, beträchtlich. Intensive Rum-Topf-Noten werden von einem markanten Duft nach Schlehen (inklusive dem zart marzipanigen „Stein-Ton“ der herben Frucht) begleitet. Der Cabernet Sauvignon erinnert mit seinem vorwitzigen grünen Hütchen, das aus Paprika geschnitzt wurde, beinah schon an seinen Cousin, den Cabernet Franc. Den wir bekanntlich lieben.
Mit seinem säurigen Biss überrascht der Wein dann am Gaumen, der Gerbstoff des Espressos dominiert also nicht allein das Feld. Wären wir Master Sommeliers, würden wir jetzt das „fruit assessment“ erwarten, so wie wir es gelernt haben. Bitte! Wieder sind es herbe, rote Früchte, dieses Mal Cranberry und Weichseln, die sich in der Gaumenmitte behaglich einnisten. Dieser Wein hat in der Tat alles, vor allem aber auch noch ein großes Lagerpotential. Vier Jahre wegschliessen, raten wir beim „Fürstlichen Prädium 2015“.
Nein, meinen Weingarten schneid ich nicht!
Eine Art Übergang zu den experimentelleren, maischevergorenen Weißweinen, die wir – versprochen! – für den Schluss des Beitrags aufheben, stellt der „BergWerk“ dar. Es ist ein 100%-iger Cabernet Sauvignon, der aus einem „seit drei Jahren nicht geschnittenen Weingarten“ (© Georg Schmelzer) stammt. Wer da allerdings krampensauren Rotwein erwartet, wird überrascht, die Selektion der besten Trauben erfolgt bei der Lese, da ist der Winzer Traditionalist. Das beste Lesegut kommt dann in die archaische Amphore „Qvevre“ nach georgischem Vorbild und wird in der Erde vergraben. Genauer gesagt, ruhte der 2017er Rotwein 332 Tage im Boden der Riede Goldberg, ehe er auf die schwarze Steingut-Flasche kam. Sie trägt auf jedem der nu 897 Stück einen Hinweis, den einige Naturweine tragen sollten: Vorm Einschenken Flasche drei Mal umdrehen. So hat nicht der letzte Genießer das „Bummerl“, in seinem Glas mehr Trub als Wein zu haben.
Der „BergWerk“ duftet nach Schwarzem Pfeffer, Sauerkirschen und auch leicht nach gerösteten Maroni. Gibt man ihm Zeit, wird auch ein dunklerer Zug nach Brombeere spürbar in der Nase. Bemerkenswert an so einem intensiven Wein ist, dass er in der Sekunde „da“ ist, kaum, dass Schmelzer das Schmuckstück, in das er gefüllt wurde, öffnet. Kirsch-fruchtig und somit weit weg vom Klischée der Cassis-Paprikapulver-Sorte kommt der Cabernet Sauvignon auf den Gaumen; Säure begleitet ihn ebenso wie ein noch jugendlicher Gerbstoff, beides passt aber harmonisch zum fruchtigen Kern dieses Amphorenweins. Das beachtliche Trinkanimo hat Schmelzer mit der Abrundung der Aromen in einer zwei-monatigen Reifephase im alten Barrique-Fass erzielt. Das beinah neutrale Fass nimmt Spitzen der Jugendlichkeit zurück, „vor der neuen Ernte kommt er dann auf die Flasche“. Denn Schmelzer braucht dann das „G‘schirr“ für die Trauben des neuen Jahrgangs. Wir hingegen brauchen noch einen Schluck: Lang und mit dunkler Würze klingt dieser ungewöhnliche Wein aus.
Noch eigenwilliger wird es beim „Schlicht und ergreifend Orange II“, einer maische-vergorenen Cuvée aus Grünem Veltliner, Weißburgunder und Scheurebe. Kokos-Stangerl wie aus dem 1980er Zuckerlg’schäft mengen sich mit einem exotischen Frucht-Mix, der an getrocknete Mango oder Fruchtleder von der Quitte anklingt. Vollmundig setzt dann der Kostschluck der weißen Cuvée ein. Wieder sind tropische Früchte, vor allem Papaya und etwas weniger Mango, im Spiel. Das Faszinosum allerdings steuern die Currypulver-Noten bei; sie sind nur ein Teil der würzigen Komponenten (Langpfeffer wäre eine weitere) in diesem Wein. Wie viele Demeter-Weine meint man auch hier, die lebendige Art schmecken zu können. Vor allem im Finale kommt die Finesse durch, die dem „Orange“ quasi eine Dramaturgie von buttrig-intensiv nach kräutrig-elegant unterlegt.
Wie alle Weine aus Georg Schmelzers „Unplugged natural“-Serie ist auch hier ausschließlich mit Seihmost gearbeitet worden und ohne Schwefel – er profitiert also davon, dass er im Glas „atmen“ kann. Wobei das angesichts der Aromenfülle eine starke Selbstdisziplin voraussetzt. Gaumen-Tantra in Orange, schlicht und ergreifend.
Bezugsquelle:
Weingut Schmelzer, Cuvée „Schlicht und ergreifend Orange II“ kostet EUR 25, der Cabernet Sauvignon „BergWerk“ 2017 EUR 33, das „Fürstliche Prädium“ 2015 wiederum ist um EUR 25 zu haben, alle Preise ab Hof, www.schmelzer.at