Manche Personen trifft man nach Monaten oder gar Jahren wieder und die alten Gespräche gehen einfach weiter. Vertrautheit und Sympathie beflügeln dann die Gedanken und das gegenseitige Verständnis lädt sich wie eine Batterie auf, die bis zum nächsten Wiedersehen vorhält. Das gibt es natürlich auch mit Winzern und die Verbindung zu Devan Sancin gehört vom ersten „amico mio“-Ruf bis zum letzten Kostschluck von ihm dazu. Der Winzer aus Triest (re. im Bild) war dieser Tage in Wien, um bei der Selezione von Marina Rebora und Christian Bauer seine Weine vorzustellen. Und so klein das Sortiment auch sein mag; wie sein Vater Vitjan Sancin versteht es auch er, mit Experimenten den Weinhorizont im Karst des Vororts San Dorligo zu erweitern. Ein noch namenloser Wein – „ich warte auf Feedback von Leuten wie Dir“ – etwa steht ohne Etikett vor uns. Es ist ein komplett im Holz vergorener und ausgebauter Chardonnay. Ein grandioser Wein in der Nase, reduktiv wie die besten Burgunder mit leichtem Sesam und Diesel-„Stinkerl“. Diesen Wein gefüllt zu sehen, wird Freude machen!
Ein weiteres Beispiel für die Innovationsfreude, diesmal bereits gefüllt, stellt der „Brut White“ dar. Er wird als Schaumwein nach der Martinotti-Methode erzeugt und stammt aus der Traube des Prosecco-Gebiets, Glera. Die prickelnde Hochburg Italiens trägt ihren Namen ja nach einem Ort, der sich nicht in der Provinz Treviso befindet, sondern eben eine Rotte im istrischen Karst darstellte, ehe die Bezeichnung rund um Valdobbiadene Weltkarriere als „Sprudel“ machte. Die Sancins drehten den Spieß um und holten zuerst Glera für einen Stillwein zurück, um dann auch eine prickelnde Version folgen zu lassen. „Der Unterschied zum Prosecco ist aber die Erntemenge und auch die Reifezeit“, so Devan Sancin. Er will schließlich keinen „Prosecco light“ füllen, sondern eher das Gegenstück dazu – wobei auch die Nähe zum Meer hilft.
Aromatisch bringt der Schaumwein weiße Blüten, vor allem Holunder, etwas Pfirsich-Duft und eine fruchtig-animierende Art mit. Die leichte Süße paart sich am Gaumen mit Mega-Druck und Gelbem Apfel. Akazienblüten und Pink Grapefruit sorgen für leichten Schmelz, aber auch Frische. Reiner Sprudel, der nur zischig den Gaumen rein fegt, ist der „Brut White“ jedenfalls keiner. Beachtlich ist die leichte Salzigkeit am Schluß, die trotz der Ausreizung des Restzuckers für einen „Brut“ einen lebendigen Typus ergibt, der in keiner Weise den Vergleich mit Prosecco zu scheuen braucht.
„Die Grenzen existieren doch nur im Kopf“, schenkt Sancin dann einen Rotwein ein, der die reinsortigen Refoscos und Merlots aus seinem Weingut bündelt. Es ist sein „no border“-Wein, denn ein Teil der Trauben stammt aus Slowenien, gerade zwei Kilometer von der Haustüre entfernt. Dennoch muss das klar vermerkt werden und auch als Qualitätswein geht derlei in der EU nicht durch, historische Nähe zählt weniger als die Landesgrenzen im Staatenbund. Doch das kümmert bei diesem „Monte d’Oro“ des Jahrgangs 2018 niemanden.
Die Frische der Cuvée unterstützt eine nur sechs Monate währende Passage im Barrique-Fass. Der Wein aus zwei Ländern durftet nach dunklen Beeren; vor allem die Johannesbeere, die an den kleinen Anteil Cabernet Sauvignon als dritte Sorte im Blend erinnert, ist präsent. Die Kräuterwürze am Gaumen zitiert das mediterrane Portfolio, vor allem Rosmarin und Thymian in getrockneter Form. Final gesellt sich auch ein Lorbeer-Blatt dazu. Auf der Fruchtseite sind Dörrzwetschken, aber auch der leichte Weichsel-Ton (ein Erbteil des Refoscos) klar zu schmecken. Damit ist der „Monte d’Oro“ schon einmal ein guter Tipp zu Braten und Wildgerichten. Herbstlich fällt aber auch sein Nachklang aus, der an Steinpilze und Schwarze Oliven erinnert.
Der jugendliche Gerbstoff ist aber praktisch die Garantie für Trinkspaß in den kommenden Jahren. Einen genuss-freundlichen Preis hat dieser Triestiner Rotwein ohnehin. Bis bald wieder, mio amico Devan“!
Bezugsquelle:
Azienda Agricola Sancin, „Brut White“ kostet EUR 12,90 (0,75 Liter-Flasche), der „grenzenlosen“ Monte d‘Oro 2018 ist um EUR 15,90 zu haben, beide bei Edelgreissler Herwig Ertl, https://herwig-ertl.at