Der offizielle Champagner der Oscar-Verleihung kann es nicht nur in Hollywood glamourös. Piper-Heidsieck verwandelte auch das Kunsthistorische Museum in ein Stück Frankreich. Coupole et Coupette – mit weniger Schönklang im Deutschen: Kuppel und Schale – erwarteten die Gäste beim Champagner-Dinner im KHM. Diese marmorne Bühne bespielte Dominique Cima-Sander als charmante Schaumwein-Botschafterin, mit der wir ja schon einmal verkosteten. Während die Japaner im KHM dem „Klimt Walk“ folgten, beschritten wir mit der Französin (kl. Bild links) im Geiste die Kreidekeller von Reims. Aus der Champagner-Stadt war auch Céline Machado der Einladung ihres heimischen Importeurs Schlumberger gefolgt.
Für den Einstieg in die Abfüllungen der maison de Champagne hielt der seit über 20 Jahren amtierende Kellermeister Régis Camus eine Assemblage aus 55% Pinot Noir, 30 % Pinot Meunier (Schwarzriesling) und 15% Chardonnay bereit. Der „Brut“ hatte die Brioche-Noten ziemlich weit hinten versteckt, den Auftakt in der Nase bestreiten Grapefruit, die unter den Zitrusnoten herausragt, Gelber Apfel und Zitronenmelisse. Der Rotweincharakter äußert sich dann im Mund mit zart herben Aromen vom Roten Apfel, über ein cremig-röstiges Mittelstück (man denke an Mandel-Splitter) geht der Champagner in seine dritte Phase über. Dort kommen die Zitrusfrüchte wieder, allerdings saftiger als im Duft: Jetzt gehört einer „juicy“ Orange das Feld. Zu Kaviar auf Karfiolcreme ließ sich das gut an, doch auch als Solist gefällt der Start-Champagner außerordentlich.
Einen wunderbaren Schluck streut man zwischendurch ein, er ist aber den Gastrokunden des Hauses vorbehalten. Frischer noch als der „Brut“ wirkend, baut die „Cuvée Essentiel“ auf dem gleichen Blend auf. Er wirkt kühler und würziger, zu den Pomelo- und Ananas-Düften hat man auch Kurkuma zu bieten. Die leichte exotische Würze unterstreicht auch die Speiseempfehlung; zart süße Meeresfrüchte wie Garnelen passen ideal zu dem an Zitruszesten, Nektarine und (mit seinem herben Abgang) auch an Papiernuss und Bergamotte erinnernden Champagner. Sollte ihn der Wirt auf der Karte haben: Bestellen und hoffen, dass er auch Meeresfrüchte vorrätig hat!
Natürlich stellt das Centerpiece jedes Champagner-Tastings der Jahrgangswein dar, in diesem Falle aus dem intensiven Erntejahr 2006. Der „Vintage“ bringt als erster die volle Ladung Brioche mit, in die Nase steigen aber auch die Düfte von Annans, Birken-Sirup und etwas Vanille. „Er ist wie ein guter Weißwein, nur mit Perlage“, charakterisiert ihn Madame Cima-Sander – und das hat angesichts der 52% Chardonnay in der Assemblage (den Rest gibt der Pinot Noir dazu) etwas für sich.
Reif und frucht-satt kommen die Aromen von Gewürznelken, Mango und fleischiger Birne durch. Das mag nach Kompott-Süße klingen, das Gegenteil aber ist der Fall. Man darf sich den „Vintage 2006“ eher vorstellen wie die mit Kräutern eingekochten Marmeladen der Provence. Denn der gelbe Curry verleiht den fruchtigen Noten vor allem im Abgang ordentlich Würze. Dazu kommt ein salziger Zug, der diesem Champagner einen guten Zug verleiht.
„Rot bitteschön, nicht rosa!“ – der Rosé Sauvage
Der Rosé von Piper-Heidsieck hat einen ganz eigenen Charakter. Die Besonderheit liegt in diesem Fall in einem 25%-igen Anteil von Rotweinen aus dem südlichsten Weinberg der Champagne. Entsprechend bittet sich Dominique Cima-Sander auch die Betonung rosaROT aus, denn von Barbie-blassen Rosés ist man hier weit entfernt. „Rosé für die Frauen ist Unsinn“, schickt sie noch nach, denn immerhin zeigt das servierte Kalbsteak dazu, wie man ihn als Wein ernstnimmt. Die Idee, die Régis Camus zu seiner Kreation eines Rosés veranlasst hat, wird beim ersten Riechen deutlich: Der Kellermeister störte sich nämlich am ehedem auch international populären „Kir Royal“, bei dem seine schönsten Abfüllungen mit dem Johannesbeer-Likör „gesüßt“ wurden. Und so entwickelte er eine an die „Cremè de Cassis“ angelehnte, beerenfruchtige Champagner-Version. Der Waldbeer-Charakter im Duft ist unverkennbar, je mehr Luft der „Rosé Sauvage“ bekommt, desto klarer wirkt die Johannesbeere. Am Gaumen entwickeln sich auch herbere Töne, in dem von Pinot Noir (55%) dominierten Champagner. Zur Himbeer-Brombeer-Mischung gesellt sich dann auch eine leichte Bitterkeit, in ihrem Spiel zwischen den beiden Polen an Hibiskus-Tee erinnernd.
Dem ur-französischen Dessert Tarte Tatin wird der Champagner mit dem feinen Namen „Cuvée Sublime“ beigesellt. Es ist ein demi-sec aus dem ansonsten der trockenen Schaumweinschule verpflichteten Haus. 35 Gramm Restzucker kann jetzt aber (zu) viel Süße sein oder auch nicht. Der sublime Champagner ohne Jahrgang bringt jedenfalls intensiven Duft mit; Mango, Vanillezucker und Williamsbirne stehen zu Buche. Die an leicht braun gewordene Birnen erinnernde Note stellt sich dann auch am Gaumen ein, doch der rote Sorten-Anteil hat dem auch reife Himbeeren und eine schöne Dosis Ribisl-Marmelade beigesellt. Mit dem Dessert dazu – die Säure der Äpfel – wirkt die „Cuvée Sublime“ dann fast trocken. Sie legt an zitrischen Noten zu, sodass am Ende ein Gesamteindruck entsteht, der wie Linzer Torte schmeckt. Kulinarisch hat man den Champagner also perfekt „eingeösterreichert“ im KHM. Merci bien!
Bezugsquellen:
Champagne Piper-Heidsieck, „Cuvée Brut“ ist um EUR 35 bei Interspar erhältlich, www.interspar.at
Der Jahrgangschampagner „Vintage 2006“ ist um EUR 50, der „Rosé Sauvage“ zu EUR 40 und die „Cuveé Sublime“ (demi-sec) um EUR 42 bei zu haben, alle bei Killis Getränke, www.killis.at