Die raren Sonderabfüllungen der JRE-Spitzenköche sind gar nicht so leicht zu bekommen. Erst recht, seit die jungen Köche der europäischen Vereinigung zwangsweise ihre Restaurants schließen mussten. Doch die Weine, die in Kooperation mit heimischen Winzern entstanden, kommen zum Glück auch im Post-Paket an – das kann (aller Lieferinitiativen zum Trotz) ein Fünf-Gang-Menü leider nicht. Der erste Wein der JRE-Edition ist aber weg. Zumindest bei uns. Pflichtschuldig geben wir zu, dass der Ried Kirchthal von Bernhard Ott so schnell ausgetrunken war, dass wir nicht auf Analyse-Modus, die für Trinkprotokolle unerlässlichen, erhöhten Wahrnehmungsschwellen, umstellen konnten. Es ist ein herrlich mineralischer Veltliner, viel mehr können wir zum „Kiritoi“, wie man am Wagram zur Lage sagt, nicht beitragen. Mea culpa, mea maxima culpa.
Doch wir geloben Reue und haben uns den anderen beiden Weinen der Jeunes Restaurateurs ausführlich gewidmet. Denn der Ott–Veltliner ist nicht der einzige Weißwein der JRE; aus Wien kommt ein Gemischter Satz von Fritz Wieninger. Und der Stammersdorfer hat sich für eine Erste Lage vom Bisamberg entschieden. Der 2018er „Ried Falkenberg“ stammt von einem kargem Kalkboden und braucht eine Zeit im Glas. Dann kommt zu den Tropenfrüchten wie Passionsfrucht und (kühler) Mango auch noch ein schönes Honig-Tönchen. Ein irritierendes Element steuert ein wurzelbitteres Flirren bei, das in seiner Erdigkeit an Enzian erinnert.
Wir finden es auch am Gaumen wieder, wo sich dieses zartbittere Element als Gegenspieler zu den satten Fruchtnoten (Grüne Mango vor allem, Blutorange eher gegen das Finish hin) entpuppt. Eine dezente Safran-Blüten-Spur zieht sich ebenfalls durch diesen „Falkenberg“ – und wenn man sich an einem animierenden Bitterl nicht stößt, kann der Gemischte Satz seinen stoffigen Charme schon jetzt entfalten. Saftig ist der 2018er aus Wien, zulegen wird die Harmonie in den kommenden Monaten noch stetig.
Den „roten“ Beitrag der diesjährigen Edition der Spitzenköche liefert der Eisenberg mit der Paradeweinsorte Blaufränkisch. Wer die Aussichtsplattform Weinblick kennt, hat auch den Hummergraben im Blick. Winzer teilen ihn in oberen und unteren Hummergraben, doch in jedem Fall hat diese Riede ein eigenes Mikroklima, das auch der Version von Uwe Schiefer zu Gute kommt. Sein 2017er duftet wie eine Amarena-Kirsche, ein zart laktisches Element legt sich über den würzigen Tiefgang der Marke Assam-Tee. Das gefühlte Heidelbeer-Joghurt ist nur eine Facette des vielfältigen Dufts. Das wahre Asset dieses „Hummergraben“ aber ist sein seidiges Mundgefühl: Wie bei einem Bachkiesel wurden alle störenden Noten abgeschliffen.
Das verbleibende Element ist pure Kirsche in allen ihren Facetten; ein leichter Steinton erinnert an Marzipan, aber eben die nicht süße Variante. Säure wie eine süße Orange sorgt für natürlichen Trinkfluss, das nur hingetupfte Tee-Bitterl am Ende befördert den Blaufränker Schiefers ebenso schnell in den Schlund. Wenn man es nicht besser wüsste, könnte man an einen Pinot Noir denken, so soft zeigt sich die Struktur dieses Eisenbergers, dabei aber mit aller Würze, die das Gebiet so groß macht. Die einzige Bitte, die dem Wein mit der Hummerschere am Etikett gewährt sei: Gönnen wir ihm ein großes Glas. Hummer wollen schwimmen. Dieser „BF“ will strahlen. Weil er es kann!
Bezugsquelle:
JRE Edition, Fritz Wieningers Gemischter Satz „Falkenberg“ 2018 ist um EUR 23,40 zu haben, Uwe Schiefers Blaufränkisch „Hummergraben“ 2017 um EUR 36, beide im Weinhandelshaus Döllerer, https://weinhandelshaus.at