Trennung im Hause Gross – doch keine Angst, für Weinfreunde bedeutet das, dass die Brüder Hannes und Michael Gross ihre Agenden firmenrechtlich klar geteilt haben. Bereits bisher kümmerte sich Michael Gross ja hauptsächlich um die Lagen in der Štajerska Slovenija, dem slowenischen Weingebiet rund um Gorca, den Hauptort der seit 2005 dort erworbenen Weingärten. Die Neufokussierung der beiden Winzer hat aber einen Nebeneffekt: Sie öffnet den Blick, was sich abseits des bestens eingeführten Sauvignon blanc „Colles“ in den letzten Jahren hier entwickelt hat. So wird das Sortiment nun von einer weißen Cuvée – in Slowenien weitaus verbreiteter als hierzulande! – angeführt. Der „Haloze Blanc“ ist ein rauchiger Typus mit Noten von Salzzitrone und feiner Mineralik, dem man gerne mehr Luft gönnen darf. Auch wenn er „nur“ der Einstiegswein ist – hier merkt man die feine Weißwein-Klinge, die der gesamten Winzer-Familie eigen ist, schon.
Die Weine mit einer neuen Etiketten-Linie, die auch optisch einen Eindruck der Štajerska Slovenija gibt, schenkt Senior Alois Gross sichtlich mit Stolz ein. Vor allem die „Rieslinge“, also die grundverschiedenen Sorten Welschriesling (Laški Rizling) und Rheinriesling (Renski Rizling), begeisterten uns.
Nicht nur, dass der „Welsch“ aus dem Jahr gang 2017 einen schönen Apfel-Duft mitbringt, man kann sogar die Sorte der Birne bestimmen, die den Geruch neben dem Golden Delicious prägt: Es ist die „Gute Luise“. Dem Duft folgt ein ebenso klarer Birnen-Touch, der mit den Tanninen und dem Tiefgang einer zwei Tage währenden Maischestandzeit in Verbindung tritt. Saftig ohne Ende ist der erste Eindruck, dem aber eine Rauch-Note und eine Dosis „hard spice“ (Piment vor allem) folgt. Auch so kann der Zechwein Laški Rizling daher kommen. Eines hat die wertige Sorteninterpretation aber mit den leichteren Welschrieslingen gemeinsam: Er ist höchst appetitanregend!
Noch spannender in seinem Spiel mit Erwartungen und Konventionen zeigte sich der Rheinriesling 2017. Sortentypisch riecht der Renski Rizling nach Pfirsichspalten, duftig und animierend ergänzt von Dosen-Mandarinen. Das ergibt eine Art Schizophrenie, denn man erwartet einen deutschen Riesling-Stil mit etwas Restzucker. Doch dann gibt es eine Art Nase-Mund-Schere; denn am Gaumen kommt der 2017er kühl und mit einer Würze daher, auf die der Duft nicht vorbereitet hat. Kren und Kresse in einem Riesling? Michael Gross liefert das mit diesem Wein! Die Spannung dieses Weißweins, der eine 12-stündige Maische-Standzeit hinter sich hat, regt den Speichelfluss an. Vor allem bleibt dank des extrahierten Gerbstoffs auch das Finish lang und animiert zum Weitertrinken an.
Alle Chancen fur den Furmint!
Und dann wäre da noch der Furmint, der dem Weingut „Vino Gross“ am Herzen liegt. Als Riedencuvée aus Gorca duftet er nach Toffee, Haselnüssen, Birnen und einem gemischten Korb aus Gelben und Grünen Äpfeln. Das Mundgefühl ist von einer feinen Aromatik geprägt. Da flirrt eine Zitrone, dort kommt wieder der Apfel durch und am Ende auch Koriander und das alles vor einem leicht salzig-mineralischen Grundrauschen, das den 2016er „Gorca“ durchzieht. Michael Gross hat mit dem „Iglic“ aber auch einen Einzellagen-Furmint, der aus Hanglagen und alten Rebstöcken zum einen, aus jungen Reben (10 Jahre) und einem Hochplateau in Grica zum anderen stammt. Es ist ein „Mäuvoll Weu“, wie man in der Steiermark sagt, der reife Typus dieses 2016ers kommt im Duft durch: Papaya und etwas Rosenblätter, dazu ein schmelziger Waldhonig.
Der Antritt am Gaumen ist erwartungsgemäß intensiv. Hier kommen Steinfrüchte durch, weniger der Apfel, der sie Sorte oft prägt. Nektarine mit einem schönen Zug und Saftigkeit, dazu aber auch ein immer mehr auffrischender pfeffriger Zug, der am Ende fast das Zepter übernimmt bei diesem Furmint. Ähnlich wie die Trauben quasi aus zwei Welten stammen, bringt auch der „Iglic“ die entsprechende Spannung mit. Jedes Elternteil ist erkennbar, der Wein selbst ein perfekter Speisenbegleiter, etwa zu kräftigem weißen Fisch – aber auch Geflügel begleitet dieser Rieden-Furmint bestens. Vielleicht ist „Štajerska Slovenija“ schwer auszusprechen, beobachten sollte man die Weine hier in jedem Fall. Denn sie zeigen, wie auch ohne Extreme á la Schwefel-Verzicht und wildem Wachstum der Reben ebenfalls Weine abseits des Mainstreams entstehen können. Unterfordert wird der Weinkenner auch vom (lediglich rechtlich) neuen Gross-Teil definitiv nicht. Wir sagen jedenfalls „Hvala“ nach Gorca!
Bezugsquelle:
Vino Gross, Laški Rizling (Welsch) 2017 kostet EUR 14,90, der Renski Rizling ist um EUR 19,90 zu haben, der „Gorca“ (Furmint) um EUR 14,90, der Lagen-Furmint „Iglic“ kostet EUR 29,90, alle ab Hof bzw. im Web-Shop, www.gross.at