Das Wein-Abo ist eine Idee, der wir ein bisschen ratlos gegenüber stehen. Und es scheint überall zu sein; die Namen ändern sich, die motivierten jungen Menschen sind ähnlich: Sie packen Rares, Seltsames und Dinge, die „Ihnen bestimmt auch schmecken werden“ für ihre Facebook-Freunde zusammen. Aber: Was wird aus dem Versuch-und-Irrtum-Trinken, wenn man nach Themen, Gebieten, Rebsorten brav alles frei Haus bekommt? Selbst beim Weinkauf schaut uns ja immer wieder Martin Heidegger selig unter der Krempe seines Schwarzwald-Hutes über die Schulter und raunt (soll ja eine Trademark des verfemten Philosophen sein, das Geraune): „Sie gehen in die Irre: aber sie verirren sich nicht“. Denn auch die „Holzwege“, so meint er, bauen unseren Geschmack mit auf. Wir glauben das, denn: Wer alles klein geschnitten bekommt, wird ein Fratz, kein Genießer.
Andrerseits wird ein „kuratierter“ guter Geschmack noch immer einem unzureichenden eigenen vorzuziehen sein. Speziell in Gegenden, die man nicht gut kennt bzw. die uns ihre Erzeugnisse nicht aufdrängen. Zum Beispiel, weil es wenig Flaschen davon gibt und sie sich das internationale marketing auch nicht leisten wollen. Und weil sie halt auch Franzosen sind und per se ein wenig im eigenen Saft schmoren. So, genug Ressentiments verbreitet vor dem Jahreswechsel: Wir sind heute also in der Champagne und die Aufgabe, aus deren kleinen Wein-Häusern Pretiosen nach Österreich zu bringen, hat Bérénice Schwaiger übernommen. Mit „Aux bulles“, also den Bläschen des Edel-Schaumweins verschrieben, schnürt sie Abopakete zu jeweils zwei Flaschen, die man so kaum wo bekommt.
Da eine Flasche sowieso nie reicht, wenn Besuch da ist, nahmen wir das aktuelle Paket unter die Lupe und fanden gleich einmal einen Jahrgangschampagner (Millésime) 2011 darin vor. Der „Monmarthe Millésime 2011“ stammt aus 100% Chardonnay-Trauben und lässt angesichts des Jahrgangs staunen. Denn nur wenige Häuser brachten in diesem zuerst warmen und dann verregneten Jahr – ein von Winzern als „saisons inversées“ bezeichnete Jahreszeiten-Charakteristik – einen Millésime heraus. Zu früh erfolgte die Lese, der Reifegrad war vielfach schwierig.
Doch bei diesem Schaumwein passt die schlankere Art. Der Duft nach weißen Blüten (etwa Apfel und Kirsche), Birkenholz und Sandwich-Brot zeigt schon, dass hier kein tropenfruchtig-kräftiger Wein aus den Kellern von Ludes, wo Jean-Guy Monmarthe seine Champagner reifen, kommen wird. Es wurde aber ein weiniger Champagner mit Noten von Williamsbirne, eine lang anhaltenden und feinen Perlage und einer von der Säure befeuerten Saftigkeit. Im Mittelteil ergibt sich daraus ein an die ersten Mandarinen erinnerndes Spiel aus Frucht und Säure, das den Monmarthe zum feinen Speisenbegleiter macht – bei uns gab’s Linguine mit schwarzem Alba-Trüffel. Pas mal!
Zweiter im Aux Bulles-Abo war der Champagner aus dem unscheinbaren, rosa gestrichenen Firmensitz von Roger Manceaux in Rilly la Montagne. Die Initialen „RM“ decken sich dabei mit der gängigen Abkürzung für das französische récoltant manipulant, der Bezeichnung für nur eigene Trauben versektende Champagnerwinzer – ein gutes Omen! Für die für die Cuvée de Réserve griffen die Kinder des Firmen-Namensgebers, Agnès und Patrick Manceaux, ausschließlich auf Premier Cru-Lagen zurück. Die Assemblage des Winzer-Champagners besteht aus 45% Pinots Noir, 25% Pinot Meunier und 30% Chardonnay. Birne und Apfelblüte sind die ersten Eindrücke der Cuvée, mit mehr Luft dreht dieses beschwingt-fruchtige Duftbild in Richtung Weingarten-Pfirsich.
Einen Früchte-Mix aus säurigen und saftigen Komponenten bringt der Manceaux-Champagner auch am Gaumen mit. Ananas und eine satte Dosis Zitronenzeste wechseln sich ab. Letztere liefert ein leichtes Bitterl, das sich bis in den Abgang noch verstärkt, im Rückaroma aber auch eine Salzigkeit zum Vorschein kommen lässt. Am besten beschreibt man die Cuvée de Reserve damit, was sie nicht hat: Wer in seinem Schaumwein weder Hefenoten, noch Süße braucht, wird bei diesem druckvollen Vertreter nämlich bestens bedient. Santé!
Bezugsquelle:
Monmarthe, Blanc de Blancs 2011, und Roger Manceaux, „Cuvée de Réserve“ sind zusammen um EUR 79 bei Aux Bulles erhältlich, https://auxbulles.at/shop/