Wann immer man Welschriesling reicht, wird zugegriffen. Denn wer ihn heute noch serviert, versteht in der Regel etwas von der Sorte – und kultiviert dementsprechend auch meist ältere Lagen. Paul Rittsteuer, langjähriger Agrarlandesrat des Burgenlandes, hat sicher schon etliche sauer-frische Welschs in seinem Leben zu trinken bekommen. Vielleicht steht sein Einstiegswein auch deswegen ganz anders da: Ringlotte, Golden-Delicious-Apfel und ein Anflug von Nashi-Birne mit etwas kalkiger Note entsteigen dem Glas. Am Gaumen frischt der Welschriesling 2013 dann richtig auf, Reperaturwein könnte man das auch nennen. Oder aber: Aperitif vom Feinsten, denn den Speichelfluss regt der Neusiedler Welsch mächtig an: Süffig im besten Sinne des Wortes, blitzen darin Pink Grapefruit und wieder der Apfel, diesmal eher knackig und grün zu nennen, auf.
Der aktuelle „Am See weiß“, eine Burgunder-Cuvée aus Chardonnay und Weißburgunder, ist deutlich cremiger als in den Jahren davor. „2012 profitiert von der Reife des Weißburgunders“, erklärt Rittsteuer selbst diesen Verkosteindruck. Das geht beim reinsortig gefüllten Weißburgunder des Hauses etwas auf Kosten der Frische (der florale, traubig-kräutrige Duft findet sich im Kostschluck nicht wieder) – in der Cuvée strahlt der etwas mächtigere Pinot dann aber.
Unter den exotischen Früchten im Duft sticht am ehesten Mango heraus, auch ein Hauch Vanille-Creme ist zu erahnen. Am Gaumen setzt sich dann das erwähnte „cremig-weiche“ Element in Szene: weiße Schokolade, dazu Banane und etwas getrocknete Papaya. Ein idealer Speisebegleiter, wenn solide Gegenparts gesucht sind. Zum gebackenen Kabeljau mit Mayonnaise-Salat geht sich das bestens aus, zur Asia-Küche, vor allem wenn Thunfisch im Spiel sein sollte, sowieso. Dass die Mischung im Inland nicht von allen goutiert wird, im Export aber umso mehr, liegt an den Trinkgewohnheiten, wie der Politpensionist ruhig analysierte: „Je französisch geschulter der Gaumen, desto lieber mögen sie ihn“.
Fast ein Meursault aus Neusiedl
Sentimentaler Favorit ist bei mir von jeher der Chardonnay des Hauses; mit dem 2011er hat das Preis-Leistungswunder „Lehmgruber“ endgültig in die Topliga des fassgereiften Burgunders aufgeschlossen. Denn bislang war der Neusiedler „Chardo“ zwar wuchtig, in diesem Jahrgang kommt aber bereits in der Nase eine Finesse dazu. Sortentypisch und recht salzig, mit dem leichten Sesamtouch, aber auch fruchtigen Nuancen, die an reife Sauvignons erinnern, also: gelbe Kiwi und etwas Stachelbeere. Im Mund legt sich sofort ein Film von Butterkaramell auf die Zunge, die Frucht ist von reifer Banane und etwas Ananas dominiert, dazu kommen auch röstigere Noten, so daß der Wein mit seiner Art an Türkischen Honig erinnert. Beindruckend lang ist das Finish, bei dem 2011 ein salziger Akkord dazukommet, der den „Lehmgruber“ wie einen Sherry enden läßt. Auch hier: Französischer Stil (etwa an Meursault erinnernd), asiatische Speiseempfehlung, aber österreichischer Preis – dazu gibt’s hier noch eine englische Einschätzung: Strong buy!
Bezugsquelle:
Paul Rittsteuer, Welschriesling 2013 um 5 EUR, die Cuvée „Am See“ 2012 um 8 EUR und der Chardonnay „Lehmgruber“ 2011 um 9,90 EUR bei Weinhandel Wild erhältlich, www.weinhandel-wild.at