Eines der schönsten Duette von Mick Jagger gilt dem Sprichwort „Old habits die hard“. Und der Wein ist da leider keine Ausnahme. Dass Spaniens Weißweine „breit“, „fad“ oder „zum Vergessen“ seien, hört man leider immer noch oft. Die Unkenntnis liegt hier nicht mal nur bei den Weinen, sondern ignoriert auch das sehr unterschiedliche Wetter in den Regionen des großen Lands. Denn nicht alles ist sonnenverbrannt. Was sich seeehr langsam (nachzuhören bei Jagger und Dave Stewart) ändert. Vor allem zwei Regionen haben daran Anteil: Rías Baixas und Rueda.
Für einen solchen Wandel und die Ausdauer dafür brauchte es Revoluzzer wie Telmo Rodríguez, der aus dem Weingut „Bodegas Remelluri“ stammt. Seine Wein-Ausbildung genoss der Surf-Fan aber in Frankreich. Und das bei Adressen von Weltruf wie Château de Beaucastel oder Cos d’Estournel. Was er hier lernte, wollte er auch in Spanien fortsetzen. Allerdings hielt es ihn nur kurz am väterlichen Betrieb. Gemeinsam mit seinem ebenfalls baskischen Studienfreund Pablo Eguzkiza begann ein neuer Abschnitt. Rioja-Kenner werden das eigene Weingut kennen, das die beiden Studienfreunde mit radikaler Fokussierung auf Herkunft in den 1990er Jahren etablierten: Bodega Lanzaga. Das Modell, teilweise vernachlässigte Weingärten oder Regionen zur Blüte zu führen, prägte ab da die Aktionen von Rodríguez. So gelangte er 1996 auch nach Rueda, das lange eher für die Produktion von aufgespritete Weinen im Sherry-Stil bekannt war. Dabei eignet sich die Höhenlage mit ihren großen Tag-Nacht-Temperaturunterschieden bestens für Weißweine.
Womit ein Geheimnis der DO Rueda auch bereits genannt wurde. So ergab das im Grunde schwierige Jahr 2020 eine großartige Ernte. Denn so regnerisch es auch für spanische Verhältnisse war, ergaben Sonne und das schnelle Wachstum zwar höheren Alkohol, aber dennoch einen knackig-frischen Wein. Das beste Beispiel ist eben der „Basa“ von Telmo Rodríguez. Es ist der 20. Jahrgang dieses Weins und das Festtagsetikett „20. Aniversario“ lenkt die Aufmerksamkeit zusätzlich auf einen Wein, der wie für den Austro-Gaumen gemacht scheint. Irgendwo zwischen Welschriesling und gutem (!) Weissburgunder ließe sich dieser nahezu reinsortige Verdejo einreihen. Es ist mit 80% der Weißwein-Gärten die dominierende Sorte des Gebiets – und seit gut 1000 Jahren nachweisbar im Rueda. Ergänzt wird sie mit 10% der lokalen Sorte Viura.
Rodríguez, der heute in ganz Spanien als Winemaker umtriebig ist, nennt den „Basa“ 2020 einen „puren und originalen Rueda-Wein“. Die Nase sorgt bereits dafür, dass sich alle zurücklehnen können, die bei Weißweinen aus dem „heißen“ Spanien Angst vor (zu) wenig Frische haben. Keck und sommerlich wie ein Maracuja-Eis mit Mandelsplittern am Schwimmbad-Rand duftet es aus dem Glas. Garniert wird die südliche Nonchalance mit Grünem Apfel. Kreidig-kühle Noten sorgen dafür, dass man in einer Blindverkostung wohl nie auf Spanien tippen würde. Zarte Salz-Noten und Birnen-Spalten geben dem günstigen Wein bereits hier ordentliche Komplexität mit.
Die straff gespannte Säure sorgt bei 13,5% Alkohol für eine zupackende Art; dieser Wein „schnalzt“! Der Gerbstoff, der eines der Sorten-Kennzeichen ist, erinnert wieder an die zuvor erschnupperten Äpfel. Nun eben als Schalen-Ton. Final wird es dann noch kräuter-würzig, ja fast gemüsig. Einerseits ist da der Alpenkräuter-Einschlag von Arnika und Eibisch. Aber auch Fenchel beschließt den Reigen der Verdejo-Noten. Und machen zart bitter Lust auf den nächsten Schluck.
Bezugsquelle:
Compañía de Vinos Telmo Rodríguez, „Basa“ 2020 kostet EUR 8,95 in den Fililalen bzw. dem Webshop von Wein&Co., www.weinco.at