Es gibt Weine, die man aus Verlegenheit bestellt. Weil halt nichts da ist, was einen so richtig anlacht. Und dann hat man aber immer auch eine kleine Anzahl Abfüllungen gespeichert, die man einfach ordern MUSS. Weil sie verlässliche Größen sind, auf deren Auftauchen man sich so freut wie über das Wiedersehen mit alten Freunden. Über das erste Phänomen sprachen wir ausführlich mit Heinz Velich. Denn er teilt unseren Ärger über Weinkarten, auf denen man „nichts“ findet. Da bleibt der Winzer mitunter auch beim Kaffee, anstatt widerstrebend einen Wein zu ordern. Die Flasche, bei dem wir zusammensaßen, gehört aber zum Glück zur zweiten Kategorie. Sehen wir den „To“, dann bestellen wir ihn.Fix!
Diesmal ist es der Jahrgang 2016 der Cuvée aus Chardonnay, Welschriesling und Sauvignon Blanc, der eingeschenkt wird. Die Kapselpracker-artige Reduktionsnote gefällt zumindest unserer Nase ausnehmend gut. Dahinter kann sie sich ohnehin nicht zwischen getrockneter und eingelegter Mango entscheiden. Beides ist das und gibt einen Vorgeschmack auf die salzige Ader dieses Weins, der nach dem Neusiedler See (ungarisch: Fertő tó) benannt ist. Die Luft verändert den Wein weiter, dann kommt auch Vanillecreme durch im Duft und verrät den gekonnten Einsatz von Eichenfässern.
Saftig beginnt der Weißwein im Geschmack. Erneut ist viel Tropenfrucht da, den Kern bildet aber ein Birnen-Sorbet mit merklicher Kühle und viel Fruchtausdruck. Gewaltig merkbar ist aber die salzige Art dieses Weines. Kommt er sehr kühl ins Glas, wirkt das fast kristallin am Gaumen. Die abschließende Salzigkeit erinnert aber auch an den Salzgehalt des Neusiedler Sees („1,5%“, wie Heinz Velich expliziert). Was wir seit dem ersten Schluck „To“ sagen, zeigt sich auch bei diesem reiferen Vertreter: Er passt zu beinah jedem Essen. Und ist er nicht als Begleiter tätig, so macht er in jedem Fall den Gaumen wieder frisch!
Der Chardonnay gehört schon lange zum Weingut – „mein Vater hat ihn 1959 ausgepflanzt“ – und ist keine Modesorte. Schließlich prägt er auch die bekanntesten Velich-Weine „Tiglat“ und „Darscho“. Die zweite Rebsorte im Fokus des Apetloners ist aber bekanntlich der Welschriesling. Und er lieferte eine Trockenbeerenauslese, die mit zum Schönsten gehört, was man in dieser Disziplin genießen kann. Denn der Jahrgang 2005 hat zwei Elemente, die ihn über die banale Süße – von immerhin 300 Gramm Zucker – erheben: Die Reife hat erstens genug an Aromen aufgebaut, während die Säure zweitens noch eine entscheidende Rolle für den Geschmack spielt.
Tabakbraun im Glas, überrascht auch die anfängliche Karamell-Duftnote nicht. Doch, was sich aus ihr entwickelt, ist beachtlich. Die Kräuternoten eines Hustensafts weichen der Frucht von Marillen-Röster und gedörrtem Apfel. Hier stimmt das Wort von der in Flaschen konservierten Sonne. Als hätten sich die Wolken beiseitegeschoben, kommt die strahlende Steinobst-Frucht auf die Zunge. Sie tut das neben dem süß-sauren Spiel, das Spannung liefert, aber auch die Tiefgründigkeit von Safran bricht.
Diese Note eines reifen Süßweins mögen wir besonders, zumal sie mit dem trocknenden Gerbstoff im Finale die Frucht noch deutlicher erkennten lassen. Sie liefern ihr Podest. Und auch bei den Prädikatsweinen sind wir nunmehr nicht ratlos. Sollte dieser TBA-Jahrgang irgendwo auf der Weinkarte stehen. Denn im Handel findet man ihn leider, leider, nicht mehr.
Bezugsquelle:
Weingut Velich, „To“ 2016 ist ausverkauft, als reifste Variante im Handel führt Weinshop24 den Jahrgang 2020 des „To“ um EUR 16,90, www.weinshop24.at





