Wer als Kind Tonic trinkt, hat auch als erwachsener Champagner-Macher kein Problem mit Gerbstoff. Nicht, dass wir jetzt auch Erziehungshinweise bloggen würden, aber das Gespräch mit dem Chef der Maison Drappier in Urville im Süden der Champagne dreht sich schnell um den Stil des Hauses. Und der ist vom geprägt, wenn es um die drei Rebsorten der Champagne geht. Doch Michel Drappier hat es weiters nicht so mit der Süße; amer, also leicht bitter, ist ihm sein Schaumwein lieber.
Dass man in Österreich lange (zu) süßen Champagner wollte, saß man im 1808 gegründeten Haus aus. „Früher war das auch bei uns fast ein Fehler, da diente auch die Dosage oft dazu, die Bitterkeit zu überspielen“, erklärt er einen interessanten Nebeneffekt höheren Restzuckers. Jetzt sei sein Zugang gefragter, berichtet Monsieur Drappier, nachdem er uns auch die Anekdote vom frühkindlichen Tonic Water-Konsum erzählt hat.
Der Dosage-Likör von Drappier lagert lange Jahre im Holzfass – und wird auch dann sparsam eingesetzt. Das zeigt schon der preiswerte Einstieg in die Champagner des Hauses – der erfolgt über die Cuvée „Carte d’or“, die vom Pinot Noir dominiert wird. Ihr Duft bringt eine Menge gelber Früchte mit leichter Säure, neben Grapefruit vor allem Quitte, die auch Michel Drappier für die charakteristischste Duftnote hält. Ein Hauch Kreide gesellt sich noch dazu. Mit maximal sieben Gramm Dosage riecht hier nichts üppig oder tropenfruchtig.
Auch am Gaumen kommt der Champagner mit dem gelben Etikett trocken rüber, etwas Apfel und ein sehr mineralischer Zug finden sich mit der Säure in einer schönen Balance ein. Mehr als ein reiner Aperitif-Champagner macht diese Cuvée zu jeder Tageszeit Spaß.
Fortgeschrittener sollte man als Schaumwein-Trinker sein, wenn man sich an den 100%-igen Pinot Noir wagt. Der bewegt sich außerhalb der pink-süßen Barbie-Rosè-Liga. Schon im Duft kommen hier die Zitrusfrüchte, vor allem Pink Grapefruit, und eine floraler Zug (Kirschblüte vornehmlich) durch.
Das cremige Mundgefühl zu Beginn weicht bald einer ähnlichen Frucht-Kombination: Da sind Himbeeren und Orangen, saftig und säurig zugleich schmeckt der Rosé. Ehe sich allmählich der Drappier-Dreh, der besagte Haus-Stil, meldet. Mit zartem Gerbstoff-Bitterl klingt der Rosé aus – und doch will man gleich ein neues Glas davon. Wenn das bitter ist, sagen wie „bitte“. Oder besser: Garçon, Drappier, s’il vous plaît!
Bezugsquelle:
Champagne Drappier, Carte d’or ist um EUR 30,80, der Rosé um EUR 35,70 erhältlich, beide bei Vinorama, www.vinorama.at