Der Erdnuss-Butter entgeht man in Ami-Land nicht. Und so stand am Beginn der Kreativbrauer-Karriere von Martin Wohlkoenig auch ein Peanut Butter-Beer in San Diego. Liebe auf den ersten Blick, könnte man sagen. Denn mit diesem US-Schluck hatte der Wiener auch eine Erkenntnis zu sich genomment: Auch das kann Bier sein! Und so wurde der Keller der Oma irgendwann zur Homebase der Rezeptentwicklung. Das Wirtschaftswissen hatte er kraft seines Studiums eh, doch nun folgten zwei Jahre im Dienste des perfekten Suds.
Eigentlich hätte man ja letztes Jahr schon das erste Zaungast-Bier trinken können sollen, doch die Verzögerung schärfte auch das Profil. Zum einen setzte der Brauer auf eine neue Gebinde-Größe. Abgesehen davon, dass er sich auch für die Dose als entschied. Lichtgeschützt und gut zu verstauen ist dieses Mini-KEG, aber vor allem hat es keine 0,33 und keine 0,5 Liter, sondern 0,44. Die kleine Dose ist zu wenig, der halbe Liter bei Kreativbier oft zuviel, so die Überlegung.
Was durchaus nicht unrichtig ist, vor allem läßt sich diese Größe gut teilen. Vorläufig gibt es zwei Biersorten, doch auch da hat Wohlkoenig noch mehr im Köcher seines ausgeklügelten Bier-Projekts. Denn als Braukollektiv, wie es die Homepage nennt, versteht sich Zaungast. Was nach einem Hauch Marxismus klingt, bringt nur die Idee des Brussels Beer Project nach Österreich. Die Idee ist einfach: Die Fangemeinde darf sich wünschen, was gebraut wird! Per Abstimmung sollen so die kommenden Sude entstehen – aktuell darf man sich zwischen Amber Lager und einem hellen Zwickel entscheiden.
Bis hier die Auszählung geschafft ist, kommt das Mango India Pale Ale (IPA) ins Glas. Es basiert auf den Aromahopfen Simcoe und Amarillo, die sich dank Hopfen-Stopfung auf satte 55 Bittereinheiten (IBU) summieren. Auch den Alkohol hat der Brauer mit 7,3% recht hoch belassen – er ist aber keineswegs merklich oder gar störend. „Ich wollte ein IPA mit „Wumms“ kreieren“, so Wohlkoenig, der seine Bier in NÖ als eingemieteter Wanderbrauer fertigt. Das satte Orange im Glas bringt neben der Tropenfrucht – Maracuja vor allem – auch leichten Rosenduft mit. Das IPA im Westcoast-Stil sorgt für eine feine Bitterkeit vom Beginn weg. Der erste Schluck wird von den cremigen und aromatisch hellen Malznoten neutralisiert, doch die herben Noten kommen wieder durch. Arnika und etwas Heu sind zu schmecken, das Finale fällt dann richtiggehend bitter aus. Allerdings bereitet man sich auf diesen Moment langsam vor. Von der Hopfen-Keule, die in manchen Bieren dieser Machart gnadenlos am Ende zuschlägt, sind wir beim Zaunkönig-IPA entfernt.
Als Freund der reinen Gärkohlen-Säure hat Martin Wohlkoenig das Bier auch nicht aufkarbonisiert. Das erhöht den Nachdruck noch, weil keine Spritzigkeit den kräftigen Aromen den Nipf nimmt. Wobei das Stichwort für das zweite Standard-Bier der jungen Bier-Linie gegeben wäre – starke Aromen. Sagen wir es offen heraus: Persönlich macht uns ein „Honig-Lavendel“-Weizenbier ein wenig Angst. Denn die starken Blüten-Aromen waren noch nie so unser Fall. Rose, Veilchen und eben auch Lavendel stehen bei uns eher auf der Schublade mit kosmetischem Inhalt – Seife und Creme ja, Getränk eher wenig. Und Honig kann ja auch in verschiedener Intensität den Gaumen treffen. Zumal der Rohstoff aus Niederösterreich auch in drei Varianten eingesetzt wird, wie der Beipacktext zur 440er-Dose verrät.
Die Spannung steigt also. Doch das bernstein-farbene Bier aus der Dose zerstreut gleich einmal die obigen Bedenken. Vom Lavendel hat man sich scheinbar weniger der Blüten, denn der Stängel bedient. Der Duft bringt statt Blütenduft eher eine würzige und herbale Art mit, die auch an grünen Wacholder erinnert und nicht an Lavendelsträußerl im Gewandkasten.
Mehr noch: Der Duft bringt auch beide Aromageber neben dem Hopfen schön zum Vorschein. Mal duftet es intensiv nach Honigbrot, ja, fast schon Lebkuchen, dann ist wieder der Lavendel dominanter. Dieses Spiel setzt sich am Gaumen fort, am Ende steht es aber 1:0 für den Honig. Denn die feine Süße, die er in das mittelkräftige Zaungast-Bier (5,8% vol.) einbringt, zieht sich von Beginn weg durch. Weniger präsent im Antrunk war die Würze des Lavendels, doch sie kommt im Trinkverlauf. Da erinnert das Bier an braune Senfsaat, die florale Note ist da, aber sehr fein ziseliert.
Dafür denkt man immer wieder an gute (!) Honiglebkuchen, die dazwischen im Geschmack da sind. Nie aber werden sie klebrig oder süß, doch die feine Note bleibt bis ins Finale erhalten. Diese Rezeptur ist in der Tat einmal etwas Neues. Vor allem aber beweist Brauer Wohlkoenig hier sein Händchen für Balance. Wenn das Braukollektiv wieder wählt, hier schon mal unser Stimmzettel: Bitte mehr davon!
Bezugsquelle:
Zaungast, Mango IPA (6 Dosen à 440 ml) ist ebenso wie das Lavendel-Honig-Weizen um EUR 23,95 im Webshop erhältlich, https://zaungast.beer/