Ein wenig ist es ruhiger geworden um die alkoholfreien Alternativen zu Gin und Co. Wer in Corona-Zeiten trinkt, will offenbar lieber das „echte Zeug“. Das Bier hat dem neuen Spirituosen-Trend einige Jahrzehnte voraus, wenn es darum geht, ohne Promille zu chillen. Doch so ganz konnten auch alle alkoholfreien Weißbiere – mit Abstand die größte Gruppe im Reiche Zero – das Image nicht drehen. Zumal nicht jeder Weizenbier, auch das mit Alkohol, schätzt im Märzen-Land Österreich.
Und ein satisfaktions-fähiges Bier ohne Alkohol zu brauen, ist immer noch eine Challenge, wie die jungen Buben sagen. Damit am Ende unter 0,5 % Alkohol am Messgerät steht, kann man entweder nachträglich zum Entalkoholisieren schreiten. Das hat im Falle des osmotischen Membran-Verfahrens den schönen Namen Dialyse, wie Chemiker das Trennen von Stoffen nennen, und es ist auch eher ein lebenserhaltender Prozess, denn eine aromatische Neugeburt. Doch wenn wenig Alkohol entsteht, braucht man ihn erst gar nicht entfernen. Dies ist der zweite Weg zum promillefreien Brauerzeugnis.
Die Zeit für dieses Basiswissen sollte sich auch der Schnell-Trinker vor seinem Bier nehmen. Denn geht man die einschlägigen Bier-Bewertungsplattformen im Web durch, wird fast immer das „wässrige“ Element der Alk-Freien bemängelt. Nun, wie soll sich denn ein Körper auch aufbauen? Malz bedeutet in der Würze Zucker und damit Alkohol, den man ja nicht will (oder nach dem Brauen erst entfernt). Dass alkoholfreies Bier also per se schlanker wirkt, liegt in der Natur der Sache bzw. der Bio-Chemie. Doch neben Hefe, Wasser und Malz gibt es ja auch noch einen Player. Und der kann zumindest die Zunge ein wenig überlisten. Der Hopfen hat hier quasi neue Möglichkeiten bekommen, seit auch exotische Aromen dem Gaumen Fülle vortäuschen, wo sie aufgrund der Flüssigkeitsdichte gar nicht ist.
Ergo gehen immer mehr Kreativbrauereien weg von der alkoholfreien „Weissen“, die es eh schon zu Genüge gibt. Stattdessen entziehen sie den ohnehin mit „Craft Beer“ verbundenen Stilen wie Pale Ale und IPA die Promille. Loncium im fernen Süden hat das getan. Und in Kötschach-Mauthen wurde mit dem „FreePA“ auch gleich im Namen klar gemacht, was Sache ist. Ein alkoholfreies Pale Ale war also in der Welt – und die ebenfalls zu den Pionieren der heimischen Szene zählenden Wiener von Brew Age ließen nun ein India Pale Ale (IPA) ohne Alkohol folgen. Und sie verzichteten auch glatt auf ein verschämtes „Auch das ist Bier“-Etikett, sondern verpassten dem Label eine Art paradoxe Intervention. Denn von einer „Rampensau“ erwartet man vieles, aber kein Bier ohne Alk. Dass man derart zum Widerspruch reizt, ist ebenso klar, als dass dieser nur durch Kaufen und Trinken aufgelöst werden kann. Clever gemacht also!
Anderthalb Jahre, so heißt es bei Johannes „Honso“ Kugler und seinen Mitstreitern, hat man getüftelt, um das ideale Brau-Verfahren zu finden, dass mehr als 0,5 % Alkohol verhindert, aber doch genug Widerpart für die Hopfengabe lässt. Denn mit drei Sorten (Amarillo, Cascade und Ekuanot) und satten 45 Bittereinheiten (IBU) muss hier auch einiges ausbalanciert werden an Bitterstoffen.
Die hopfengrüne Macht lässt die „Rampensau“ ihrem Namen getreu gleich von Beginn weg spüren: Grapefruit-Schale, überhaupt viel herbe Zitrusfrucht, ist da, dazu kommt immer stärker auch ein leicht säuriger Zug, der an Maracuja erinnert. Und einmal mehr erinnert intensiver Hopfenduft an Hanf mit den erdig-herbem Unterton. Dass einem ein alkoholfreies Bier unter der Hand bzw. mit mehr Temperatur wegbricht, wie so oft, ist hier jedenfalls nicht zu fürchten.
Die Kohlensäure sorgt aber nicht allein für Druck am Gaumen; auch das Malz erwacht allmählich. Auch wenn es letztlich nur ein semmelblond hell ausgefallener Kern aus Getreide ist, bildet er das Mittelstück, aus dem dann eine zarte Cremigkeit (wie Rice Crispies, die sich ev. den Haferflocken in der Würze verdanken) erwächst. Fein, aber für die Zunge kaum zu ertasten, ist da auch ein leichter weiß-pfeffriger Ton. Doch ehe mal ins Grübeln kommt, schließt sich im Nachtrunk die Klammer zwischen der hopfigen Nase und dem betont bitteren Ausklang. Was einem die „Rampensau“ dabei zuruft, ist leicht verständlich: „Nicht nachsinnen, trinken“, lautet der schweinische Befehl.
Bezugsquelle:
Brew Age, Rampensau (= alkoholfreies IPA) kostet EUR 2,29 in der 0,33 Liter-Flasche, direkt im Shop der Brauerei, https://brewage.at