Im Piemont, ja in ganz Italien, hat der Name Marchesi Alfieri immer noch einen Klang wie Donnerhall. Doch das Weingut, auf halben Weg zwischen den Gourmet-Sehnsuchtsorten Alba und Asti gelegen, wird heute von der Familie von Max Trauttmansdorff-Weinsberg geführt. Es kam über seine Frau, eine San Martino di San Germano, in die Familie. Doch genug der Adelsgeschichten, was können die Weine des Gebiets, das als DOC-Region sogar „Terre Alfieri“ heißt?
Max Trauttmansdorff (der Mann am kleinen Foto rechts) hat eine Auswahl ins Wiener Italien-Genusszentrum Buongustaio mitgebracht. „Brot und Butter“ bringt unter den 150.000 Flaschen Jahresproduktion der „La Tota“ ein, reinsortiger Barbera d’Asti. Er macht mehr als die Hälfte am Weingut in San Martino Alfieri (wieder der Name der Markgrafen seligen Angedenkens!) aus. Der Name verdankt sich der letzten Besitzerin, die unverheiratet blieb und im piemontesischen Volksmund daher „das Fräulein“ (=la tota) hieß. Die Wein gewordene Hommage an die Marchesa duftet nach Veilchen, Wildkirsche und Lakritze.
Damenhaft zart sind auch die Aromen dieses 2015er Barbera, der in der Nähe von Alba auf sandigem Boden wuchs. Rote Johannisbeeren, ein Quäntchen Graphit, dazu etwas Lakritze, notieren wir. Seine insgesamt relativ kühle Art macht ihn zu einem perfekten Wein für alle Tage. Diesen 2015er Alfieri kann man sich gerne auch etwas kühler servieren lassen – was nicht für alle Jahrgänge gilt. Denn Önologe Mario Olivero streicht Jahrgangsunterschiede lieber heraus, als sie zu kaschieren. Man macht schließlich kein Coca Cola!
Und so kann das nächste Glas – es ist der 2013er „La Tota“ – wieder ganz anders unterschiedlich wirken. Das heißere Jahr lieferte nämlich einen Wein, der bereits im Duft anders, nämlich deutlich satter in seiner Frucht, wirkt: Hollerkoch, Maulbeere, Zwetschke und Brombeere lassen einen alle gedachten Kästchen der Marke „Reife, dunkle Frucht“ ankreuzen. Der saftige Wald-Fruchtmix, in Italien gerne als „frutti di bosco“ beschrieben, ist auch im Mund von Anfang an präsent. Mit deutlich weniger Gerbstoff als der jüngere Barbera, ruht der 2013er in seiner süßen Selbstsicherheit und lässt die kirschigen Muskeln spielen. Aber, wie gesagt, er spielt nur: Im Abgang werden die Räume wieder eng gemacht.
Barbera-Seligkeit in 3000 Flaschen: Alfiera 2015
Wer den Barbera in diesem Stil mag, sollte sich auch schnell um eine der 3.000 Flaschen (O-Ton Trauttmansdorff-Weinsberg: „Es gibt viel zu wenig“) des „Alfiera Superiore“ 2015 umsehen. Er ist als Piemonteser Paradoxon nämlich trotz seiner langen Fasslagerung schon zugänglicher als der „einfachere“ Barbera. Wie nicht anders zu erwarten, zeigt der jugendliche Wein intensive Röstaromen – Rum und Speckpflaume.
Das selektionierte Traubenmaterial (wir reden von der für Italien nachgerade lächerlichen Ausbeute von 1,5 Kilo pro Rebstock) hat die über ein Jahr währende Phase im Barrique sowie die natürlich obligate Flaschenreife-Phase gut genützt: Vanille, schwarze Nüsse, aber auch ein verhaltener Walderdbeer-Kirsch-Mix kitzeln die Nase.
Überraschend lässig steckt der „Superiore“ den hohen Alkohol – 15%! – weg; zu keiner Phase des Trinkverlaufs wirkt da etwas brandig. Dafür kommen satte Beerentöne (Holunder und Brombeere) durch, die einer stützende, jugendliche Säure begleitet. Sie verleiht dem nach allen Parametern mächtigen Wein einen schönen Trinkfluss.
Ein Aquarell aus Nebbiolo: Costa Quaglia 2014
„Nebbiolo hat in der Region unglaublichen Aufwind bekommen“, meint Trauttmansdorff-Weinsberg, während er das nächste Glas aus den Weinbergen der Marchesi Alfieri eingießt. Der „Costa Quaglia“ bringt nun das bislang „fehlende“ Jahr, das in Italien wie Österreich kühl ausgefalle 2014, ins Spiel. Hellfärbig ist dieser Nebbiolo und seine mit Pfeffer durchsetzte Duftnote erinnert an frisches Blut, das Kühl-metallische ist da, aber auch Kochschokolade und Kirsche. Sanft lässt sich dieser Rote im Mund an, erst allmählich kommen die Himbeeren und Johannisbeeren durch.
Der Aromabogen wirkt ätherisch wie ein aquarelliert-hingetupftes Pointilismus-Portrait des Nebbiolo. Zart fällt auch das Tannin aus bei diesem filigranen Wein. Doch unterschätz‘ mich mal nicht! So scheint das Glas zu rufen, in dem auch ordentlich Würze steckt. Entsprechend herb und röstig klingt der 2014er „Costa Quaglia“ aus. Espresso-Noten von der Fasslagerung kommen im Rückaroma durch, nachdem der Beerenmix schon zuvor immer würziger wurde.
„Für alle, die sanfte Rotwein-Töne lieben, sollte dieser Wein auf die Einkaufsliste“. Sagt der Herr Graf vom Trinkprotokoll am Ende zum Graf Trauttmansdorff-Weinsberg vom Weingut Marchesi Alfieri.
Bezugsquellen:
Marchesi Alfieri, „La Tota“ 2015 ist um EUR 17,90 erhältlich, der „Costa Quaglia“ 2014 kostet EUR 22,90 und vom Barbera d’Asti „Alfiera“ sind noch Restflaschen des Jahrgangs 2013 – zu je EUR 32,90 – erhältlich, alle im Buongustaio-Shop, www.buongustaio.at
Den Jahrgang 2013 des Barbera d’Asti „La Tota“ führt der Weinhandel Wagner um 15,90 die Flasche, www.wagners-weinshop.com