Wie passend! 21 Weingüter versammelten sich zur 21. Auflage der Mutter aller alpinen Genuss-Events. Kurz vor Saison-Ende bot das Hotel Central in Sölden nicht nur internationale Kochstars (z. B. Hans Neuner aus Porches/Portugal oder Andy Beynon vom „Behind“ in London) auf. „Wein am Berg“ feiert seit jeher die Kreszenzen der Renommierten Weingüter Burgenland (RWB). Mit ihren Weinen beginnt daher unsere Nachlese der empfehlenswerten Käufe für den Keller. Aber natürlich folgen auch Tipps aus dem Portfolio von Wieninger oder den famosen Elsässern Ruhlmann-Schutz in den kommenden Tagen. Denn auch diese Gastwinzer machten das Trinken am Gletscher zu einem echten Ereignis. Vor allem die „Big Bottle Party“ am Giggijoch, bei der reife Großflaschen – in der Regel Doppelmagnums – geöffnet wurden.
Was nicht nur ein generelles Plädoyer für etwas Geduld a.k.a. Flaschenreife darstellte, sondern auch Weine in den Fokus rückte, die man nicht jeden Tag trinkt. Damit beginnt unsere Nach-Lese von Wein am Berg auch. Denn der erstaunte Ausruf „Cabernet macht ihr auch?“ gab uns zu denken. Offenbar kennen auch Wein-Freaks die „Ried Kart“ der Winzerfamilie Reisner-Igler nicht. Dabei zeigte er als einer von zwei Weinen am gleichen RWB-Tisch in 2.283 Metern Seehöhe die Meisterschaft im Umgang mit dem einst problematischen (wird er ganz reif?) Cabernet. Clemens Reisner hatte vom Weingut Igler den „Kart“ Jahrgang 2015 mitgebracht.
Dieser Cabernet Sauvignon erinnerte an ein Parfait von der Schwarzen Johannisbeere – wie geeist wirkt die sortentypische Cassis-Note hier. Auch Heidelbeere war im dunkelfruchtigen Duft zu bemerken, dazu eine frische Minze-Spur. Sanft begann der Ried Kart am Gaumen; erst ab der Mitte des Trinkverlaufs kam die Würze stärker zur Geltung. Dunkle Beerenfrucht wie von einem Frühstücksaufstrich, dazu feine blättrige Würze (Lorbeer) und etwas Säure befanden sich ein einem geschmackvollen Gleichgewicht. Als Nachhall bündelte ein Quäntchen Schwarze Olive alle dieser Eindrücke noch einmal.
Nicht weniger bemerkenswert, wenn auch in diesem Fall als Plädoyer für Cabernet Franc zu lesen, war die Cuvée „1013“ von Kurt Feiler. Der 2007 geerntete Wein stellte den ältesten Roten aus der Großflasche dar. 64% Cabernet Franc verbindet er mit Merlot (25%) und Cabernet Sauvignon. Der Duft bereitet aber nur unzureichend das Vergnügen am Gaumen vor. Ein wenig Madeira-Noten, Cranberry und ein Geruch nach alten Lederkoffern waren hier zu notieren.
Glasklar kommt der Sortengeschmack des „CF“ im Mund durch, das großes Schlagwort lautet aber „Weichheit“. Mürbe ist der Gerbstoff, butterweich die cremige Beeren-Frucht. Dazu kommen reife Noten wie Zigarrentabak, etwas Nussblatt, aber auch Kakao. Das letzte Drittel des Geschmacks bestreitet eine herbe Weichsel-Note, so zart wie ein Aquarell.
Ein Wein, der für uns praktisch mit dem Festival am Berg verbunden ist, durfte nicht fehlen. Wir tranken ihn erstmals in Sölden mit Hermann Krutzler, der ihn damals auch als seinen Liebling bezeichnet hat. Der „Blaufränkisch Reserve“, den Reinhold Krutzler aus dem Jahr 2018 mitgebracht hatte, bestätigte, warum diese Südburgenländer ein Klasse für sich ist. Amarena-Kirsche, dunkles Kakaopulver und ein wenig Rauhleder bildeten den Duft-Mix. Spannend zeigte sich dieser Krutzler-Wein am Gaumen, wo das geschmeidige Mundgefühl gar nicht sofort an einen Blaufränkisch denken lässt. Denn auch die Säure ist auf ein Minimum zurückgefahren, der Gerbstoff ist intensiv, aber abgeschliffen – uns erinnerte an Johannisnüsse. Roggenbrotkruste akzentuierte die Würzigkeit der Eisen-haltigen Böden, für die Frucht sorgte herb-säurige Kornellkirsche. Der 2018er erwies sich bei diesem erneuten Zusammentreffen am Berg als in früher Topform befindlich.
Bezugsquellen:
Weingut Hans Igler, Cabernet Sauvignon „Ried Kart“ 2015 ist um EUR 31,08 bei der Burgenland Vinothek erhältlich, https://burgenland-vinothek.at
Feiler-Artinger, Cabernet-Merlot „1013“ 2007 kostet EUR 28,80 bei Walters Feine Weine, www.waltersfeineweine.at
Weingut Krutzler, Blaufränkisch Eisenberg DAC Reserve 2018 ist um EUR 22,- bei Hergets Magnum Vinothek, www.magnumweine.at
