Woran denkt man bei Casablanca? In der Regel an vieles (Marokko, Corniche, Bogart, Capitaine Renault,…), aber eher nicht an chilenischen Weißwein. Doch das Valle de Casablanca zählt zu den aufstrebenden Gegenden des südamerikanischen Weingiganten. Die weißen Hauptsorten – Chardonnay und Sauvignon Blanc – mögen den kühlen und küstennahen Landstrich einfach. Und seit die Flasche mit dem 2016er „Reserva“ von Ventisquero bei uns landete, schauen auch wir und das Tal genauer an.
Wobei die Bezeichnung „Reserva“ bei einem jungen Wein, der noch dazu kein Holzfass gesehen hat, ein wenig irritiert. Aber so ist es, das Weinrecht aus Santiago. Sorte (sehr wichtig!) und Gegend (ebenfalls wesentlich) müssen den Regeln entsprechen, für die weiteren Bezeichnungen sind die Weingüter relativ frei. So kann man auch „Seele der Anden“ und ein Bergsteigerbild auf die Flasche drucken, selbst wenn das Casablanca-Tal kaum über 400 Meter Seehöhe ansteigt. Im Gegensatz zu den klassischen Anbaugebieten wie Maipo oder Colchagua kam der Wein spät hierher. Doch der Weiße fühlt sich wohl, können wir schon mal die Verkostung vorwegnehmen.
Die begann beim chilenischen Sauvignon mit einer leichten Verwirrung. Wenn wir einmal aus dem Nähkästchen (besser: dem Verkostglas) plaudern dürfen: Oft stehen die Wein-Neuheiten vor den Freunden, ohne dass es irgendeine Info gibt. Der „Rätselwein“ zählt mittlerweile zu den Denksportaufgaben, die dem Sudoku und dem Schwedenrätsel eines voraus hat. Sie ist nicht trocken. Und so versuchten die Mitkoster auch dermal „den Wein zu umstellen“, wie das so schön heißt bei den Rätselfreunden. Doch auf Sauvignon Blanc kam keiner. Der vielschichtige Duft wies aber auch in einige Richtungen zu gleich. Die Nase als Wegweiser fiel also aus. Denn was macht man mit den Eindrücken Melone-Marille-Grapefruit-Vanille? Zumal sich dieses Potpourri auch noch ordentlich verändert. Es braucht lange, aber erst dann kommt aus den gelben und zitrusfruchtigen Noten auch endlich der Paprika und etwas Heidelbeere zum Vorschein.
Am Gaumen wäre der Ventisquero 2015 schon eher in Richtung der Sortentypizität gerückt. Da schält sich aus dem saftig-säurigen Kostschluck („Maracuja“ trifft es ganz gut) dann auch eine grasigere Note, die im Abgang sogar leichte mineralische Töne mitbringt. Vollmundig und recht süffig ist dieser Chilene, das musste auch die diesmal chancenlose Blind-Test-Runde zugeben. Dass der chilenische Gusto von unserem doch verschieden ist, zeigt dann die offizielle Beschreibung des Weins. Hier lobt man die „acidez vibrante“, also die lebendige Säure, des Sauvignons aus dem Casablanca-Tal. Da lächelt der gelernte Steirer. Denn wenn man diesem unkomplizierten Wein etwas vorhalten möchte, dann der etwas fehlende Druck im Finale. Gut gekühlt zu den gegrillten Scampi, deren Duft der Wind gerade in die Redaktionsstube weht, passt das aber allemal.
Bezugsquelle:
Ventisquero, Sauvignon Blanc 2016 ist um EUR 10,- bei Wein&Co. erhältlich, www.weinco.at