Befindlichkeiten der Verkoster sollten eigentlich außen vor bleiben. Dennoch hat mich Herbert Zillinger für seine Weine interessiert, weil er statt der Standardmails mancher Kollegen (grob zusammengefaßt lauten diese oft: „Neuen Wein hätt’ ma – wollen’s kosten und drüber schreiben?“) einen Song der „Rolling Stones“ für sein Entrée nutzte: „Pleased to meet you, hope you guessed my name…“. Wer die größte Rockband („Ja – ich kenne die Beatles; nein – ich bleibe dabei“) zitiert, hat schon meine Aufmerksamkeit. Aber ADHS-Kind, das ich bin, kann die auch schnell weg sein, wenn der Wein nicht entspricht. Doch da sei Zillinger vor, dessen Credo die Spannung noch erhöht: „Wer Durchschnittsware produziert, wird fast niemanden befremden“.
Mit einem Grünen Veltliner weiß man meist, woran man bei Weinviertler Winzern ist, also beginnen wir mit dem 2011er Weintalried, einer DAC Reserve. Wunderbar mineralisch und mit viel Steinobst im Duft (Marille), dazu einem Hauch Apfel, präsentiert er die Sorte in Topform. Und auch der Kostschluck zeigt einen komplexen Vertreter an: Saftig und gelbfruchtig wie eine fleischige Nektarine, mit dem oft vermissten weißen Pfeffer deutlich unterspickt, dazu ein herbes Finish und wieder diese frische Mineralik. Mustergültig, kann man nur sagen, doch dann kam der zweite Wein und das Bessere ist bekanntlich der Feind des Guten.
Vorbereitet war man gewissermaßen, da der Winzer als Traminer-Spezialist gilt, was das bedeutet, überraschte aber doch sehr. Denn die oft so seifige Rosennote der Sorte ist bis auf ein Minimum zurückgefahren, dafür machen Zitronenzeste, dunkler Honig und eine reife Note, die man am ehesten mit „Bratlfett“ umschreibt neugierig, wie sich der Zillinger am Gaumen schlägt. Und hier kommt erneut das an gebratene Stelze erinnernde, fett-röstige Element durch, allerdings als eine Facette neben der frischen gelben Apfelfrucht und der Würze von weißem Pfeffer und Sesam. Dass die Mineralik auch noch ein Wörtchen mitredet, gibt den letzten Schliff zu diesem wirklich ungewöhnlichen – noch einmal: Weinviertler – Traminer. Eine echte Empfehlung als Sommerwein, wenn man das Wort nicht als Synonym für Banalität versteht, sondern einen aromatischen, frischen und knackigen Schluck meint.
Bezugsquelle: Herbert Zillinger, Grüner Veltliner Reserve „Weintalried“ bzw. Traminer „In Haiden“ 2011, EUR 15 bzw. EUR 10,40 ab Hof, www.zillingerwein.at