Ja, es ist noch ein echter Wein-Garten – samt Einfriedung und Tor – der da gegenüber vom Spar-Markt wartet. Ein halbes Hektar umfasst der Rebenhain in Zell am Ziller, der seit dem Vorjahr den ersten Heurigen in Tirol mit Wein versorgt. Maria und Roland Pfister haben hier ein innovatives Projekt gestartet, dass nur jene belächeln, die noch nicht dort waren. Dass man sich auf Fleischwaren versteht im „Zillachtal“, merkt man spätestens beim Hirsch-Carpaccio, das der Schwager für die Buschenschank am Gielerhof liefert. Doch die Skepsis gilt ja wohl eher dem Wein.
Der hat erstens eine Tradition im Tal, die sich immer noch an Flurnamen ablesen lässt. Auf der Gunstseite rankten sich aber bis vor wenigen Jahrzehnten oft Reben an die Hof-Mauern, ein „Haustrunk“ ging sich allemal aus. Doch, was die studierte Agrarrechtlerin hier mit der Jungfernlese 2017 begonnen hat, ist kein Hobby. Penible Bodenanalysen („Gneis vom Tuxer Gletscher, Schiefer und Kalk von der Gerlosalpe“) und Inputs von einem deutschen Weinprofi ließen hier rasch die Entscheidung für zwei Sorten fallen: Zweigelt und Chardonnay. Zirka zu gleichen Teilen bevölkern sie den Weingarten, das Ergebnis sind aber drei Weine.
„Mitte September lesen wir einen Teil der roten Trauben für den Rosé“, so Maria Pfister (Bild rechts) bei der Trinkprotokoll-Verkostung. Der Chardonnay wird meist erst zu Oktober-Beginn geerntet. Der besagte Rosé zeigt einen leichten Rosenblütenduft, der entfernt an Traminer erinnert. Allerdings sind es hier frische Blütenblätter und nicht die mitunter seifig Art der weißen Sorte. Eine säurige Duftnote, die an Himbeer-Püree erinnert, stellt die Frucht-Seite des Buketts. Mehr Beeren-Charme bringt die überaus fruchtige, aber nie süße Mischung aus Ribisl und Himbeeren dann am Gaumen mit. Das alles wird von einem Widerrist aus Kräutern begleitet, der neben einem Touch Oregano auch mit Minze für einen frischen Ausklang sorgt.
Der Anfang ist gemacht, doch nun soll es die „Mutter“ des rosaroten Gielerhof-Weins, der Zweigelt, sein. Auch er stammt aus der 2019er Lese und hat eine wunderbare Nase der Alten Schule: Preiselbeeren, etwas Leder und Granatapfel stehen für die herbe Frucht-Nase, Brombeere für die Geschmeidigkeit. Und ja, auch der leichte Rosenblüten-Duft ist wieder da, eventuell eine Eigenheit des hierverwendeten Reb-Klons. Doch damit halten wir uns nicht auf, denn das samtig kühle Mundgefühl bedarf nun der Aufmerksamkeit: Der rotfruchtig und herb grundierte Touch ist auch hier vorhanden; samtig und kühl zugleich erinnert er an einen Zweigelt-Stil zwischen den Extremen Jugendlichkeit und opulenter Frucht. Die sortentypische Zwetschke findet sich dennoch: Im Finish bildet sie letzte Note.
Der beachtlichste Wein aus der Zillertaler Jung-Anlage allerdings war der Chardonnay 2019 (hausintern auch als „White“ geführt). Weiße und leicht süßlich duftende Blüten wie Flieder und Holunder leiten ein, dazu kommt auch Nashi-Birnen-Duft und ein tropischer Anflug (Passionsfrucht). Knackig und mit zarter Mineralik kommt der Burgunder auf den Gaumen. Der Druck, den er in der Sekunde entwickelt, bringt wieder Birnen-Würfel und etwas Gelben Apfel mit.
Stilistisch würde man den Chardonnay in seinem klaren Ausdruck und der frischen Art in einer Blind-Probe wohl ein paar Bergstöcke südlich – auf den Südtiroler Höhenweingärten – verorten. Die feine Würze im Abgang ist die Krönung dieses in jeder Hinsicht überraschenden Weins. Wenn alle Tiroler Weißen schmecken wie der 2019er Zillertaler, dann werden sie uns noch viel Freude bereiten. Vorsorglich haben wir schon einmal eine neue Bundesländer-Rubrik angelegt!
Bezugsquelle:
Zillertal Wein/Gielerhof, Chardonnay 2019 ist ebenso wie der Zweigelt 2019 und der Rosé 2019 um je EUR 14 ab Hof erhältlich, www.gielerhof.at