Weiter geht es mit den Eindrücken der Londoner Jahrespräsentation des australischen Weines. Und beim Kostglas-Träger-Rundgang zu den Weingütern Australiens lautet die erste Frage meist einmal: Wo liegt das genau? Im Falle von Martin Spedding befinden wir uns am südlichen Zipfel von Viktoria auf der Mornington Peninsula, die an drei Gestaden vom antarktischen Ozean umspült wird.
Der Weingutsname – Ten minutes by tractor – ist also nicht von Österreich aus zu berechnen. Der kleine Traktor am Label und die Passion des Eigentümers haben die Weine, zumeist Chardonnay und Pinot Noir, bekannt gemacht. In diesem Jahr widmete sich auch eine eigene Masterclass der Halbinsel – und die Weine von „TMbT“ hatten einen prominenten Platz dabei.
Die qualitativen Abstufungen des Leseguts ermöglichen es auch, seinen eigenen Lieblingswein zu finden. Beim Pinot waren es vier Versionen, die am Start waren, beim Chardonnay immerhin drei. Das Basis-Level „10X“ gibt es in Weiß und Rot, es hinterließ aber eher wenig Eindrücke bei uns. Die weiße Hauptsorte kam dazu noch in den Abfüllungen namens „Wallis“ und „Estate“ aus dem Jahrgang 2017 ins Glas. Der etwas teurere „Wallis“ gelangt leider kaum nach Europa (der Hauptabnehmer England hat sich nun ja offiziell verbrexitet); er ist der schmelzigere, ja, eigentlich ein Butterkeks mit Tropensonne, die zwischen den Keks-Zacken scheint. Ananas und Maracuja ergänzen den kräftigen Karamell-Duft, der mit Salz und Sesam einträchtig daherkommt.
Die röstige Sesam-Note hat dieser Chardonnay mit dem „Estate“ 2017 gemeinsam, auch der Alkohol (12,5%) ist gleich. Doch statt der Tropenfrucht gibt es hier Quitten für die Nase. Und vor allem gibt es mit Paul Liversedge einen Mann, der diesen untypischen Chardonnay in die Alpen holt. Der Weißwein aus Mornington wirkt skelettiert auf die strukturellen Bestandteile der Burgundersorte: Säure, Salzigkeit und Frucht (aber ohne Süßlichkeit oder Exotik) stehen zu Buche. Das erzeugt genug Spannung, wenn man’s kann.
Am ehesten erinnert dieser Chardonnay an Senf-Früchte. Diese herbe Note kommt von seiner Art, nicht aus einem Gerbstoff-Rest. Kräuter-lastig, vor allem gegen den Abgang hin, ist vor allem die anregende Art des „Estate“ beachtlich. Wie von einer mit Zitrone gefüllten grünen Olive will man mehr davon. Dass dieser TMbT-Wein einen exzellenten Fisch-Begleiter abgibt, liegt nahe. Vor allem mit einer schönen Beurre Blanc. Dann sieht auch dieser Australier die Butter-Seite des Chardonnay.
Bezugsquelle:
Ten minutes by tractor, „Estate“ Mornington Peninsula Chardonnay 2017 kostet ca. EUR 37,20 beim Schweizer Importeur „Real Wines“, https://realwines.ch