Erst vor knapp 12 Jahren brachte Kavalan seinen ersten Single Malt auf den Markt – und setzte damit gleichzeitig die Insel Formosa auf die Whisky-Landkarte. Von Eigentümer Yu-Ting Lee hat man vielleicht aber schon davor etwas getrunken, denn der Taiwanese ist mit seinen Dosen auf vielen Flughäfen zu finden. Zum lustig betitelten „King Car“-Imperium gehört nämlich auch die Kaffee-Marke „Mr. Brown“. Mit Whisky kennt er sich insofern aus, als er mit Jim Swan einen schottischen Destillateur von Rang zu seiner Brennerei gelotst hat. Marketing und ein butes Händchen bei der Fass-Auswahl tun ein Übriges dazu, dass die Brennerei schnell aus dem reinen „Exoten-Eck“ entfliehen konnte.
Zum Zehn-Jahr-Jubiläum der Destillerie gab es etwa eine Limited edition, für die der Whisky in Rotwein-Fässern aus dem Château Margaux reifte. Da raschelt es im Blätterwald. Doch auch die Basis-Qualitäten von Master Blender Ian Chang sind keineswegs zu verachten. Sie kamen bei einer der mittlerweile fast täglichen Online-Verkostungen ins Glas und erklärte zugleich einiges über die Whisky-Reifung im ungewöhnlichen Klima Taiwans.
Denn die beiden Destillate der „core range“ sind recht jung. Wobei man nicht mit dem veralteten schottischen Maßstab an Kavalan herangehen sollte. Denn der hohe Angels‘ share – die Verdunstung aus den Fässern – sorgt hier für eine tropische Reifung, die mehr mit Rum, denn mit Whisky zu tun hat. Bereits nach wenigen Jahren sind die Fässer im Palmen-gesäumten Lager nur noch zur Hälfte gefüllt. Das ist in diesem Fall eine wichtige technische Info, denn in der Destillerie benutzt man auch eigene Fässer erneut. Schließlich „drehen“ sie sich bei 10% (!) und mehr Angels‘ share schnell.
Dem ersten verkosteten Whisky aus der „Concertmaster“-Reihe liegt eine solche Basis-Reifung zu Grunde, ehe sich sechs Monate ehemaligen Oloroso-Sherryfass anschloß. Das genaue Alter liegt vermutlich zwischen fünf und sechs Jahren, doch der „Concertmaster Sherry Cask Finish“ ist fein und vielschichtig wie ein junger Speyside-Malt (wenn man unbedingt Vergleiche braucht). Schöne Sherry-Süße (das war unverkennbar ein Oloroso-Fass!) schmeichelt der Nase, die ganz zu Beginn Kirsche in fruchtigster Ausprägung anzeigt. Auch etwas Rum-Rosine – die aus dem Malaga-Eis – ist da zu riechen. Und feine Salzigkeit von Erdnuss-Flips notieren wir ebenfalls.
Am Gaumen wird es schlanker, aber ebenfalls sehr nachdrücklich. Blumige Noten wie Veilchen sind auf einmal da, etwas Haselnuss-Crunch und herbe Zitrusfrucht – mehr Bergamotte als Orange. Unreife Mango kann man eventuell noch schmecken. Das Holz ist zwar merklich, aber deutlich weniger als der fruchtig-nussige Mix. Will man diesen Taiwan-Whisky als Einsteiger sehen, dann ist da trotz „nur“ 40% vol. einiges an Geschmacksnoten da. Um es konkret zu sagen: In dem Fall sehen einige „Orangenblüte & Toffee“-Schotten deutlich eindimensional dagegen aus.
Dunkler in der Aromatik ist dann der zweite „Concertmaster“. Er reifte auch in einem Portwein-Fass nach. Nussige Noten und etwas Eichenholz sind bei diesem Kavalan-Whisky unmittelbar da in der Nase. Kokosraspel merkt man dabei aber deutlich mehr als Vanille, dazu kommen schöne Schokolade-Noten. Es ist nicht wirklich Bitterschoko, aber auch keine belanglose Milchschokolade, eher vielleicht so etwas wie ein Muffin mit leichter Röstnote. Und auch ein leicht chemischer Zug (möglicher Weise ein Hauch von Terpentin-Duft?!) ist nicht aus dem Glas zu schütteln.
Der Kostschluck des leichten (ebenfalls 40% vol.) Whiskys aus Taiwan ist zu Beginn extrem mild. Orangen und viel Malz leiten am Gaumen ein; der schokoladige Zug baut sich auch im Trinkverlauf stärker auf. Parallel dazu wird aber auch das Eichenholz des „Concertmaster Port Cask Finish“ immer präsenter im Geschmack: Im Finish überwiegt es mit trockenen, gerbstoffigen Noten die Frucht sogar. Das ist allerdings eine Trockenheit, die man nutzen kann – für einen „Manhattan“ zum Beispiel. Fruchtig und süß ist eh der Wermut im Drink!
Bezugsquelle:
Kavalan, Concertmaster Port Cask Finish kostet EUR 51,90, der Concertmaster Sherry Cask Finish ist ebenfalls um EUR 51,90 zu haben, beide bei Weisshaus, www.weisshaus.at