Die weiße Cuvée ist eine eigene Spezies im heimischen Weinbau. Kaum ein Winzer nimmt sich ihrer ernsthaft an. Warum dem so ist, bleibt ein wenig schleierhaft. Entweder ist ein später Phantomschmerz der Liebe zur Reinsortigkeit der Grund – dem widersprächen die vielen roten Topcuvées – oder einfach die Angst vor einem „Bauchladen“ an Abfüllungen. Aber übers Knie brechen muss man sie ja auch nicht: Wenn der Veltliner wo gut gedeiht, warum sollte man ihn mit einer Aromasorte aufhübschen oder mit einer weniger markanten Traube das Profil verwässern?
Es geht aber auch anders. Und in diesem Fall kommen einige Gunstfaktoren für eine weiße Cuvée zusammen. Zum einen befinden wir uns in einer bekannten Rotwein-Gegend (auch wenn mehr als genug weiße Trauben kultiviert werden), nämlich Carnuntum. Zum anderen sieht das neue DAC-Reglement Ortsweine vor. Eine Kombination der Weißen aus einem Ort macht also durchaus Sinn, um die verfügbare Menge besser zu steuern. Und drittens entstand durch den adäquaten Ausbau ein überraschend wertiger Wein, der mehr darstellt als die Summe seiner Teile.
Konkret haben wir den „Göttlesbrunn Weiss“ im Glas, den Karoline und Franz Taferner aus den Sorten Chardonnay, Weißburgunder und Grüner Veltliner zusammengestellt haben. Die Vinifikation wird auf der Flasche klar dargestellt – das ist eine Neuerung, seit die Tochter bei Tafis Weingut fix eingestiegen ist. Es ist wohltuend für Weinfreaks derlei im Detail lesen zu können (nicht zuletzt 2021 mangels öffentlicher Verkostungen): „Handgelesen, 24 Stunden Maischestandzeit auf der Schalenhaut. Spontan vergoren, minimal geschwefelt, 12 Monate Lagerung auf der Vollhefe im großen Holzfass und Stahltank“. Dass hier auch einige der bekanntesten Lagen des Ortes im Spiel sind (der Chardonnay kommt aus den Ried Rosenberg und Haidacker, der Weißburgunder von der Ried Altenberg), trägt zum Spannungsaufbau zusätzlich bei.
Und ohne zu „spoilern“, lässt sich sagen, dass dieser 2019 dem auch durchaus gerecht wird. Der Duft von Butterkeks lässt manchen gar an intensiveren Fass-Ausbau (Barrique?!) denken bei diesem Wein. Die Frucht des Ortsweins ist jedenfalls in Gelb getaucht und erinnert an Melonen und Banane; für Würze sorgt ein kleiner Anteil von Gelber Curry-Paste im Duft.
Eine extreme Cremigkeit am Gaumen unterstreicht die Richtigkeit dieses Ausbaus der Taferners. Wieder sind da gelbe Früchte im saftigen Mundgefühl. Ganz fein und sehr weit hinten am Gaumen meldet sich auch ein sehr feiner Gerbstoff. Die Trinkfreude ist diesem Wein quasi eingeschrieben. Das leichte „Nusserl“ des Weißburgunders wird ganz spät merkbar, davor rollt der Veltliner den Teppich für Orangen und Gelben Apfel aus. Etwas exotischer wird das fruchtige Gaumenballett durch den Chardonnay. Wir saßen beim Wirten mit dem „Göttlesbrunn Weiss“ und vielleicht fiel dort in der Blindprobe das wichtigste Lob für diese weiße Cuvée: Auf den können sich viele einigen. Was vielleicht auch wieder einigen Winzern Mut macht. So ernst wie „Tafi und Tochter“ muss man diese Assemblagen halt nehmen – Restlverwertung schmeckt halt immer nach „Leipziger Allerlei“.
Bezugsquelle:
Weingut Taferner, Göttlesbrunn „Weiss“ 2019 kostet EUR 12 ab Hof bzw. im Webshop des Weinguts, www.tafi.at