Der Modus der STK-Jahrgangspräsentation, einem beweglichen Fest des steirischen Weins, das heuer in Schloß Kapfenstein Station machte, wurde ja hier schon geschildert. Die zehn Mitgliedsbetriebe und ihre 2015er unterscheiden sich ja auch durch die Böden der Ersten bzw. Großen Lagen, wie man die Filetstücke der jeweiligen Weingärten nennt. Das fällt vor allem auf, wenn die besten Sauvignons nebeneinander gekostet werden – und um sie geht es in Teil 2 der Notate aus Kapfenstein.
Vom Opok (einem festeren Staublehm-Boden) stammt der beste Sauvignon Blanc, den Erwin Sabathi mitgebracht hatte. Der Pössnitzberg des Jahrgangs 2015 stammt aus einer alten Rebanlage und war mit 14% kräftiger; auch was seinen Fruchtextrakt betrifft hatte der Wein einiges zu bieten. Es roch nach Grünspargel und Salzzitrone aus dem Glas, doch der „Saft“ dieser Großen STK-Lage folgte noch. Der Schmelz erinnert mit seiner tropischen Intensität an Ananas und Lychee. Auch wenn der Pössnitzberg noch nicht ganz zu seinem harmonischen Ausdruck gefunden hat – sichern sollte man ihn sich jetzt!
Das gilt auch für den Klassiker unter den unüberschaubar vielen Weinen aus dem Hause Polz. Die Rede ist natürlich vom HGB, wie Fans den Hochgrassnitzberg abkürzen. Hier kam bei Erich und Walter Polz der 2013er ins Glas, der über einer animierenden Himbeer-Nase auch Orangenzesten und mehr als nur einen Anflug von Rauch (er stammt von Muschelkalk-Böden) zeigte. Saftig und mit einem feinen Nerv, in dem sich Säure und Mineralik untrennbar verwoben haben, kam er auf den Gaumen. Pfirsich-Aromen bringt die dosierte Kraft zu Beginn mit, gegen dem Finale zu wird es ein wenig ungezügelter mit einer satten Mandarinen-Note, die sich wieder nicht zwischen Saftigkeit und Struktur entscheiden kann. Muss sie auch nicht, denn der HGB 2013 klingt lange aus und erlebt gerade die erste Phase seiner Zugänglichkeit – schön, da dabei gewesen zu sein!
Nicht überall ist das Muschelkalk oder Opok, bei Wolfgang Maitz beispielsweise spielt Kalkmergel die Hauptrolle. Sein Sauvignon blanc brachte die pikante Note der besten Südsteirer schön zum Vorschein. Der 2015er vom Hochstermetzberg begann noch zart rauchig im Duft, die Frucht war hier eine an Malventee und gedörrte Birne erinnernde Spur der saftigeren Art am Gaumen. Dort legte der Maitz’sche „SB“ dann mit einer intensiven und fast als strahlend zu bezeichnenden Steinobst-Mischung (am expressivsten: Nektarine) los. Was als saftiger, druckvoller Wein mit 13,5% begann, wird im Trinkverlauf immer präziser. Dann kommen Noten von roter Paprika und Senfsaat dazu, die für ein Frucht-Säure-Spiel sorgen, das – jetzt schon! – viel Freude macht. Zumal auch der „Zug“ des Hochstermetzberg 2015 verführerisch ist.
Herrenberg im Doppelbesitz: Gross‘ Geschichtsstunde
So nebenbei lernt man bei der STK-Präsentation auch noch Geschichte, wenn Michael Gross vom „Doppelbesitz“ berichtet, in dem sich der Familien-Anteil am Witscheiner Herrenberg befindet. Nach dem Ersten Weltkrieg und bis in unsere Tage (die EU hat da allerdings was dagegen) blieben österreichische Rieden jenseits der jugoslawischen Grenze Austro-Besitz. Was übrigens auch umgekehrt galt. Aus diesem eigenen Rechtskonstrukt, das gut 50 Winzer betrifft, stammt der neue Sauvignon Blanc, der 2015 einen säurig-weichen Duftmix nach Ribisln, grüner Birne und Milchkaramellen aufweist. Der mit 14% Alkohol kräftiger ausgefallene 2015er birst fast vor Fruchtigkeit: Apfel und Birne, nicht ganz reif und daher knackig, mischen sich, etwas Stachelbeere vermeint man zu schmecken in dem saftigen Wein. Der lang anhaltende Sauvignon klingt mit einer kühlen Kalk-Note aus und zeigt gerade einmal genug, um klar zu machen, dass hier großes Potential zu erwarten ist.
Nachschlagen muss man auch beim Bodenprofil von Christoph Neumeisters Moarfeitl. Silt, unter Geologen auch als Schluff bekannt, kann man sich am ehesten unter der englischen Bezeichnung „Mudstones“ vorstellen und als feinkörnige Vorstufe zum Lehm. Leichter tut sich der Laie mit einem Glas des 2015er Sauvignons in der Hand. Der fast explosive Duft nach Cassis, Ananas, und Zimtrinde macht neugierig auf diesen Wein. Der Kostschluck enttäuscht nicht, wieder bringt der Moarfeitl viel Ausdruck mit, diesmal denkt man unwillkürlich an Weissbier! Denn der Sauvignon hat sich mit Banane und Gewürznelken diesmal originell „verkleidet“. Erst allmählich kommen grüne Pfeffernoten durch, aber auch der Schmelz von weißer Schokolade. Das Ganze wird vor der Üppigkeit durch eine immer präsente Mineralität gerettet, die sich bis ins Finish dieses bereits recht zugänglichen Vulkanland-Sauvignons zieht.
Struktur vor Frucht: Embryonale Ziereggs lassen träumen
Momentan noch sehr verschlossen, aber mit dem klar erkennbaren Weg zu einem großen Jahrgang zeigte sich der Paradewein Zieregg von Armin und Manfred Tement. Der 2015er Sauvignon beginnt gar nicht schmeichelnd mit einer Mischung aus saurem Kalk, der extrem Boden-Ton erinnert auch an Rhabarber. Der Kostschluck zeigt dann vor allem Struktur, Struktur, Struktur: Der feine und betont mineralische Nerv schiebt sich vor die Frucht, über die man gerade Grapefruit-Zeste schreiben kann. Sie wird aber in den Abgang hinaus immer dunkler, da schimmern dann saftige Johannesbeeren durch, aber momentan arbeitet hier eine mächtiges Muschelkalk-Räderwerk, das den finalen Ausdruck erst in vier Jahren oder so herausgeschliffen haben dürfte aus diesem sicheren Weinkauf-Tipp zum Einlagern.
Die „kleinere“ Version, die eine deutliche Ähnlichkeit, wenn auch aromatisch mehr grüne Frische (Stachelbeere und junge Erbsen) zeigt, war in der Verkostung der 2015er Grassnitzberg. Abseits der Sauvignon blancs wiederum zeigte der Chardonnay der Ried Zieregg auf. Der Morillon, wie die Südsteirer sagen, duftet 2015 nach Bergamotte und Hollerkoch, also satt dunkel mit Gewürznelken und Birnenanklängen. Hier hat sich die Frucht deutlicher abgesetzt, die Mineralik ist feiner dosiert. Sie begleitet einen Mix rötlicher Tropenfrüchte wie Papaya und Guave, dazu kommt ein schöner Trinkfluss, der mit einem leichten Bitterl am Ende noch befördert wird. Viel Saft, viel Klasse!
Bezugsquellen:
Erwin Sabathi, Sauvignon Blanc „Pössnitzberg“ Alte Reben 2015 ist um EUR 49,50 in den Wein&Co.-Filialen erhältlich. www.weinco.at
Erich & Walter Polz, Sauvignon Blanc „Hochgrassnitzberg“ 2013 ist um EUR 36,60 ab Hof bzw. im Webshop erhältlich, www.polz.co.at
Wolfgang Maitz, Sauvignon Blanc „Hochstermetzberg“ 2015 ist um EUR 35 ab Hof bzw. im Webshop erhältlich, http://maitz.co.at
Weingut Neumeister, Sauvignon blanc „Moarfeitl“ 2015, ist um EUR 35 ab Hof bzw. im Webshop erhältlich, www.neumeister.cc
Weingut Tement, Morillon „Zieregg“ 2015, ist ebenso wie der Sauvignon Blanc „Zieregg“ 2015 um EUR 45 ab Hof bzw. im Webshop erhältlich, der Sauvignon Blanc „Grassnitzberg“ 2015 um EUR 23 ebenda, www.tement.at
Weingut Gross, Sauvignon Blanc „Witscheiner Herrenberg“ 2015, ist momentan noch nicht erhältlich,