Spannend hatten es die zwölf Mitgliedsbetriebe der „Steirischen Terroir- und Klassikweingüter“ gemacht: Die Einladung nach Vogau erfolgte unter dem Motto „Nur die ganz Großen beenden ihre Karriere am Höhepunkt“. Nicht wenig wurde spekuliert im Austro-Stil („Lösen sa si jetzt auf“?) – und tatsächlich gab es einen Verlust bei der STK-Gruppe zu beklagen. Denn mit der neuen DAC-Regelung fällt die „Steirische Klassik“ als Weinbezeichnung weg. Dafür gibt es ab dem Jahrgang 2018 Gebietswein (Südsteiermark DAC, Vulkanland Steiermark DAC und Weststeiermark DAC), Ortswein (z. B.: Ehrenhausen, Gamlitz, Leutschach, Kitzeck, Straden, Klöch…) und Riedenwein als höchste Qualitätsstufe.
Nach 25 Jahren wurde der Neuaufbruch unter anderer Nomenklatur natürlich begossen in der Vinofaktur, parallel gab es auch die Kandidaten auf die Ortsweine zu verkosten. Sie dürfen erst ab 1. Mai in den Verkehr gebracht werden – Gebietswein gibt es ab 1. März des auf die Ernte folgenden Jahres, wie das so schön heißt.
Das geologische Profil eines Ortes sollte sich in den gewählten Rebsorten klar ausdrücken, ist die Leitidee. Und im Idealfall geht dieser Charakterzug in Richtung Lagenwein, ohne beim Konsumenten den Preis einer Rieden-Abfüllung aufzurufen. Natürlich spielt der Sauvignon blanc, mittlerweile die Hauptsorte der Region, die Haupt-Rolle in dieser Kategorie. Doch zu unserer Freude steht auch ein Welschriesling mitten unter den DAC-in spe-Weinen. Es ist der 2017er von Winkler-Hermaden aus dem Vulkanland.
Der Klöcher Weiße bringt eine zarte Rauchnote mit, der bekannte Basalt aus dem Ort findet sich also wieder. Dazu kommt ein Duft nach Zitronenmelisse und herben, gelben Früchten (am stärksten Birnen-Quitte). Der Kostschluck bringt wieder eine feine Mineralik mit, das „Bremseln“ am Gaumen wird aber vor eine kühlen Frucht abgelöst. Weißfleischige Birnen, aber auch Zitrusfrüchte machen ordentlich Druck in diesem Anwärter auf den ersten Ortswein des Kapfensteiner Weinguts.
Bei den Sauvignon blancs hingegen blieben wir bei einem reifen und tropenfruchtigen Typus hängen: Es riecht nach Passionsfrucht und Guave aus dem Glas. In der „zweiten Lesung“ der Duftspur merkt man auch einen dunklen Beeren-Mix, in dem sich die sortentypische Schwarze Johannesbeere findet. Eine andere Dunkelfrucht, der Holunder, schlägt dann am Gaumen durch, womit es auch Zeit wird, Winzerin und Wein zu benennen. Es handelt sich um Katharina Lackner-Tinnachers 2017er „Gamlitz“. Die feine Würze, die für uns zumindest den Haus-Stil kennzeichnet, kommt ab dem mittleren Gaumen durch. Mit Koriander-Grün, Zitronenmelisse und etwas Grünem Pfeffer bewegt sich der Gamlitzer Ortswein ins Finale. Hier federt vor allem das „Pfefferl“ und die frische Art noch lange nach.
Ganz anders dagegen fällt der Sauvignon aus dem Hause Tement aus, in diesem Fall ein Ehrenhausener Ortswein. „Der ist sehr mineralisch“, kommentiert Manfred Tement (kl. Foto links) den geologischen Ausdruck des 2018 Ortsweins. Aus den Muschelkalk-Weingärten kommt eine Abfüllung, die im Verkauf bereits bisher als Ortswein bezeichnet wurde. Denn einige Winzer lebten die neue „Pyramide“ schon bisher. An deren Spitze soll irgendwann auch Steiermark-weit noch zwischen Ersten und Großen Lagen unterschieden werden (wie es die STK bei ihren Rieden bereits tut). Doch das ist Zukunftsmusik, während der 2017er schon im Glas tanzt.
Die reife Cassis-Aromatik erinnert ältere Semester vermutlich an die Johannesbeeren im NÖM-Schuljoghurt, der von Tement erwähnte rauchige Zug erinnert an gesalzene Erdnüsse, aber auch Sesamstangerl. Neugierig geworden, stellt der Verkoster fest: Hier marschiert die Frucht an der Spitze. Stachelbeere satt gibt es beim „Ehrenhausener“, später dann gesellt sich ein nussiger Touch wie bei einem Weißburgunder hinzu. Den tollen Zug dieses Sauvignons krönt erneut ein Boden-Ton: Das Salz im letzten Drittel, garniert um Weißen Pfeffer, sorgt für Trinkanimo.
Vor allem aber zeigen diese drei Beispiele, wo die neue Ortsweine in den besten Fällen zu ver-ort-en sind. Sie zeigen Komplexität und Terroir, haben aber die Zugänglichkeit einfacher Weine. Und sind vermutlich genauso schnell ausgetrunken wie die „Klassik“ seligen Angedenkens.
Bezugsquellen:
Weingut Winkler-Hermaden, Welschriesling 2017 kostet EUR 7,50 ab Hof, http://www.winkler-hermaden.at/weinshop
Weingut Lackner-Tinnacher, Sauvignon blanc 2017 „Gamlitz” findet sich um EUR 15 ab Hof bzw. im Webshop, www.tinnacher.at
Weingut Tement, Sauvignon blanc 2017 „Ehrenhausener“ ist um EUR 17 ab Hof bzw. im Webshop erhältlich, www.tement.at