Der zweite Teil unserer Eindrücke vom Sizilien-Abend in Wien spricht Extreme an. Und landet doch wieder am Ätna, der derzeit interessantesten Wein-Gegend der Insel. Und selbst der angesprochene Groß-Erzeuger Planeta hat hier einen Teil seiner Produktion. Der aus heimischer Sicht gigantische Betrieb – 375 Hektar beträgt die eigene Rebfläche – ist mit seinen Rieden über ganz Sizilien verteilt. Aus der nördlichsten Spitze, nahe dem Kap Milazzo, stammen die Trauben für die Cuvée „Mamertino“. Der bereits in der Antike erwähnte Rotwein der Gegend besteht in der modernen Version aus einem Blend von 60% Nero d’Avola und 40% Nocera.
Der Geruch nach Sauerkirsche, Vanille und Nougat lässt noch nicht erahnen, was sich dann am Gaumen abspielt. 3500 Liter-Fässer haben die Aromen quasi zusammengeschweißt, das Mundgefühl erinnert an Seide. Mit gerade 13,5% Alkohol kann der „Mamertino“ 2016 vom Beginn weg punkten. Da lugen Himbeeren aus dem rotfruchtigen Schleier, dort sind es Weichseln, aber in beiden Fällen kühle Früchte mit wenig Säure. Das Finale bringt Kardamom und Zimtrinde mit, die einen Eindruck verstärken: Diese Cuvée von Planeta sollte man leicht ankühlen und dann kommen lassen. Tolle Preis-Leistung!
Eine ähnlich feine Klinge führt man beim Nerello Mascalese, der in den Rieden am Ätna gemeinsam mit Nerello Cappuccio kultiviert wird. Der lediglich 9%-ige Anteil der letzteren Sorte wirkt als Gewürz für diesen „Eruzione 1614“, dessen Namen auf den letzten großen Ausbruch des Vulkans anspielt. In den Schlackehalden wächst heute der Wein für diese Abfüllung, die einen würzigen Duft (Kapern, Senfsaat und Fenchelsamen) mit der herben Frucht von Schlehen verbindet. Rote Frucht-Noten prägen auch den Eindruck am Gaumen; die unreifen Himbeeren verbinden sich mit einem Touch Marzipan. Der lange Nachhall bringt mineralische Noten und kühle Erdbeeren mit.
Der „Dunkle“ aus der Provinz Catania: Guardiola
Einen reinsortigen Nerello Mascalese aus bis zu 100 Jahre alten Busch-Reben hat auch Carlo Franchetti mit nach Wien gebracht. Am Weingut Passopisciaro in Castiglione pflegt man das System der Contrade. Die einzelnen „Ortsweine“ unterscheiden sich beträchtlich, wie der Vergleich des Chiappemacine und des Guardiola (ein Kauf-Tipp für alle Fußball-Fans, die Pep Guardiola mögen!). Beide sind als 2017er recht jung, schieben aber weit weniger an, als die 14,5% am Etikett vermuten lassen. Der eindeutige Favorit ist der Tannin-reiche Guardiola, bei dem sich Graphit und Cranberry im Duft zu einem dunklen und herben Gesamteindruck vermengen.
Der Winzer selbst nennt ihn „den Dunklen“ (scuro) in seiner Range und das trifft es gut – satte Brombeere, Lorbeer und edles Holz sind zu schmecken, der Gerbstoff beginnt mit dem ersten Schluck und trägt diesen Guardiola ins lange Finale. Dort klingt der Rote aus der Provinz Catania dann salzig und mit einem Touch Kapernbeere aus. Großer Wein, vor allem einer dieser Italiener, der auch in 20 Jahren noch prächtig da stehen wird!
Aus der Gegend von Palermo – und damit verlassen wir den Ätna! – kommt der letzte der sentimentalen Favoriten der Sizilien-Leistungsschau in Rot. Tasca d’Almerita hat hier ebenfalls eine seltene Sorte zu bieten: 61% im „Rosso del Conte“ stellt der Nero d’Avola, die zweite Sorte hingegen, Perricone (30% im Blend), muss man schon nachschlagen. Diese Sorten-Vielfalt – die restlichen 9% der Cuvée teilen sich weitere heimische Trauben – kommt beim 2015er „Rosso“ in beindruckender Form auf die Flasche. Es duftet nach Sauerkirsche, Vanille und schon fast kitschig nach Erdbeeren und Zimt. Diese konzentriert wirkende Frucht läßt auch am Gaumen ihre Power-Faust spüren – das seidige Mundgefühl eines roten Burgunders kann nämlich nicht darüber hinwegtäuschen, dass der „Rosso del Conte“ geradezu üppige Himbeer-Noten mitbringt.
Auch sie erinnern in ihrer Intensität, allerdings ohne jede Süße, an ein Beeren-Kompott. Es ist sozusagen die Edel-Version eines Allrounders beim Italiener, der zur Pasta und Tagliata von den Maturanten bis zur Nonna alle glücklich zu machen versteht.
Bezugsquellen:
Planeta, „Mamertino“ 2016 kostet EUR 18,90 wie auch der „Eruzione 1614“ 2016, beide im Webshop der Weinzeche, www.weinzeche.de
Passopisciaro, „Contrada Guardiola“ 2017 kostet EUR 49,50 bei Gute Weine, www.gute-weine.de
Tasca d’Almerita, „Rosso del Conte“ 2015 ist um EUR 45,44 bei Tannico.at zu haben, www.tannico.at