Das Bierbeisl „De Wahre Jacob“ ist kein schlechter Ort, um das erste Mal ein Glas Seef zu trinken. Irgendwie atmet es den Duft der guten alten Zeit, sagen wir anno 1965, und das Retrodesign der Flasche, der Gläser und der Bierdackerl paßt bestens dazu. Dass wir mit dem Packaging des vom Bürgermeister zu Antwerpens offiziellem Stadtbier – neben dem seit 1833 bestehenden De Koninck – geadelten Seef beginnen, hat seinen Grund. Denn Johan Van Dyck (Foto) hat seine Hausaufgaben gemacht, ehe er seine Antwerpse Brouw Compagnie N.V. gegründet hat.
Das gekonnte Marketing, das er als ehemaliger Manager der Duvel-Brauerei aufgezogen hat, kostete aber weniger Zeit, als die Suche nach dem Bierrezept seines eigenen Bräus. Denn im 20. Jahrhundert kehrte man sich immer mehr vom traditionellen Bierstil Seef ab, nachdem immerhin heute noch ein Viertel der zweitgrößten belgischen Stadt „Seef-Ecke“ (Seefhoek) heißt. Das Rezept des aus vier Getreidearten – neben Gerste, Weizen und Hafer kommt als spezielle Zutat Buchweizen dazu – wurde schließlich doch gefunden und der Ghenter „Hefeprofessor“ Freddy Delvaux bzw. dessen Sohn Filip suchten in ihren über 300 Hefemustern (!) nach einer historischen Kultur, die dem „alten“ Geschmack am nächsten kommen sollte.
Für einen durchschlagenden Erfolg fehlte noch ein Ritual rund um das wiederentdeckte Bier, also wird zunächst nur 2/3 des Flascheninhalts ins Glas gegeben, dann die Flasche gedreht und dann der Rest des unfiltrierten Seef nachgegossen.
Wie aber schmeckt’s jetzt, das dunkel-blonde Bier? Deutlich vom Getreide geprägt, aber weniger süß wie etliche Weizenbiere, auch die Bananen- und Orangennoten fehlen, hier setzen sich eher Piment und andere „hard spices“ in den Vordergrund, dazu ein Hauch Fenchelsamen, ehe dann doch die Cornflakes- und Knäckebrot-Töne der Getreidemischung merkbar werden. Das in der Flasche ein zweites Mal vergorene Bier hat auch eine deutliche Hefenote, die gemeinsam mit der leichten Süße an Dimsum-Teig erinnert, bevor dann im Finish eine trockenere Note die Oberhand gewinnt. Wie bei vielen belgischen Bieren ist der Alkohol (6,5%, also doch mehr als im „Märzen-Country“ Österreich üblich) aufgrund der Gesamtbalance nicht wirklich spürbar.
P.S.: Im Video erzählt Johan die Story selbst im – wie immer witzig für uns klingenden – Flämisch, englische Untertitel erleichtern aber das Verständnis :lol:
Bezugsquelle:
Antwerpse Brouw Compagnie, „Seef“, um EUR 4,75 im Viererpack bei der belgischen Supermarktkette Delhaize; für Österreich ist uns noch kein Vertrieb bekannt (falls es jemand führt: bitte melden!); http://shop.delhaize.be