Ja, die gelb-weißen Flaschen sind markant. Man sieht sie auch oft. Zuletzt in der Osteria des Vertrauens bei Signore Hartmeier. Und auch den Wermut des Hauses kannten wir schon. Doch was soll man sagen: Gekostet hatten wir Reinhard Musters Weine schon lange nicht mehr. Das war die Ausgangssituation, als im Vorjahr die drei steirischen Überflieger vom weltweiten Sauvignon Blanc-Preis (oder, wie der Franzose sagt: Concours Mondial du Sauvignon) ihre Sieger-Flaschen entkorkten. Und der „Grubthal“ 2016 aus Musters Gamlitzer Weingut gefiel damals bestens – wie man hier nachlesen kann. Er war in einem schönen Equilibrium aus Sorten-Charakter und Holzeinsatz zu genießen.
Und mit 31 Jahren sind die ältesten Reben dieser Monopollage des südsteirischen Winzers auch im besten Alter, dass da die nächsten Jahre noch mehr kommt. Abgesehen davon, dass der Winzer selbst seine fast buddhistisch-entspannte Handschrift (O-Ton Muster: „Viel Amore und Aufmerksamkeit!“) auch schon perfektioniert hat. Diese Gedanken entspannen sich, als nun der Nachfolge-Jahrgang des 2016ers ins Glas kam. Ausreichende Flaschenreife gehört zum Hektik-befreiten Stil von Muster.Gamlitz, weshalb der 2017er erst jetzt ausgeliefert wird.
Der wichtigste Rat zu diesem Sauvignon hat aber nichts mit seiner Jugend oder Reife zu tun. Er lautet simpel: Lass ihn kommen. Denn wer den Grubthal „schnell einmal“ öffnet und vielleicht auch noch kellerkalt serviert, bringt sich selbst um die Subtilität dieses Weins. Ja, er wird ihn vielleicht nicht einmal gleich der richtigen Sorte zuordnen! Wir sprechen von Sauvignon blanc, das ja. Aber eben keinem grasigen Vertreter, auch keinem, der sich mit der eigenen Aromen-Fülle selbst in die Luft sprengt. Nein, die Maracuja als Signatur erblüht hier langsam im (hoffentlich großen) Glas.
Zunächst ist da nur eine diffuse Rauchigkeit und auch der satte Bratapfel-Ton, den die Passage im Holz dem Südsteirer mitgibt. Doch man soll sich nicht täuschen. Mit Luft und nach einer halben Stunde schwirren die Assoziationen nur so durch die Gegend: Distel, Grapefruit-Zeste, Mandelmilch, Mango, Grüne Paprika und Bananenschnitte. Man merkt schon, dass sich hier semantisch die Gegensätze nur so auftürmen. Präzise und säurige Noten werden ebenso genannt von den Mit-Verkostern wie sie satte, ja schon: fette Aromen aus dem Reich der Tropenfrucht aufführen.
Ich arbeite mit vielen Kleinchargen beim Sauvignon Blanc, um seine Rebsorten-Typizität, Mächtigkeit und seinen Lagencharakter zu zeigen.
Reinhard Muster, Winzer
Aber so ist er halt. Denn die Lage, aus der schon weltmeisterlicher „SB“ stammte, bekommt es ja quasi selbst auch dank ihrer Geographie kalt-warm. Zur Koralpe und damit gegen den Süden hin offen, nimmt der Kessel bei Gamlitz die warme Luft von der Adria genauso auf, wie die Kaltströme von den Alpen sie bisweilen streifen.
Diese Spannung atmet auch der „Grubthal“ selbst und Muster unterstützt das Nicht-Festlegen auf einen Stil auch noch. Kleine Chargen, der Teilausbau (70% der Ernte) im kleinen Holzfass und dazu eine lange Reifezeit geben dem 2017er – drei Jahre nach der Lese – eine Vielschichtigkeit, die beeindruckt.
Denn ähnlich komplex wie im Duft gibt sich der 2017er „Grubthal“ auch geschmacklich. Die Würze, die wir seinerzeit schon am Vorgänger-Jahrgang festhielten, ist auch hier von Beginn weg spürbar: Braune Senfsaat und etwas Currypulver, vielleicht auch ein Stückchen Fladenbrot vom Türken.
Den knackigen Auftakt, der auch eine frische Säure mitbringt, garniert zudem ein süß-saurer Mostapfel. Doch auch hier zeigt sich der Gamlitzer als Januskopf. Denn dem cremigen Mittelstück schickt er eine weitere Facette hinterher. Es wird recht herb gegen das Finale hin: Grapefruit-Zesten machen die Räume eng. Sie fokussieren aber ein letztes Mal auf den tropenfruchtigen Kern aus Passionsfrucht und Orangenfruchtfleisch. Wir schreiben einen Vorsatz ins Tagebuch: Öfters Muster(-Wein) anfordern!
Bezugsquelle:
Muster.Gamlitz, Sauvignon Blanc „Grubthal“ 2017 ist um EUR 41 ab Hof bzw. im Webshop Musters erhältlich, www.muster-gamlitz.at/shop/