Zu den Ritualen des Wein-Verkostens gehört seit Jahren der Besuch bei der Jahrgangspräsentation der Renommierte Weingüter Burgenland. Und als Stammgast hat man auch seine Ordnung, der man im Schloss Esterházy folgt. Kurt Feiler zählte schon zu den ersten Anlaufstellen, als er der Gruppe noch nicht vorstand. Zumal bei ihm auf den jeweils aktuellen Chardonnay (2017 frisch und mit deutlicher Mineralität) und den Neuburger (schönes „Nusserl“ und Kurkuma-Würze nach hinten hinaus beim 2017er) immer die Cuvée „Gustav“ folgt. Sie bietet gleich im ersten Raum der Schloss-Verkostung einen großen Weißwein der RWB-Gruppe, der zu 60% aus Neuburger, 40% aus Chardonnay besteht.
Die aktuelle Version aus dem Jahrgang 2016 bringt eine dezente Holznote vom Barrique-Ausbau mit. Sesam und Vanille, aber auch ein Touch Pizza-Stangerl (Oregano) leiten einen runden und anfangs kräftigen Wein ein. Die Cuvée von Feiler-Artinger schimmert irgendwo zwischen Apfelmus und Curry, beide Bestandteile – schmelzige Gelbfrucht und würzige Tiefe – sind vorhanden. Und vor allem in einer Balance, die von nichts zuviel aufweist.
Eine grandiose Variante seines „1000x“ servierte der RWB-Präsident mit dem Jahrgang 2015, der als reinsortiger Cabernet Franc auf die Flasche kam. Heidelbeere, viel Thymian und auch grüne Paprika finden sich im Duft. So weit, so sortentypisch, wenn auch niemals plakativ. Am Gaumen allerdings breitet der Ruster Cabernet ein Seidentuch aus. Ätherisch im Beginn, schälen sich rotfruchtige Noten (Apfel-Schale, aber auch Cranberry) heraus. Der schwarze Pfeffer im Finish ist hingetupft wie Schießpulver auf einem See-Stück, die hohe Eleganz ist bereits jetzt spürbar. Das ist schlicht ein großer Wein!
Doch bei allem „business as usual“ fiel heuer eines besonders auf: Jeder Winzer versuchte, noch mehr aus den altbekannten Weinen herauszukitzeln. Konkrete technische Entscheidungen ergaben merklich andere – und zwar noch bessere – Abfüllungen. Herbert Triebaumer etwa hat den Lesezeitpunkt des Gelben Muskatellers vorverlegt, um noch mehr Spannung zu gewinnen. Wer glaubt, dass die Sorte plakativ ist und wenn überhaupt, dann nur in der Steiermark ideal gedeiht, sollte diesen Ruster einmal probieren.
Röstige Haselnuss statt Frucht-Kitsch, das ist das Erste, das im Duft auffällt. Dazu kommt bei diesem Wein aus der Ried Greiner eine exotische, gelbe Fruchtmischung, die aber auch an Currypaste und Gelbe Paprika erinnert. Die Lychee-Note am Gaumen bricht dieses würzig-frische Spiel nicht, der 2017er Muskateller ist von einem schönen Spiel zwischen Saftigkeit und Würze geprägt. Die leichte Curry-Note spürt man auch am Gaumen, die beschleunigt den Zug dieses Preis-Leistungsweins vom Weingut Ernst Triebaumer. Nicht nur beim Preis kann man da als Steirer lernen.
Zwei wie Salz & Pfeffer: Rittsteuers Chardonnays
Alte Bekannte sind auch Paul Rittsteuer und sein gleichnamiger Sohn (rechts im Bild). Doch auch beim Sortiment des ehemaligen RWB-Obmannes merkt man präzisere Abgrenzungen. Etwa zwischen dem klassischen Chardonnay und dem „burgundisch“-buttrigen Chardonnay Ried Lehmgruben, den alte Neusiedl-Fans immer noch als „Lehmgruber“ ordern wie früher. Während die Salzigkeit mit den Jahren der Lehmgruben-Anlage immer stärker durch den Schmelz des Holzfasses schneidet, wirkt der 2017er Chardonnay noch schlanker als früher.
Auffallend präzise ist hier die Würze. Sie federt auf Basis des Apfel- und Kaktusfeigen-Charakters dieses Weins lange nach. Das „Pfefferl“ eines Grünen Veltliners steht diesem Wein vom vermeintlich heißen Neusiedler See gut und gibt Frische. Wären die beiden „Chardos“ von Rittsteuer Vater und Sohn eine Menage beim Wirten, dann wäre der 2017er der Pfefferstreuer, der 2016er Lehmgruben hingegen das Salzgefäß.
Beeren statt Barrique: Kerschbaums Dürrau 2016
Eine Zwischenetappe hat auch Michael Kerschbaum in seiner Stil-Suche erreicht. Das wird deutlich, als der Horitschoner den 2016er Blaufränkisch „Dürrau“ entkorkt. Der Duft wirkte offen (was an der kurz zuvor erfolgten Füllung liegen mag), die roten Früchte entfalten sich in Richtung Schlehe (Gerbstoff) und Brombeere (Saftigkeit). Zupackend in seiner leichten Espresso-Herbe, überrascht am Gaumen das Holz, das sich deutlich hinter der Frucht der mittelburgenländischen Paradesorte befindet. Wohlgemerkt, bei einem Baby von Wein, das zu Pfingsten noch im Fass und nicht in der Flasche ruhte.
„Ich suchen die Beeren-Noten, mit dem Holz gehe ich zurück“, hat sich auch „Michi“ Kerschbaum (kl. Bild links) eine kleine Schraube gesucht, ab der er dreht. Aktuell ist es ein „Medium minus“-Toasting, das man nicht so oft bei Kollegen findet.
Im Ergebnis ist das ein Blaufränkisch, der immer weniger Internationalität (wie immer man diese versteht) benötigt, weil er bereits nahe an der Perfektion ist. In fünf Jahren wird dieser „Dürrau“ 2016 einen ersten Höhepunkt zeigen, da lehnt man sich nicht aus dem Fenster. Auch eine optische Sortieranlage – Luftdruck bläst per optischer Mustererkennung grüne Trauben vom Förderband – soll demnächst kommen. Genau diese Einstellung, das „total quality management“, waberte heuer als Geist durch das Schloss Esterházy. Denn der Weg zum besseren Wein muss nicht über den Verzicht auf Kulturtechniken führen. „Grauperte“ Reben und mostige Weine mögen die eine Richtung der ewig suchenden Austro-Winzer sein. Der grüblerische Weg der RWB-Mitglieder ist aber der, den mehr Konsumenten mitgehen werden. Und auch er ist kein leichter.
Bezugsquellen:
Weingut Feiler-Artinger, Cuvée „Gustav“ 2016 ist um EUR 18 erhältlich, der Cabernet Franc „1000x“ 2015 um EUR 29, beide ab Hof bzw. im Web-Shop, www.feiler-artinger.at
Weingut Ernst Triebaumer, Gelber Muskateller 2016, kostet EUR 9,90 bei Getränke Wagner, www.wagners-weinshop.com
Weingut Paul Rittsteuer, Chardonnay 2017 ist um EUR 6,90 erhältlich, der Chardonnay „Lehmgruben“ 2016 um EUR 12,50, beide im Web-Shop bzw. ab Hof, www.weingut-rittsteuer.at
Weingut Paul Kerschbaum, Blaufränkisch „Dürrau“ 2016 ist um EUR 20,50 im Webshop des Weinguts erhältlich, www.kerschbaum.at