Der Austrian Whisky Association gehört David Gölles schon an, seit er vor drei Jahren den „Brexit“ als ersten Whisky der Vulkanland-Brennerei vorgelegt hat. Nun folgt nicht nur eine ganze Whiskey-Range (die er eben mit „e“ schreibt), sondern ein „House of Whiskey, Gin und Rum“. Letzteres ist noch nicht fertig, doch der sechs Meter hohe Fasskeller im Örtchen Riegersburg ist schon vor der Eröffnung diesen Sommer befüllt. Auch der Namensgeber nimmt Bezug auf die Heimat, wenngleich er einen Zungenbrecher darstellt: „Ruotker’s“ zitiert den Namen des ersten Besitzers der markanten südoststeirischen Feste, die eben 1138 als „Ruotkers Purch“ (= Burg des Rüdiger) urkundlich erwähnt wurde.
Mit dem „Rüdiger“ hat Gölles aber auch den „Brexit“ abgelöst, der bereits ein Blend aus fünf Getreiden war (die Tasting Notes kann man bei uns ja nachlesen). Mit einem Durchschnittsalter von acht Jahren sind die ältesten Anteile noch höher als beim „Brexit“, Vater Alois Gölles hat bereits 2000 begonnen, Getreide zu brennen, „aber nie etwas abgefüllt“. So kommen noch alte Dinkel-Destillate aus der aufgelassenen Wodka-Produktion zum Einsatz, aber natürlich auch die Getreide, „bei denen wir mehr daheim sind“, womit David Gölles Mais meint, aber auch den Roggen. Ein junger Rye-Whiskey gab dem Blend den letzten Schliff. Die Gerste spielt dafür anders als in Schottland eine untergeordnete Rolle, auch das signalisiert das „Whiskey“ am Etikett des „Ruediger“.
Kein Mensch braucht einen sechs Meter hohen Keller. Außer Du bist Brenner und willst viel Fässer stapeln – dafür is‘ er ideal.
David Gölles, Brenner
Schon im Duft dieses ab nun jedes Jahr erzeugten Brands – die anderen drei „Ruotker’s“ sind Einzelfass-Abfüllungen unterschiedlicher Füllstärken – kommt das brotige Element durch. Zu den zarten Schwarzbrot-Noten gesellt sich eine leichte Fruchtigkeit (Zwetschkenröster), aber auch Piment und Kakaopulver. Die leichte Süße bringt zusammen mit dem Getreide-Mix einen Touch Pumpernickel-Brot am Gaumen mit.
Etwas Nuss und auch Schokolade treffen auf Trockenmarille, die dezente Frucht geht langsam in ein zart pfeffriges Finish über, das einen sehr harmonischen Whiskey abschließt.
Die begeisternde Offenheit, mit der David Gölles über seine neuen Destillate spricht, umfasst auch Technisches. Denn der teuerste in der Ruotker’schen Whiskey-Riege stellt einen 100%-igen Roggenwhiskey dar. Vergären lässt sich eine so zuckerarme Rohfrucht nicht, es kamen also Enzyme zu Hilfe. Eine gängige Praxis bei vielen „High Rye“-Bränden, aber irgendwie scheut man sich im fernen USA oft, die biochemische Hilfe beim Namen zu nennen. Das Ergebnis zählt und das ist für Brenner Gölles „Gaumentango“. Nun, dann kosten wir doch diese Tanzstunde zur Roggen’Roll-Musik des Steirers!
Gaumen-Tango zur Rogg-Musik: Ruotkers Rye
Espresso pur steigt in die Nase, mit Luft wird der Roggen auch süßer, man denke an „Ovomaltine“. Da hier eine Fass-Stärke abgefüllt wurde (51,3%, um genau zu sein), nehmen wir ein paar Tropfen Wasser – der Duft dreht in Richtung Nuss, Roter Paprika (Rye gilt nicht nur als „spicy“, er ist es hier auch!) und Nougat, wie aus einem Ildefonso gesaugt. Spannender kann man einen Rye kaum beginnen, der Zug dieses nicht gerade leicht im Alkohol stehenden Destillats ist beachtlich.
Wie ein Schoko-Brownie kleidet dieser „Ruotker’s“ den Gaumen aus; auch die Paprika-Note finden wir wieder, diesmal ganz zart rauchig, als hätte man mit Piment d’Espelette gewürzt. Und im Nachhall darf wieder „Don Alonso“ besungen werden, die weichen Schoko-Nougat-Noten krönen den „Rye“, speziell, wenn man ihn mit Wasser aufschließt. Neidlos sei gesagt: Eine Meisterleistung in Sachen Austro-Roggen, auch wenn es viele Brenner gibt, die „unserem“ Korn vertrauen.
Und wo wir schon beim Korn sind, folgt gleich der „getreidigste“ aus dem Whiskey Quartett von der Riegersburg: Dinkel bringt den „Geruch eines Mehlsacks“ mit, meint der Brenner. Uns erinnert der „Spelt“, also „Dinkel“-Whiskey mit seinen 48,7 Volumsprozent an einen Pizza-Teig, vor allem das bemehlte Randstück. Dazu kommt eine helle Fruchtmischung, die von Mirabelle bis Honigmelone zart ihr Netz spannt. Die Balance dieser Einzelfass-Abfüllung aus US-Eiche (346 Flaschen sind die Erstauflage) ist beachtlich. Wieder finden sich helle Fruchtakkorde, diesmal an Steinobst, besonders die Marille, erinnernd. Begleitet von einem schmelzigen Schoko, wird daraus ein runder Whiskey, der sowohl heimischen Charakter aufweist, aber auch die Gefälligkeit eines Speyside-Malts einbringt.
„Wheat“ – die wilde spanisch-steirische Ehe
Sieht man auf die Flaschenzahl des „Wheat“, der den reinen Weizen-Brand der „Ruotker’s“-Linie darstellt, dann wird klar, dass hier andere Vorbelegungen im Spiel waren. 1100 Flaschen gehen sich aus einem Sherry-Fass aus, dieses war mit Oloroso belegt, doch das Ergebnis in Kombination mit dem Whiskey erinnert fast an einen salzigen Manzanilla. Anfangs medizinal, mit dem unverkennbaren Apotheken-Ton der Kalmuswurzel, dreht der „Wheat“ in die nussige Richtung: Salzmandeln und Erdnüsse rücken klar ins Duftbild, dazu gesellt sich Spekulatius-Keks.
Noch wilder treiben es die spanisch-steirischen Vermählten dann im Mund weiter: Granatapfel im süßen Antrunk, dann wieder viel Schokoschmelz und am Ende eine würzig-cremige Mischung, die nicht mehr bei der Patisserie nach Analogien sucht, sondern in der Buschenschank: Da war ein Hauch von Bratlfettn, ich schwör’s! Die salzige Mischung der saftigen Aromen klingt dann noch trocken aus: das Finale gehört einer Salzmandel, wie man sie sonst vom Fino Sherry kennt. Und doch: Es war ein Oloroso-Fass von Harvey’s, bekräftigt David Gölles. Womit er vor allem eines unterstreicht: Die Spannung auf die weiteren Abfüllungen der mittlerweile rund 1000 Fässer im „House of Whiskey, Gin und Rum“ wurde definitiv erzeugt.
Bezugsquelle:
Ruotker’s, Whiskey „Ruediger“ kostet EUR 49,90 (0,7 Liter-Flasche), der reinsortige Dinkel (Spelt) ist wie auch der Weizen-Whiskey (Wheat) um EUR 79,90 erhältlich und der Roggen-Brand (Rye) um EUR 109,90 – alle im Gölles-Online-Shop, https://shop.goelles.at