Es ist eine Geschichte wie von Peter Mayle verfaßt: Englische Aussteiger machen ihren Traum in der Provence wahr und starten mit einem Rosé-Weingut durch. Jeany Cronk selbst fasst im Zuge der Verkostung ihrer Wein auch gleich die letzten zehn Jahre zusammen. Das Jahrzehnt also, in denen sie und ihr Mann Stephen unter dem Namen der „Fackel der Provence“ zu Weinbauern wurden. Denn auch wenn man aus London übersiedelte und der tragische Revolutionsheld Honore-Gabriel de Riqueti, Comte de Mirabeau, dem Unternehmen seinen Namen gab: Die Chefin in Cotignac stammt aus München.
Und so steht auch die nachvollziehbare Skepsis einer jungen Mutter am Beginn von „Mirabeau en Provence“, die ihre drei Kinder plötzlich in der Landschule bei St. Tropez anmelden soll. Zum Glück lohnen erste Erfolge und Anerkennung in Stephens alter Heimat UK den Sprung ins kalte Wasser. Unternommen hat ihn das Pärchen als négociant, also mit der Vermarktung zugekaufter Trauben. Mittlerweile hält man bei 14 Hektar im Eigenanbau und einem beachtlichen Portfolio an rosa Weinen.
2010 ging der erste „Classic“ in den Export, der bis heute so etwas wie der Brot-und-Butter-Wein von Mirabeau geblieben ist. Er wirkt in der Tat auch expressiv wie frisch aus dem Himbeerpflücker-Körbchen. Etwas Pfingstrose und kühle (!) Erdbeere – die ersten Wiesener Erdbeeren eines Jahres – sind in der Nase auch dabei. Die Assemblage aus 65 % Grenache, 25% Syrah und 10% Cinsault sorgt für einen ebenso saftigen wie stets kühlen Zitrus-Beeren-Mix im Mund. Restzucker mag man hier nicht und so ist schon der Einstieg „furztrocken“, wie es Mirabeaus deutscher Vertriebschef Udo Koschinski formuliert.
Wir notieren in der Zwischenzeit „etwas unreife Nektarine am Gaumen“. Wie es sich für einen Wein gehört, den die Franzosen „pieds dans l’eau“ konsumieren, ist hier nichts im Übermaß vorhanden. Auch der Nachhall mag nicht die größte Länge zeigen. Aber ein proto-typischer Provençal-Rosé, der zu Krustentieren oder – ein britischer Tipp! – zu Butter Chicken und Ruby Curry passt, ist das allemal.
Und die rosarote Welt lässt sich ja noch in anderen Schattierungen auskosten. Das zeigt am deutlichsten der „Exot“ bei den Cronks. Als solcher fungiert ein Rosé (what else?) aus der Appellation Coteaux d’Aix-en-Provence. Die Region ist etwas karger als die flächenmäßig größte Appellation Côtes de Provence mit ihrem unglaublichen 90%-igen Rosé-Anteil an der Produktion. Doch egal, ob es daran liegt: Der „X“ ist ein merklich anderer Typus Rosé. Wassermelone und auch ein wenig Cassis machen seinen Duft aus; bisweilen meint man sogar säurige Brombeere im Glas zu haben. Die englisch-sprachigen Verkoster würden jetzt „rosehip“ aufschreiben. Das läßt sich im Deutschen nicht ohne Weiteres machen, doch an eine Hagebutten-Hecke erinnert dieser leicht herbale, frische und ganz zart säurige Geruch in der Tat.
Doch zurück in die heimatliche Region nördlich von Saint Tropez! Wieder steht „Côtes de Provence“ am Etikett und auch dieser Wein ist Jahrgang 2020. „Pure“ heißt er und das trifft es auch – er wird wohl die meisten Rosé-Trinker abholen. Was an einem noch feiner austarierten Mix aus kühler Frucht und einer finessenreichen Würze liegt, die sich erst genau zeigt, wenn der Wein ein wenig Temperatur angenommen hat. Also so, wie ihn strenge Verkoster trinken, aber nicht die Hedonisten am Stand von „Les Salines“ oder die Nudisten an den Rochers de Dramont, einem Wild-Badetipp der Einheimischen.
Der „Pure“ duftet nach Rooibos-Tee, frisch gezestete Orange, etwas Pink Grapefruit, leicht salzig á la Salicorne-Alge, auch wenn die eher nicht aus dem Mittelmeer kommt. Entfernt erinnert dieser Geruch auch an Lychee, aber ohne jegliche seifige Süße! Am Gaumen ist er der saftigste der Range von Mirabeau: Blutorange, etwas Ribisl-Gelée, sogar feine Sauvignon Blanc-Noten lassen sich entdecken. Diese bringen dann im Abgang Stachelbeere (mehr Haut als Fruchtfleisch) und etwas erfrischenden Brennnessel-Tee mit. Überraschend lang und wieder sehr trinkanimierend!
Als strahlender Stern – drum heißt er auch „Etoile“ – fungiert der letzte Wein, den Jeany Cronk einschenkt. Dieser 2020er wiederum ist eine Pastellzeichnung von einem Wein [Und etwas Flaschenreife wird seine Konturen noch deutlicher machen!] Sehr hell im Glas und streng in der zitrischen Prägung kommt der Blend aus 90% Grenache und 10% Cinsault daher: Pink Grapefruit-Schale und etwas Bockshornklee-Samen, dazu ein Quäntchen Kirschblüte, machen das zarte Duftbild aus. Am Gaumen ist ebenfalls sehr elegant. Leicht pfeffrig im Hall, doch die Kirsch- und Erdbeernoten zuvor wirken wie durch einen Schleier gesehen. Am Ende bleibt der anfangs so kühle und leise Rosé lange und lebendig. Orangenzesten und etwas Granatapfel im Finish. Vor allem aber herrlich appetitanregend. Am Ende der Verkostung will man eigentlich gleich Gambas auf den Grill legen.
Bezugsquelle:
Mirabeau en Provence, Classic 2020 ist um EUR 12,50 erhältlich, der Rosé „X“ 2020 kostet EUR 11,90, der „Pure“ 2020 wiederum EUR 14,90 und für den „Etoile“ 2020 werden EUR 16,90 verlangt, jeweils im Webshop des Weinguts, www.mirabeauwine-shop.de