Man braucht nur hinaufgehen zur Weinberg-Kapelle. Dann merkt man, dass Rechnitz, der Weinbau und die Familie Batthyány schon seit Jahrhunderten verbunden sind. Denn die um 1700 erbaute Kapelle sollte die Rieden von Ádám II. Graf Batthyány vor Wetter-Unbilden bewahren. Wein gab es seit dem Hochmittelalter in der Marktgemeinde und die lokale Magnaten-Familie, damals noch klar ungarischer Herkunft, lieferte ihn in weite Teile der Monarchie und darüber hinaus. Doch die Tradition der Familie, die mit Ladislaus Fürst Batthyány-Strattmann auch ein selig gesprochenes Mitglied zählte, riss ab. Bis sich Gräfin Carolin Batthyány und ihr Mann Ivan (am kl. Bild links) dazu entschlossen, wieder an das Erbe von Rechnitz anzuknüpfen. Seit 2015 baut man das Boutique-Weingut auf, das den prestigeträchtigen Namen wieder auf Weinflaschen bringt.
Dass man es ernst meint, beweist die Wahl der Partner: Cordula Alessandri hat wieder für unverwechselbare Etiketten mit historischem Einschlag gesorgt, wie sie es schon bei der anderen Magnaten-Familie mit Weinbau, den Esterházys im Nordburgenland, getan hat. Und vor allem sorgt mit Rudolf Krizan eine Kapazität im Aufbau von Weingütern (auch mit internationaler Erfahrung) für die Rekultivierung der Streuobstwiesen bei Rechnitz. 30 Jahre wurden diese nicht bebaut und haben so eine wunderbare Kraft und Urwüchsigkeit.
Die Range des gräflichen Weinguts ist noch klein, deckt aber die wichtigsten Kategorien ab. Denn es gibt nicht nur einen Sekt im markanten Batthyány-Design mit den Schulter- und Kragen-Stücken der K.u.k. Armee, sondern auch einen Rosé. Der ebenfalls rosa gehaltene Sekt (100% Pinot Noir) zeigt anfangs ein leichtes Sorten-Stinkerl, aber auch viel Kreide-Staub. Mehr an Kenntlichkeit geht nicht. Zumal sich auch kühle Erdbeere und Himbeere zeigt. Letztere dominiert auch den Gaumen und kleidet ihn schaumig aus. Ein wenig Vanille gesellt sich auch dazu, doch vor allem der Druck des 2018ers Brut Rosé-Sekts. Ein klassischer Apéro, der auch zu Crevetten einen feinen Auftritt hat.
Und wie gesagt, gibt es in der Weinfarbe Rosa auch den Stillwein. Er ist bereits ausverkauft, was man nachvollziehen kann. Denn hier wurde gegen jedes Klischée gearbeitet. Nur ein rosa Schimmer kommt ins Glas, doch die helle, gelbliche Anmutung täuscht. Denn aromatisch lässt sich hier der Kalk beinahe greifen. Dazu meldet die Nase den typischen bitter-sauren Geruch Magnesium-haltiger Quellen (Marke: Bad Sauerbrunn). Man muss die Frucht hier fast schon suchen, so „knackig“ ist dieser Rosé, der praktisch nur aus Struktur zu bestehen scheint. Diese frische Art begleitet auch eine feine Mineralik, die den an Grapefruit, Kaktusfeige und Sternfrucht erinnernden Geschmacksbogen ordentlich spannt. Ein idealer Kandidat für einen sommerlichen Rosé-Spritzer – und definitiv was für Fortgeschrittene!
Den Töchtern Isabella und Louise wiederum haben Carolin und Ivan Batthyány die weiße Cuvée gewidmet. „Bellalou“ vereint Chardonnay und Sauvignon Blanc, die beiden mengenmäßig stärksten Sorten des 3,5 Hektar großen Betriebs. Die Prägung durch den Boden kann man bei diesem 2019er riechen: Das Salz und auch Pfeffrigkeit sind neben den gelben Früchten seine Signatur. Geologen wird das nicht wundern; das „Rechnitzer Fenster“ mit seinen marinen Sedimenten und Grünschiefer hat einen speziellen Boden. Zur Kaktusfeige und Zuckermelone gesellen sich folglich im Duft auch die marokkanischen Salz-Zitronen und eine „spicy“ ausgefallene Grundierung.
Der Geruch gibt hier auch eine Vorschau, wie sich „Bellalou“ am Gaumen anlässt: Ein saftiger und trinkanimierender Weißwein, der zwischen Melone, Stachelbeere und auch etwas Pomelo pendelt. Doch bei allem säurigen Druck sollte man auch den Abgang beachten: Im Finish wird es wieder würzig – Schabziger-Klee („Brotklee“) und Weißer Pfeffer runden neben einem attraktiv platzierten Gerbstoff die Cuvée ab. Übrigens: Pro verkaufter Flasche „Bellalou“ wird im Burgenland ein neuer Baum gepflanzt.
Und natürlich gehört zu einem Comeback in der südburgenländischen Weinszene auch Blaufränkisch. Er peppt die „Rote Cuvée“ auf, die er gemeinsam mit Merlot als internationalem Partner bildet. Während das Terroir von Rechnitz bei den erstgenannten Weinen kenntlich durchschimmert, hat man sich in Sachen Rotwein für einen „kalifornischen“ Stil entschieden. Der zarten Würze der Cuvée 2017 merkt man die Süße der Beerenfrüchte noch nicht an; Radicchio (!), getrockneter Steinpilz und etwas Graphit machen es dem Heidelbeer-Naserl nämlich nicht leicht durchzudringen. Doch es ist ein gewaltig vollmundiger Saft, den man bei Batthyány auf die Flasche gebracht hat. Anders gesagt, hier regiert der Merlot nahezu uneingeschränkt: Brombeeren und Maulbeeren, die saftigsten unten den dunklen Beeren, kleiden den Gaumen aus und tun das hemmungslos.
Allenfalls ein paar blättrige Akzente, ganz entfernt als Lorbeer zu identifizieren, halten hier dagegen. Der Rest besteht aus fruchtsüßer Opulenz, für die sie an einigen Exportmärkten sicher das Wörtchen „juicy“ gebrauchen werden. 2018 hat man diesen Stil ein wenig entspannter angehen lassen – dafür braucht diese Flasche noch deutlich mehr Zeit wie das Schmusekätzchen 2017 mit seiner Merlot-schwarzen Seele. Die Erwartungen an das adelige Keller-Comeback sind jedenfalls geweckt!
Bezugsquelle:
Weingut Batthyány, Pinot Noir Rosé Brut 2018 kostet EUR 12,50, die Cuvée „Bellalou“ ist um EUR 9,50 zu haben und die Rote Cuvée 2018 um EUR 17,50, alle im Webshop der Grafen Batthyány, www.weingut-batthyany.at