Was bitte ist ein Kobatl? Der steirische Ausdruck wird von Michael Gangl zwar erklärt, die genaue Übersetzung „Feldstück-Begrenzung-Teufel“ ist aber kein Bringer. Da kann der allgegenwärtige, gezeichnete Kobold-artige Racker schon mehr, den Roman Schmidt für das Weingut entworfen hat. Er steht für Lebensfreude und einen gewissen Schalk. Und auch für Unerschrockenheit. Denn das Wein-Abenteuer, das am Hof in Tieschen begann, nachdem man mit Früchten groß geworden war, scheint dem Kobatl auch aus den Augen zu blitzen.
Mit dem Besuch bei Toni Gangl und Sohn Michael startet auch eine Tour durch eine Lieblingsregionen in Sachen Wein. Denn das steirische Vulkanland ist herrlich unverbogen. Etliche Winzer entlang der Route 66, der Bundesstraße des Genusses, die sich an Sepp Zotters Schoko-Emporium ebenso vorbeischlängelt wie an der Vulcano-Schinken-Manufaktur, stiegen erst vor kurzem ein. Und sie waren klug genug, die Fehler der anderen nicht zu wiederholen. Es gibt keine Kost-Paläste, keine Monokulturen und auch dem allgegenwärtigen Sauvignon blanc der Steiermark steht man hier ein wenig reservierter gegenüber.
Immerhin stellte man mit Klöch immer schon die bundesweite Traminer-Hochburg und der Riesling ist auch kein Fremder in den Rieden des Vulkanlands, wo man privat am liebsten weißen Burgunder trinkt. Auch das hebt die Gegend ab, ohne sie gleich zum oenologischen „Gallischen Dorf“ hochzustilisieren. Was aber Winzer wie die Kobatl-Gangls mit ihren Mitstreitern verbindet, ist ein Bekenntnis zum minimalen Eingriff ins Weinmachen. Das muss nicht zwangsläufig im „Naturwein“ enden, den orthodoxe Bürstler mindestens so sehr wie das Versiegen der Veltliner-Quellen fürchten.
Wein, so bunt wie ein Hippie-Bully
Aber es sorgt für das Hinterfragen aller Entscheidungen. Bei Michi und Toni Gangl etwa stand am Ende ein ausschließlich auf den pilz-resistenten Rebsorten (PIWIs) basierendes Sortiment. Wie gesagt, der Kobatl ist frech und mutig. Das zeigt sich auch im optischen Auftritt. Lange genug ärgerte sich Michael Gangl – unter anderem am herrlichen Australien-Weingut Torbreck tätig – über Graphiker. Mittlerweile designed er selbst die Etiketten, „so wie sie zum Jahrgang passen“.
Bunt wie ein Hippie-Bully ist etwa der „Flower Power“, der 80% Muscaris und 20% Sauvignac vereint. Von den Gangls unkompliziert im Stahltank ausgebaut, bringt er auch blumige Noten mit. Duftig wie ein Krokus-Feld mit jungen Blüten, mischen sich auch Birne und Ananas in diese Wolke, die eigentlich eine Sprechblase darstellt: „Trink mich“ sagt sie – in nicht kleiner Schriftgröße. Na gut! Saftig und mit gelb-fruchtigem Schmelz lässt sich diese Cuvée an. Der Krokus hat diesmal seine Griffel alias Safran-Fäden spendiert. Die Würze ist aber Beiwerk zu einem trinkfreudigen Orangen-Geschmack, der dank eines zarten „Pfefferls“ auch recht lange anhält.
„Rumble in the jungle“ nennt sich ein anderer Wein des Duos, diesmal reinsortiger Sauvignac, in Tieschen. Der Name stammt keineswegs von einer „grünen“ Aromatik, wie wir gleich sehen werden. Sondern dem Wildwuchs der Reben dieser PIWI-Sorte oberhalb des Kobatl-Hofs. Die Nase entdeckt bei diesem 2020er Jahrgang zunächst extreme Cassis-Töne, was auf einen Elternteil der Neuzüchtung (den Sauvignon blanc) hinweist. Doch mit Rauch-Paprika (piment d’Espelette) und dem Geruch von Mango-Chips entfernt man sich vom Plakativen.
Der Kostschluck entwickelt sich immer mehr zu einer Durchdeklinierung von Tropenfrüchten; vor allem die Mango und – weniger offensichtlich – Passionsfrucht sind zu schmecken. Auch hier spendet aber Gelbe Paprika und eine feine Honigmelonen-Fruchtigkeit weitere Akzente. Wer es straffer will, greift zum 2019er, der mehr Apfel und Ananas aufweist, aber auch straffer und Kräuter-würziger (dieser Basilikum-Touch!) ausfällt. Überhaupt gibt es viel zu verkosten, etwa auch die PIWIs Bronner und Souvignier gris in Reinform und als Jahrgangsübergreifende Cuvée (2018 und 2019) namens „Out of space“. Klugerweise hat man mit „Grean&Lounge“ auch eine alternative Heurigen-Variante bei den Gangls eingerichtet. Alle 14 Tage, immer in den geraden Wochen, wird jeweils von Donnerstag, Freitag und Samstag Gutes und Buntes verkostet.
Aber vorsichtig, hinter den historischen Kanadiern, die das Herz jedes Vintage-Möbel-Freundes höher schlagen lassen, lacht natürlich wieder er. Der KOBATL!
Bezugsquelle:
Kobatl, „Flower Power“ 2020 kostet EUR 18, der „Rumble in the jungle“ ist ebenfalls um EUR 18 zu haben, beide ab Hof, www.kobatl.at