Die Neuzugänge – Wiener Weisse und Carnuntumer Rote – unter den Lagenweinen der Österr. Traditionsweingüter (ÖTW) haben wir schon vorgestellt. Aus dem „heartland“ der Vereinigung, dem Donau-Land samt den Nebenflüssen Traisen und Kamp, begannen wir mit den Rieslingen (hier nämlich). Es wird also Zeit für die Grünen Veltliner, die beim Kostmarathon (68 Sortenvertreter waren es) im Schloss Grafenegg aufzeigten. Dass das bei so vielen Versionen der 36 ÖTW-Mitgliedern aus vier Gebieten (Wagram, Kamptal, Kremstal und Traisental) nur eine subjektive Auswahl sein kann, ist klar. Aber sind das nicht alle Wein-Empfehlungen? Eben, also frisch ans Werk!
Und „frisch“ ist auch das Stichwort zu Petra Ungers Veltliner „Oberfeld“. Wie Orangenspalten, die soeben aus der Schale gebrochen wurden, duftet dieser 2018er. Dazu kommen die reiferen Noten von Honigmelonen, Nuss-Schokolade und Zwergorangen. Der Vorgänger-Jahrgang holte den SALON-Sieg und auch die aktuelle Auflage ist bestechend gut: Der „Oberfeld“ liefert ein tolles Spiel zwischen Säure und Frucht und das auf dem obersten Reife-Plateau. Die „süß-saure“ Grundierung darf man sich wie Peperonata (oder süßeres Letscho) vorstellen. Wieder sind aber auch nussige Noten darunter, die zum großen Trinkanimo dieses Veltliners beitragen. Und auch wenn Unger ihre Internet-Präsenz karg hält – suchen Sie diesen Wein, er ist auch unser Preis-Genuss-Sieger der Folge 4 der ÖTW-Verkostung.
Zur „Veltlinerin“ gegendert – und hoch elegant!
Und wir bleiben im Kremstal. Hier wird sogar der Veltliner „gegendert“, allerdings mit einem Augenzwinkern, denn das „Veltlinerin“ nimmt bei Sepp Mantler den Rieden-Namen „Moosburgerin“ auf, es soll aber auch auf die „weicheren, eleganteren Weine“ aus der Lage hinweisen. In diesem Punkt ist dem Winzer recht zu geben, denn der 2018er riecht nach frisch geschnittenen Mango-Würferl, Papiernüssen und – zarter – auch nach Kurkuma.
Die Säure der Jugend webt hier ein elegantes Netz, in dem sich allerlei Früchte heimtragen lassen. Als da wären: Papaya und Nektarine, aber auch erneut die Nüsse. In seiner herben Fruchtigkeit erinnert die „Veltlinerin“ an so manche Haus-Nuss beim Wirt des Vertrauens. Denn auch Piment, etwas Zimt und Tabakrauch mengt sich in diesen animierend schlanken Wein. Garantiertes Potential – und unser Tipp für allem, die die 2018 nicht „derwarten“ können.
Übrigens: Wem das zu verspielt ist, der sollte sich an den cremig-reifen „Spiegel“ vom Mantlerhof halten: Melone, Ananas, Milchkaffee und ein Touch Erdnussbutter spenden hier Freude für den Gaumen.
Mitunter, dieses „Geheimnis“ darf man verraten, war die Beschreibung der Weine mit vier, fünf Worten getan. Beim „Pellingen“ von Martin Nigl hingegen stellt sich fast eine „écriture automatique“ ein – da kam immer mehr an Nasen- und Gaumeneindrücken via Rollerball aufs Papier: Kurkuma und gegrillter Spargel induzierten Rauchigkeit, der Anflug von Currypulver die Würze und die Kaki, in ihrem gelben Schmelz schon fast wie ein Marmor-Gugelhupf duftend, notierten wir ebenfalls. Präzise und feingliedrig ist dieser Kremstaler Veltliner, der in jeder Faser ein Zerrissener zwischen Frucht und Würze ist. Mal kann es Zitronenpfeffer sein bei diesem Janus-Kopf aus dem Nigl-Keller. Mal wieder fruchtiges Curry, dann wieder mengen sich fast kreidig-kühle Töne in den zart tropischen Fruchtmix. Beachtlich ist die Harmonie dieses noch jungen Weins, der für uns einer der wirklich herausragenden Veltliner der Grafenegger Probe war!
Kein Leicht-Gewicht ist der „Seeberg“, den Georg Leindl (manchen noch als Önologe bekannt) auf seinem eigenen Weingut in Zöbing 2018 geerntet hat. Von der bekannten Lage mit dem Glimmerschiefer kommen sehr frucht-intensive Weine, so die Lehrmeinung im Kamptal. Doch die Intensität von Mango-Lassi und Holunderblüten ist dann eine eigene Liga. Dem animierenden Duft folgt eine ebenso tropenfruchtige Erstbegegnung am Gaumen: Diesmal ist es ein Passionsfrucht-Zug, der einfährt. Das Ganze wirkt trotz der Jugend und Power von 14,5% Alkohol „wie gewachsen“. Denn die Säure und ein ganz leicht angedeuteter mineralischer Zug stützten dieses mächtige Fruchtgewölbe. Ein großes Versprechen ist der Wein, ein Name zum Merken ist der des Weinguts!
Bezugsquellen:
Unger Weine, Grüner Veltliner „Oberfeld“ 2018 führt um EUR 18,90 der Spezialist „Feine Weine“, www.feine-weine.at
Mantlerhof, Grüner Veltliner „Moosburgerin“ 2018 ist um EUR 16,50, der „Spiegel“ 2018 um EUR 21,40 zu erstehen, beide ab Hof bzw. im Web-Shop, https://mantlerhof.com
Weingut Nigl, Grüner Veltliner Privat „Pellingen“ 2018 kostet EUR 28,56 beim Versandhandel Vinorama, www.vinorama.at
Weingut Leindl, Grüner Veltliner „Seeberg“ 2018 ist um EUR 24 ab Hof bzw. im Webshop erhältlich, www.weingutleindl.at