Trinken wir auf den Kaiser! Da staunen die Gäste am ersten Wiener Rum-Fest nicht schlecht, als sie das Label der Rum-Flasche, die Michael Mattersberger ihnen reicht, genauer lesen. Denn zwischen barbusiger Meerjungfrau und Anker steht da glatt ein Lob Kaiser Franz Josef I. Nachdem die K.u.k. Marine eine der weltgrößten (globale Nr. 6, sagte man anno 1914) darstellt, hatte sie auch ihren Marine-Rum. Und der kam in den Häfen von Triest, Fiume und Cattaro mitunter aus dem tiefsten Binnenland, konkret aus Buchsdorf (heute: Buková), einer Rotte des tschechischen Grenzortes zu Polen, Barzdorf, dem heutigen Bernartice).
Von Österreichisch-Schlesien aus belieferte die 1863 gegründete Destille des Albert Michler ihre Kunden in der Monarchie. Neben dem Kräuterlikör „Buchsdorfer Bitter“ war vor allem der Import von Rum aus Jamaica eines der Standbeine des Unternehmens, das heute Geschichte ist. Im „Deutschen Reichsadressbuch für Industrie und Gewerbe“ aus dem Jahr 1940 wird die Firma im Nazi-besetzten Tschechien noch als „Likörfabrik und „Landwirtschaftliche Spiritusbrennerei mit Raffination“ geführt, mit der Vertreibung der deutschsprachigen Bevölkerung nach dem Zweiten Weltkrieg endet auch diese Brenn-Tradition.
Wieso aber gibt es dann plötzlich einen „Austrian Empire Navy Rum“? Nun, weil dessen „Heimathafen“ heute in der Upper Belgrave Road in Bristol liegt. Es ist also immerhin eine Hafenstadt, in der man sich entschied, die Seefahrtstradition und ihr Leibgetränk wieder aufleben zu lassen. Der Einstieg in diese Welt besteht in einem Rum-Blend, der aus Barbados stammt und als „Reserva 1863“ das Gründungsjahr von Albert Michler’s ursprünglichem Standort zitiert. Dieses Basis-Produkt für die Seebären, bringt eine ausgeprägt Dörrobst-Nase mit: Aus ihr lassen sich vor allem getrocknete Pfirsiche herauslesen, der Nougat als rum-typischere Duftnote folgt umgehend.
Süß im Antrunk, gibt der Austrian Empire Navy Rum erst allmählich eine Milchschokolade-Aromatik preis. Sie kleidet den Mund angenehm sanft aus. Gegen Ende wird es dann würziger, die See wird rauher, könnte man eine Parallele zur Marine ziehen: Dann bricht sich einerseits eine gewisse Pfeffrigkeit die Bahn, es sind aber auch „hard spice“-Noten wie Muskatnuss und Piment zu schmecken im 40%-igen Einsteiger-Rum aus Bristol.
Die älteren Qualitäten stellen ein 25-jähriger und ein 21-jähriger Solera-Rum dar, wobei letzterer mit seiner Trockenheit (Zedernholz-Kiste und Leder sowie dunkle Schoko im Duft; Kakao und Orange am Gaumen) dem klassischen Rum-Freund vielleicht nicht ganz gefallen dürfte. Wir hielten uns jedenfalls an den „18 years“, den vierten Rum im Sortiment, der ebenfalls im Solera-Verfahren gereift wurde. Konkret passiert das in der Dominikanischen Republik. Der älteste Anteil ist also 18 Jahre, er befindet sich aber in einer aus drei Reihen bestehenden Fass-Konstruktion, die laufend mit jüngeren Destillaten aufgefüllt wird. Ein Teil der Melange aus älterem und jüngerem Destillat im untersten Fass wird hingegen herangezogen, wenn es um die Abfüllung geht.
Mit einem Duft zwischen Butterkaramell und Macadamia-Nüssen, in den sich als Fruchakkord roter Apfel mischt, beginnt der in der Dom. Rep erzeugte „Michler’s“. Das Mundgefühl ist deutlich schwerer, viskoser als beim Barbados-Rum, viel Schokolade und eine an Milchcreme erinnernde Art werden von der leichten Schärfe abgelöst, mit der der „18 years“ ausklingt: Noten von weißem Pfeffer, aber auch salzigen Erdnüssen verleihen ihm ein langes Finish. Vielleicht hört man nach ein paar Gläsern davon sogar das Meer rauschen…
Bezugsquelle:
Michler’s Austrian Empire Navy Rum, „Riserva“ ist um EUR 32,90 (0,7 Liter), der „Solera 18 yrs.“ um EUR 39,90 bei Weisshaus erhältlich, www.weisshaus.at