Dass der St. Laurent seine weltgrößte Anbaufläche in der Thermenregion besitzt und Pinot Noir prächtig gedeiht, hat sich dank der Burgundermacher herumgesprochen. Allerdings haben die meisten der Mitglieder auch Heurigenbetriebe und da geht natürlich auch viel Weißwein weg. Doch der hat allemal auch Potential – und zum Beweis schenkten die acht Winzer einmal ein, was sie 2014 ernteten. Das Jahr war anders als in weiten Teilen Österreichs nicht gänzlich katastrophal, einmal half der Schotter des Steinfelds, der die überreichen Regengüsse abfliessen ließ (während sie der Löss des Wagram etwa wie ein Schwamm speicherte).
Beginnen wird der – auch in Weiß meist burgundische – Reigen unserer Favoriten aber mit einem 2015er. Er hat es verdient. Der jüngste Wein im Weißwein-Füllhorn der Thermenregion war nämlich gleichzeitig der mit dem größten Potential. An sich eine Null-Aussage, wäre Georg Schneiders Weißburgunder nicht bereits jetzt so verführerisch. „Sesam vom Fladenbrot“ notierte ein Verkoster orientalisch blumig und tatsächlich erinnert der 2015er Pinot Blanc aus Tattendorf an eine Mischung aus süßen und würzigen Noten, wie sie die osmanische Küche prägten. Doch statt Marille und Kreuzkümmel riecht es hier nach Borretsch und Melone, Estragon und Papaya. Der zarte Tropenfrucht-Anklang bleibt auch am Gaumen erhalten, die Reife des Jahrgangs lässt aber kurz auch an Himbeer-Püree denken. Was niedergeschrieben nach einem breitschultrigen Burgunder klingt, wird durch einen final noch merklichen Gerbstoff aber zu einem animierenden Wein. Wie gesagt, man muss sich der Faszination seines Dufts noch ein paar Monate entziehen, aber das Potential ist bei diesem Bio-Burgunder groß.
Gleich eine Burgunder-Cuvée serviert der Teesdorfer in der Burgundermacher-Riege, Johann Gisperg; der „Exklusiv“ des Jahres 2014 vereint Chardonnay, Pinot Blanc und Pinot Gris in einer 13%-igen Melange, die im kleinen Eichenfass reifte. Exotische Noten wie Ananas sind von Anfang an da, dazu sattes Karamell der Fasslagerung, Sesam und etwas Kreidestaub. Auch der erste Schluck bringt Butterkaramell satt auf die Zunge. Saftige Blutorange, etwas Butterkeks und eine milde Säure bringen mächtiges Aroma, doch hier ist sicher noch ein wenig Zuwarten gefragt. Dann belohnt der Burgunder Exklusiv sicher die Geduldigen.
Kreidigkeit oder „Fettn“, an der Südbahn hat man beides drauf
Mit einem Duft nach Käsepappel, der rasch harmonischer wird und kreidige Noten freigibt, zeigt sich der Weissburgunder von Günther Dopler. Würzig nach weißem Pfeffer und etwas Koriandersamen duftet dieser günstig kalkulierte Pinot Blanc. Auch am Gaumen kommt die feine mineralische Art durch, neben der säuerlichen Frucht, die an Zesten und Apfel erinnert, schwingen auch genug an kalkigen Noten mit im Regenjahrgang 2014. Kurz: ein knackiger und süffiger Vertreter der gerne unterschätzten Sorte, der zeigt, dass es nicht immer üppiger Weißer sein muss im Rotgipfler-Land an der Südbahn.
Womit wir bei der einheimischen Paradesorte wären, auch wenn die meisten Tattendorfer Winzer sie natürlich jenseits der Bahnlinie rund um Gumpoldskirchen stehen haben. Denn dort hören vermehrt Winzer auf, die Nutznießer sind die Rotwein-Kings. Für die Weintrinker bedeutet das weiterhin saftig-tropische Gewächse aus dem Heurigenort, auch wenn dafür ein Mann verantwortlich zeichnet, der z. B. in Oberwaltersdorf sitzt. Heinrich Hartls Rotgipfler riecht nach Honig und Zuckermelone, die Überraschung bringen aber die Noten ein, die seinen 2014er ungewöhnlich machen: Eukalyptus und eine an den alten Kino-Snack „Sportgummi“ erinnernde grüne Frische peppen den oft behäbigen Rotgipfler auf. Der Kostschluck fällt erwartungsgemäß vollmundig aus, saftig nach Papaya schmeckt dieser Wein, der auch in zwei Jahren noch Spaß machen wird. Ein „Mäuvoll“ Wein, das so ganz anders ist als die filigranen Pinots des Hauses!
Bezugsquellen:
Georg Schneider, Weissburgunder 2015 ist ab Hof um EUR 7,50 erhältlich, www.weingut-schneider.co.at
Johann Gisperg, Burgunder „Exklusiv“ 2014 kostet EUR 9,50 ab Hof, www.weingut-gisperg.at
Dopler, Pinot Blanc 2014 kostet EUR 5,80 ab Hof, www.tattendorf.at/dopler
Heinrich Hartl, Rotgipfler 2014 ist um EUR 9,60 ab Hof erhältlich, www.weingut-hartl.at