Poysdorf ist irgendwie das riesige Weinviertel, auf einen Ort verdichtet. Herrliche Querdenker finden sich in ihm ebenso, wie es brave Reben-Abarbeiter bewohnen und vereinzelt die Schleusenöffner der pfeffer-würzigen Veltliner-Flut. Dass Monika Neustifter und ihr Vater Karl leidenschaftlich gerne neue Wege beschreiten, merkt schon der flüchtige Webseiten-Besucher. Die komplette Homepage – bis hinunter zu den derzeit leider wie überall recht leeren „Termíny akcí“ – auf Tschechisch anzubieten, zeugt von Respekt für die Nachbarn. Dass sich bei der Sortenübersicht auch Blaufränkisch (!) und Pinot Noir finden, unterstreicht die Selbstvorortung der Biowinzer abseits der ausgetretenen Pfade.
Man denkt zudem ganzheitlich. Mit Hotel, Bio-Landwirtschaft und der Wein-Küche, die Sohn Roman leitet, hat sich ein ziemliches Genusszentrum etabliert. Doch zurück zu den beiden Winzer-Generationen und ihrer Lust zu überraschen. Diese zeigte Karl Neustifter nicht nur mit seiner Stockkultur, zu deren kleiner Fangemeinde er in Wein-Österreich gehört (Details haben wir hier). Vater und Tochter bekennen sich wie gesagt auch zum Rotwein und haben allein vom Cabernet Sauvignon drei Varianten im Keller. Der Reifebeginn, der sich in seinem Winzer-Leben deutlich verschoben hat, gibt ihnen dabei recht: „2018 hatten wir die früheste Lese überhaupt“. Die Weine reifen zwar auch im Weinviertel aus, allerdings macht die Säure mitunter Sorgen. Im Falle der Neustifter’schen „Ried Maxendorf“ aus dem Ausnahmejahr 2018 ist davon aber nichts zu merken.
Ein Jahr schliff das große Holzfass diesen Poysdorfer Rotwein zurecht. Und was nun ins Glas kam, stellt eine echte Freude für „CS“-Freunde wie Neustifter senior dar. Auch wir verkosteten mit einem solchen – und das Zungenschnalzen war hörbar. Wobei dieser Cabernet Sauvignon nicht bereit ist, die Sorten-Klischées der Skeptiker (der „Paprika-Saft“ hat ja nicht nur Freunde!) zu erfüllen. Und somit nicht nur „eh okay für einen Weinviertler“ ausfällt. Sondern ein genussreifer Rotwein ist, der aktuell gut zu trinken ist.
Sehr dunkel fließt der Weinviertler „Cab“ ins Glas. Und auch aromatisch erinnert er an eine Mignon-Schnitte. Doch natürlich wäre es kein Cabernet, wenn nicht auch Cassis und gedämpfte Paprikaschote dabei sind. Auch damit kann der Neustifter aufwarten, spart sich aber das laute „Ich bin CS!“-Brusttrommeln. Ist ja kein Impf-Vordränger, sondern seriöser Rotwein! Das zeigt auch die feine Würze, die an Tonkabohne und grünen Pfeffer erinnert mit ihren sowohl süßen, als auch würzigen Noten.
Auch im Mund lässt die Paprika anderen gerne den Vortritt. Womit sich die Amarena-Kirsche breit macht mit einem saftigen Auftakt, auch etwas Brombeere lässt sich schmecken. Erst danach kommt die sortentypische Tönung, die aber hier die Farbnuance „Paprika edelsüß“ angenommen hat. Sie würzt nur, macht aber nicht den Charakter des 2018er „Maxendorf“ aus. Denn der hat mehr zu bieten. Unter anderem eine trockene Art, die vom Schwarzen Pfeffer im Finish noch unterstrichen wird. Und auch keine Sekunde einen Gedanken an die angeblich 14,5% vol. dieses Weins aufkommen lässt.
Der wertige Rote verdient auch eine ähnliche Speisenbegleitung, wenn man ihn nicht solo genießt (wobei sich da die Flasche schnell leert!). Zum Glück braucht man da nur eine Empfehlung von Steirereck-Altmeister Adi Schmid zu zitieren. Der legendäre Sommelier schloss sein persönliches Trinkprotokoll so: „Ein saftiges Hirschrückensteak dazu und der Sonntag ist gerettet“.
Bezugsquelle:
Weingut Neustifter. Cabernet Sauvignon „Ried Maxendorf“ 2018 kostet EUR 19,80 ab Hof bzw. im Webshop der Weinviertler, www.weingut-neustifter.com