Während sich der erste Teil unserer kleinen Austro-Whisky-Serie im „heartland“ der heimischen Szene, dem Waldviertel, umtat, lockt nun der Süden. Relativ gesehen. Doch in der Südost-Steiermark hat David Gölles und sein House of Whiskey, Gin und Rum eine wichtige Facette des heimischen Getreidebrands praktisch potenziert. Das so genannte Fass-Management wird in der alten Kegelbahn, die in ihrem zweiten Leben als Reiferaum heute 40 verschiedenene Fass-Arten umfasst, exzessiv zelebriert. Wobei man dabei auch das Ausgangsmaterial nicht vergessen sollte. Denn auch bei den Getreiden – Dinkel oder Weizen gibt es im Vulkanland als reinsortige Brände – folgt David dem experimentellen Weg seines Vaters. Schon Alois Gölles, Meister der Fruchtbrände und -Essige, hatte nämlich geheim Whisky gebrannt. In dem Sinne, dass er ihn nie verkauft hat. Diese Premiere blieb dem Junior mit seinem Brexit vorbehalten. Den gibt es nicht mehr, aber das Whiskey-Machen mit „ey“ mehr denn je.
Doch von allen Getreiden interessiert Gölles (kl. Bild) die Gerste am wenigsten. „Unser Getreide ist der Woaz“, leitet er bei Verkostungen gerne ein. Und in der Tat gibt es wenige reine Mais-Brände, am bekanntesten ist vielleicht noch der Mellow Corn aus den USA, der hier gerne als Kuriosität verkostet wird, um den Unterschied zum Bourbon zu erkosten. Speziell wird es aber wenn der „Corn“, wie man bei Ruotker’s auch die Getreide englisch auf den Etiketten anführt, noch ein Fass-Finish erfährt. 411 Flaschen gehen sich gerade aus mit diesem Fass, in dem der 100% Maiswhisky nachreifte. Die Provenienz läßt vor allem Rotweinfreunde mit den Ohren schlackern: Perwolff von Reinhold Krutzler befand sich ursprünglich in dem Gebinde! Es kam fast noch triefnass zum Befüllen nach Riegersburg, das zum Glück nicht weit vom Südburgenland entfernt ist. Telephonate zur rechten Zeit und präzise Logistik zwischen Weingut und Brenner waren die Basis für einen einzigartigen Whisky.
Die Mais-Süße und das Holz ist hier mit dem Malz in einen Dreikampf der Duftnoten verstrickt. Am schwierigsten ist die fruchtige Komponente festzumachen. Sie zeigt mal den Duft der Schalen-Seite von Popcorn, dann wieder klarer eine Ingwer-Note und bisweilen erinnert sie auch an unreife Marillen. Und macht man die Augen zu, erscheint auch ein frisch ausgepackter „Juicy Fruits“-Kaugummi über dem Glas (natürlich ein AWA-Kostglas!). Räumt man derlei analytische Träumereien beiseite, dann ist es auf jeden Fall ein angenehmer Duft. Und einer, der auch Whisky-Skeptiker versöhnt, die meist ja schon den Eichenholz-Geruch und die Schärfe gelagerter Spirituosen nicht mögen.
Der „Corn“ beginnt auch sofort mit dieser leicht süßen Fruchtigkeit, die nicht klar zu benennen ist. Die Würze fächert sich am Gaumen erst später auf. Erst ist da nur eine helle Röstigkeit, die an Baguette-Kruste erinnert. Dafür bleibt die tiefere Sekundär-Aromatik des Krutzler-Fasses dann umso länger. Der pfeffrige Hall, den man schnell von anderen Whiskys zu kennen glaubt, hängt nämlich noch zwei Runden dran. Erst gibt er einen Schwung Kokosraspel ab; ganz am Ende wird es dann noch kurz rotbeerig. Ein wohliges Nougat-Gefühl bleibt am längsten haften.
Wenn man erneut das „geistige Auge“ bemüht, dann klingt der Mais-Whisky wie ein Vollkornkeks mit Schokoguss aus: würzig, trocken, aber doch auch sanft verpackt. Ob da jetzt der „Woaz“ den Eisenberger Wein verpackt oder der Rotwein die Popcorn-Röstung zähmt, ist egal. Sobald der Kopf einmal genießerisch in den Nacken gelegt wird, um den „Corn“ nachwirken zu lassen. „Great Cinema, man!“ – oder wie das in Kentucky heißt.
Bezugsquelle:
Ruotker’s, 100% Corn (Krutzler Perwolff Finish) ist um EUR 79,90 im Webshop von David und Alois Gölles erhältlich, https://shop.goelles.at