Négociant, was ist das bitte? In der Praxis kann sich ein Händler so bezeichnen, wenn er Weine eines Winzers unter dem eigenen Namen vermarkten will. Wobei der Terminus in der Regel mehr bezeichnet als ein reines Handelslabel. Denn in der Regel greifen jene Liebhaber, die ohne Weingärten eigene Abfüllungen erzeugen wollen, auch kräftig in die Vinifikation ein. Im Idealfall entstehen dann Weine, wie sie das Mastermind dahinter gerne trinkt.
Was in der Bierszene – dort heißen die Hersteller ohne Brauerei „Wanderbrauer“ bzw. „gypsy brewer“ – durchaus üblich ist, kennt man beim Wein hierzulande kaum. Fiona Figlmüller, aus der Wiener Gastro-Dynastie (ja, die mit dem Riesenschnitzel und der Werbung am Flughafen!) stammende Sommelière, beschreitet diesen Weg nun zum zweiten Mal; ein Wiener Rosé, dessen Traubenmaterial Fritz Wieninger lieferte, stellte den Auftakt dar.
Nun kommt mit dem „Fumé Blanc Calcaire“ ihr erster Weißwein auf den Markt, Partner war diesmal Armin Tement. Neugierig auf diese Kooperation machte uns vor allem die Riede, denn der „Fossilni Breg“, Tements eigene Abfüllung von den Muschelkalkböden der Lage Ciringa wurde hier bereits gewürdigt. Die Mineralität dieses als Fortsetzung der Paradelage Zieregg anzusehenden Weingartens hat es auch Figlmüller angetan, wie sie erzählt: „Ich bin absolut überzeugt von dieser großartigen Lage und dem Potenzial des Mikroklimas dort. Das war mir weitaus wichtiger als die Seite der Grenze, von der der Wein stammt“.
Mineralik oder Mineralität? Völlig egal!
Nun, auch hinter dem Fumé Blanc verbirgt sich letztlich Sauvignon, doch der Ausbau unterscheidet ihn von Tements eigener Füllung. Spontanvergoren und im großen Holzfass ausgebaut, ruhte der Wein knapp 15 Monate auf seiner Hefe im Fass, ehe er unfiltriert in dunkle Burgunderflaschen gefüllt wurde. Warum dann nicht Sauvignon Blanc am Etikett steht? Die Kunstbezeichnung stammt aus Kalifornien, wo man in Anlehnung an den französischen Pouilly Fumé solche Sauvignons kennzeichnen wollte, die nicht üppig bis süß daher kamen. Zur kalkigen Note und dem Ziel Figlmüllers, der eher ein filigraner, Sancerre-artiger Typ Weißwein vorschwebte, passt das etwas ungewohnte Synonym also.
Womit wir zwar wieder ein paar Weinvokabeln gelernt hätten, wie aber macht sich der „Fumé Blanc Calcaire“ 2013 jetzt im Glas? Es beginnt „steirisch“: Zitruszesten signalisieren Frische, dazu kommt die kreidige Note des Muschelkalk-Bodens, aber auch eine geballte Ladung Kräuter läßt sich erschnuppern, vor allem Koriander. Doch mit der Zeit dreht diese Stilistik, ab einem gewissen Punkt ist plötzlich Rauchigkeit da. Kein Wunder, dass „Madame La Négociante“ Figlmüller ein Burgunderglas als optimales Gebinde empfiehlt. Da kann der „Calcaire“ seine Stärken ausspielen.
Der erste Schluck vibriert vor Mineralität. Dieses gerade heuer so stark diskutierte Thema (Leitfrage: Nimmt der Wein wirklich Mineralien auf, die man schmecken kann?) soll man bitte mit diesem Sauvignon in der Hand abhandeln. Wenn das nicht mineralisch ist, egal was die Geologen und Pflanzenphysiologen sagen, dann ist es uns auch egal. Der Wein vibriert fast vor dieser Lebendigkeit; wäre er ein Film-Bild, dann würde der Staub über dem Kalkboden flirren und bedeutungsschwanger liefe etwas von Ennio Morricone als Soundtrack dazu. Die Säure ist in diesem Stadium noch recht lebendig, unheimlich ausgeprägte Maracuja, aber auch die Pink Grapefruit fällt einem ein – man merkt: wir bewegen uns abseits aller grasigen Sauvignon-Noten. Auch hier läßt die Zeit aus dem ersten Ungestüm einen vollmundigeren Schluck entstehen, die 12,5 Prozent Alkohol sorgen dafür, dass die Leichtigkeit nie ganz verloren geht.
Als Begleiter zu Meeresfrüchten oder asiatischer Küche würde ihn Fiona Figlmüller empfehlen, das läßt sich nachvollziehen, wobei auch eine schöne Saltimboca Spaß machen sollte dazu. Das sei aber nur der Vollständigkeit halber erwähnt, denn man benötigt zu diesem Wein eigentlich nur eines: ein Glas. Dank Glasstopfen – elegant in schwarz wie die Flasche gehalten – entfällt hier sogar der Korkenzieher.
Bezugsquelle:
Fiona Figlmüller, Fumé Blanc „Calcaire“ 2013 wird in den Figlmüller-Betrieben „joma“ und „Lugeck“ in Wien 1 serviert, via Homepage kostet die Flasche EUR 24, www.fiona-figlmueller.at