Jetzt ist die Tiroler Agavenbrand-Familie also eine fünfköpfige. Zu den drei Totenkopf-Verschlüssen, die Padre azul unverkennbar machen und dem Jaguar als Flaschen-Stopfen des Mezcals (hier unsere Kostnotiz zum „Xiaman“) gesellt sich ein Kristall-Stopfen. Dazu muss man ein bisschen ausholen in der Geschichte der Compadres, wie sich die Eigentümer nennen und zu denen sich unlängst Arnold Schwarzeneggers Neffe Patrick Knapp-Schwarzenegger gesellte. Denn auch wenn ganz im Einklang mit dem mexikanischen Regulativ in Jalisco ein 100%iger Weber-Agaven-Brand oder „puro Agave“ produziert wird: Die Wiege des Blauen Vaters – das bedeutet „Padre azul“ schließlich – stand in Tirol. Von hier aus wurden die ersten drei Abfüllungen in die (Bar-)Welt hinaus entlassen.
Bislang stellte dabei der Añejo (18 Monate gereift) die Spitze der Alterspyramide der drei Tequilas – Blanco und Resposado gibt es auch – dar. Dessen Agaven-Honig-Duft erinnert an Kaffee-Zigarillos, er weist aber auch eine zarte grüne Note auf – Thai-Basilikum beschreibt sie wohl am besten. Die Vanille könnte man auch noch erwähnen, doch sie ist noch präsenter im Antrunk des Añejo. Dazu gesellt sich die leicht prickelnde Muskatnuss-Würze, vor allem aber ist da Schokolade. Viel Schokolade! Ihr softer Schmelz wird von Schwarzem Pfeffer unterbrochen und einer Rosinen-Süße ergänzt. Der lange Hall dieses Tequilas gehört dann wieder einer Schokocreme (mit leichter Milky Way-Anmutung). Schärfe? Rauhheit? Fehlanzeige!
Der noch ältere Padre azul bringt einen Tiroler Kooperationspartner ins Spiel, denn hier wurden die ikonischen Totenköpfe aus Swarovski-Kristall gefertigt. Die händisch zugeschliffenen Stopfen für die 1000 Flaschen des „Cristalino“ schützen einen wasserklaren Tequila. Der ist aber kein billiger (weil nur minimal gelagerter) Blanco, auch wenn es so aussehen mag. Sondern ein mit Filterung entfärbter Agavenbrand, der sogar hart an der mexikanischen Untergrenze für einen Extra Añejo schrammt. Für diese Qualitätskategorie sind 36 Monate Lagerung vorgeschrieben, der „Cristalino“ reifte 35.
Dieser entsprechend hochpreisige Tequila mit dem Kristallkopf bringt eine frische Kopfnote (Wortspiel!) mit, die an Erdbeerblätter erinnert. Der olfaktorische Kern besteht aus Salzkaramell und etwas Zigarrenrauch. Deutlich weniger Süße, als sie das bisherige Tequila-Trio mitbrachte, steht beim „Cristalino“ zu Buche; das unterstreicht auch die Limettenzeste im Duft.
Der erste Schluck liefert Kokosraspel und weißen Pfeffer, überhaupt ist viel würzige Struktur dar. Denn auch grüne Chilis (Jalapeño) meldet der Gaumen, während die süßen Noten spät einsetzen. Sie sind auch nicht unbedingt Agaven-typisch, sondern gemahnen hier eher an Waldhonig. Der Nachhall vereint dann die Cremigkeit mit Intensität und Würze – die Tiroler Tequila-Rarität klingt aus wie ein Espresso Macchiato. Und auch dieser Schlussakkord unterstreicht – quasi kristall-kar – den Eindruck, den bisher trockensten und komplexesten Padre azul im Glas zu haben. Und auch den exklusivsten.
Bezugsquelle:
Padre azul, „Añejo“ kostet EUR 99 (0,7 Liter), der limitierte „Cristalino“ ist um EUR 1.000 zu haben, beide im Webshop der Compadres, https://padreazul.com