Wer einmal in Sterzing war (nein, Durchfahren am Weg nach Süden zählt nicht!), kennt auch Mair&Mair. Das Delikatessenhaus in der pittoresken Fußgängerzone widmet sich seit einem guten Jahrhundert den ebenso guten Weinen. Dass Georg Pardeller, der bei „Wein&Co.“ tätig war und nun daheim in Südtirol arbeitet, in Österreich gut vernetzt ist, merkte man im Hotel Regina. Denn Mair&Mair präsentierte bei der Selezione Italia einen Querschnitt seiner italienischen Lieblinge – und bewußt keine alten Bekannten aus dem Alto Adige/Südtirol.
Dafür kam eine Novität wie der Cannonau-Rosé des aufstrebenden Weinguts Siddùra zum Ausschank. Den dickschaligen Gerbstoff-Bomber aus Sardinien mal als Rosato (Rosé) zu servieren, muss einem einmal einfallen. Und wenn das Team um Massimo Ruggero das macht, dann auch ordentlich. Also kein Wasserl, sondern ein mit 13,5% gefüllter Wein, der auch nicht als Saftabzug „nebenbei“ vinifiziert wurde, sondern als Rosé gepresst wurde – eine weinige Machart, die auch im Preis über vielen lustigen „Barbie-Weinen“ liegt. Aber, wie die Winery stolz vorrechnete: Die Produktion 2018 war in einer Woche ausverkauft!
Himbeeren und Pink Grapefruit bilden den fruchtigen Part der Aromen, Lorbeer-Blatt und eine insgesamt leicht herbe Anlage ergänzen den Duft. Der Zitrus-Biss von diversen Zesten ist in der Sekunde da beim 2018er Wein namens „Nudo“ – und der „nackte“ Rosé setzt mit einer roten Frucht-Injektion diesen säurigen Bogen fort: Weichseln verstärken den leicht herben Charakter des Siddùra-Weins. So weit, so gut, Zitrusnoten und Himbeere sind so was wie das Grund-Strickmuster vieler Rosés und nicht erwähnenswert als flüssiges „Paiper“-Eis. Doch die Sorte spielt ihren Trumpf am Ende aus: Der Gerbstoff rundet diesen sardischen Wein ab, in dem leichte Oliven-Lorbeer-Akzente dafür sorgen, dass man mehr will. Wo anderswo Salz sitzt und zum Weitertrinken animiert, hat der Cannonau ein kräutrig verbrämtes Bitterl. Un rosato serio, täten’s daheim auf der Insel wohl sagen.
Näher zu uns wächst der Pinot Grigio, den Signore Pardeller vom Friulaner Weingut Lis Neris mitgebracht hat. Es war mal einer unserer liebsten Fischweine, wenn die Weinkarte bei Ami Scabar in Trieste wieder einmal überforderte. Auch hier ist es der 2018er, der ins Glas kommt. Und während zwischen den beiden Sauvignon Blancs (der lautere „Isonzo“ und der kräutrig-elegante „Picol“) aus San Lorenzo Isontino ein Expertenzwist entbrennt, ist hier alles klar. Denn auch vom Grauburgunder gibt es zwei Linien, doch das Einstiegslevel „Isonzo“ weiß bereits zu überzeugen: Rauchig wie Zündholzschwefel, dazu auch etwas Kerbel, der übereinen duftigen Kern aus kühler Birne gestreut wirkt, steht zu Buche.
Bevor man hier noch einen bestimmten Geschmack wahrnimmt, lebt hier der trigeminale Eindruck auf: Fein, elegant und leicht säurig – melden Nase und Gaumen unisono. Blüten, ein wenig Zitronenmelisse und zarte Papiernuss dürften dieses Burgunder-Gespinst gewebt haben.
Dass der Grauburgunder gerne einmal auch plump geraten kann, scheint sich zu Lis Neris nicht durchgesprochen zu haben. Gestern am Aschermittwoch gab es Störfilet zuhause – und dafür ist dieser Wein zum Beispiel gemacht. Was nicht heißt, dass es für den 2018er Pinot Grigio einen Feiertag braucht. Der macht locker aus jedem Tag einen. „Grazie“ nach Sterzing, Mander!
Bezugsquelle:
Siddùra, „Nudo“ (=Cannonau Rosé) 2018 ist um EUR 19,50 zu haben;
Lis Neris, Pinot Grigio „Isonzo” 2018 kostet EUR 13,90; beide beim Delikatessenhändler Mair&Mair, www.mair-mair.com