Die Neulinge bei der großen Verkostung der Burgundermacher erkannte man an Schwitzflecken und einer Frage: „Warum macht man das im Hochsommer“? Weil der Heilige Laurenz, von den Römern für seinen Glauben am Metall-Rost verbrannt, einer der Patrone der Winzer ist. Und am 10. August seinen Feiertag hat. Vor allem aber gilt die nach ihm benannte Rebsorte als eine der beiden, auf der die Vereinigung der acht Thermenregionswinzer sich vor 15 Jahren gründete. Darin erinnerte bei der Jubiläumskost Heinrich Hartl.
St. Lorenz füllt mit heißem Hauch dem Winzer Fass und Schlauch.
Bauernregel zum Laurenzi-Tag (10. August)
Ein Lob gebührt den Organisatoren jedenfalls für die Temperatur der Weine in der Oberwaltersdorfer Bettfedernfabrik – es war die erste Präsentation seit Äonen, bei der die Rotweine gut gekühlt serviert wurden! Unter der Hand konnte man so die Aromen-Fülle der Burgunder zunehmen sehen. Vor allem aber zeigte sich die ideale Eignung der gerne als „hell“ und „leicht“ (was schon einmal nicht das Gleiche ist) beschriebenen St. Laurents und Pinot Noirs für den Sommer. Der 2015er Pinot Noir von Leopold Auer etwa wirkte mit seiner säurig-frischen Note wie „Himbeersaft für Erwachsene“, traf ein Verkoster den Vorzug der kühl gehaltenen Burgundermacher-Auswahl ziemlich gut.
Tendenziell – und das mag den Heiligen Laurenz auf seiner Wolke freuen – zeigten dieses Mal aber die St. Laurents gewaltig auf. Das mag auch an der größeren Jahrgangstiefe liegen. Aber die Abfolge 2015 (hier hatten wir den Landessieger „Poldi“ Auers vorab ja schon vorgestellt), 2012 und 2009 zeigte erst so richtig, was diese Sorte in der österreichischen Burgund kann. Vor allem der Einstieg die SL-Klasse – der für uns prototypisch mit Franz Landauer-Gispergs 2015er „Selektion“ erfolgt – zeigte auch den Unterschied der beiden Rotweinsorten der Burgundermacher. Der Bio-Rote aus Tattendorf wirkte wie ein Pinot mit der Extra-Kante. Fruchtbetont mit seiner neckischen Rotbeer-Nase (Cranberry) war auch der St. Laurent, aber eben auch mit einem herben Zug von Lorbeer und schwarzen Oliven versehen. Diese Dufteindrücke setzten sich am Gaumen fort; hier ist es eine Mischung aus Weichsel und Hibiskustee, die im Finish in einen Würzeschwall aus Schwarzem Pfeffer und Lorbeerblätter übergeht. Vor allem bleibt dieser Rotwein lange haften. Und, man soll es ruhig nochmals erwähnen: Auch ihm stand die leichte Kühlung gut.
Limousinen-Baujahre der SL-Klasse: 2012 und 2009
Andreas und Jakob Heggenberger wiederum übersetzten diese Stilistik quasi in die Tiefendimension. Ihre 2012er Laurent-Reserve erinnerte im generell gefälligen Stil des Hauses an WICK Wildkirsche, Preiselbeeren und auch einen Touch Schwarze Nüsse. Doch dem Duft folgte ein weitaus kantigerer Wein als erwartet, der bei allem Trinkfluss auch Nuancen von Gerbstoff durchblitzen ließ. Der Beeren-Frucht-Mix war unverkennbar, die Himbeere dominierte den Kost-Eindruck. Auch hier kamen die herben Noten erst allmählich auf: Neben den schon erwähnten eingelegten Johannisnüssen waren das vor allem Olivenpaste und ein Hauch Salbei. Die leicht ätherischen Noten des Salbei, mit zarter Minze vermengt, prägen vor allem das Rückaroma dieses Parade-Laurents aus Tattendorf.
Das Monument des Koststands mit den reifen Weinen stellte aber nicht nur optisch – weil in der Großflasche gereicht – ein Wein von Alfred Reinisch dar. Zunächst einmal bestätigte er, wie gut die Burgunder altern. Kein Anflug von Müdigkeit, dafür aber jugendliche Säure, die in Form von Weichsel-Duft und Himbeer-Hecke durchblitzte. Überhaupt machte hier der Duft bereits Freude: Pfefferwürze (Langpfeffer für Spezialisten), herbe Kräuternoten und mit mehr Sauerstoff eine unverkennbare Currykraut-Wolke strömen aus dem Burgunder(kost)glas. Das wird doch kein „Nasenwein“ sein?
Nein, hier duftet keiner parfümiert und enttäuscht dann am Gaumen. „Im Gegentum“, wie der schon recht heitere Herr am Nebentisch es formulieren würde. Eine zarte Bitterschoko-Note leitet ein und wer genau zuhören und schmecken kann, merkt, dass die Frucht erst allmählich aufklart. Hier steht viel Struktur zu Buche, die Weichseln und Kornellkirschen (Dirndl) müssen erst durch die herbe Eingangstür dieses Rotweins durch. Dann allerdings ruht dieser St. Laurent merkwürdig alterslos in sich. Die jugendliche Säure überrascht dabei vermutlich am meisten. Doch was hier am wichtigsten ist: Analysieren braucht man gar nicht viel. Stopp damit!! Der 2009er von Reinisch zeigt sich in einer Trinkreife, die bemerkenswert ist. Fazit: Ein großer Wein, mit dem sich die Bekanntschaft der Jubiläumskost verdankt. Was sind dagegen ein paar Schweißflecken am Laurenzitag?
Bezugsquelle:
Winzerhof Landauer-Gisperg, St. Laurent Selektion (bio) 2015 ist um EUR 11,20 ab Hof bzw. im Webshop erhältlich, www.winzerhof.eu
Weingut Heggenberger, St. Laurent Reserve 2012 ist um EUR 15,80 ab Hof zu erwerben, www.heggenberger.at
Alfred Reinisch, St. Laurent Reserve 2009 ist um EUR 14,40 ab Hof erhältlich, https://www.tattendorf.at/reinisch