Dass der Stop auf unserer Whisky-Runde bei und Roman Schmidt in Auersbach länger dauerte, liegt am Portfolio des Vulkanland-Brenners. Denn auch Bier entsteht in den modernen Hallen, die auch den Whisky beeinflussen (doch davon später mehr). Und was wären wir für Trinkprotokollanten, wenn wir unsere Papillen nicht zuerst mit Gebrautem benetzt hätten. Darüber haben wir hier schon berichtet, doch diesmal soll es um die Whiskys des zweiten steirischen AWA-Mitglieds gehen. Die sind markant in ihrer würfelförmigen Flasche und mit Namen wie Woazky. Was daran liegt, dass Roman im Brotberuf eine Werbeagentur leitet. Was ein USP ist, muss man ihm nicht erklären. Und seine Single Malts haben einige Besonderheiten.
Da wäre zum Beispiel die Tatsache, dass ausschließlich Bio-zertifiziertes Getreide eingemaischt wird. Zum anderen wird man ein Brenngerät vor Ort vergeblich suchen. Eingemaischt wird das Getreide mit mittlerweile viel Know How im Vulkanland, gebrannt aber bei einem Whisky-Pionier, bei dessen Erwähnung Edelbrand-Trinker heute noch feuchte Augen bekommen. Denn die Partnerschaft mit der burgenländischen Brennerei Kurt Laglers geht noch auf die Tage des Erfinders des „Pannonian Blend“ († 2009) zurück. Auch mit seinen Erben brannte man weiter in dessen spezieller Vakuumdestille. Seit dem Verkauf im Vorjahr heißt die Traditionsadresse in Kukmirn Puchas – und die Whisky-Freundschaft geht unter den neuen steirischen Eigentümern weiter.
Das Vakuum erlaubt beim Brennen niedrigere Temperaturen, was speziell bei Fruchtbränden – der selige Kurt Lagler brannte damit u. a. eine Cuvée aus Himbeere & Schlehen – deutlich mehr Frucht bringt. Im Whisky-Bereich ist das Verfahren ziemlich einzigartig und kitzelt auch die Fruchtnoten aus der Rohfrucht. Das zeigt der erste „Woazky“, der ins Kostglas kommt. Dazu sollte man ersten wissen, dass man bei Lavabräu dem steirischen (Sprachge)Brauch folgt und „Woaz“ folglich für reinsortigen Mais in gebrannter Form steht. Zum anderen geht Schmidt nach Jahrgängen vor. Das erlaubt interessante Vergleichsverkostungen – der Whisky aus 2016 etwa ist deutlich „staubiger“, läßt noch mehr Getreide als Fass-Noten spüren und hat auch noch nicht die komplette Harmonie.
Der aktuelle Jahrgang 2015 hingegen wird Bourbon-Freunde freuen, aber auch erstaunen. Ananas notiert man eher selten bei den Mais-lastigen Amerikanern, hier ist sie in der Nase zu merken, dazu auch der zarte Honig-Ton über Cerealien, wie man ihn von Kelloggs „Smacks“ kennt. Das gepoppte Getreide ist überhaupt sehr präsent – ein Touch Karamell-Popcorn kitzelt die Nase. Auch im Mund lässt sich das steirische „Ausgangsmaterial“ nicht verleugnen: Das ist purer Mais-Brand! Feine Süße legt die ersten Geschmacksnoten frei, rund und gelbfruchtig rollt der Whisky über die Zunge. Ganz deutlich kommt der Mais, eher gegrillt denn als Dosen-Mais wie bei manchem Bourbon, im Nachklang durch.
Ein klares Bekenntnis hat man beim seit 2003 aktiven Whisky-Unternehmen auch, was die Reifung betrifft. „Viereinhalb Jahre ist bei mir das Maximum“. Danach lagern die Whiskys im Stahltank bis zum Füllen. Was zum einen an der sauberen Aromatik des Vakuumbrennens liegt, aber auch am hohen „Engelsanteil“ (Angels‘ Share) im Vulkanland. Jetzt ist Auersbach zwar nicht am Äquator gelegen, doch die Fässer lagern in der Metallhalle recht nahe zum Dach. „Ich atme das Vulkanland und sein Klima“, erklärt das Roman Schmidt und der bis zu 8%-ige Angels‘ Share erklärt auch die Jahrgangsunterschiede, die man bewußt verkosten sollte. Dazu kommen die Fass-Belegungen, bei denen es teils auch ungewöhnlich wird. Für alle, die immer nach Schottland schielen beim Single Malt, wäre etwas der „Genesis“ ein Schlückchen, das so nur in Österreich möglich ist. Denn ein Maulbeer-Fass würde bei der Scotch Whisky Association (SWA) nicht geduldet werden.
So aber wird das seltene Holz mit einem Single Malt aus Gerste belegt und gibt intensive Farbe ab. Kaffeebraun ist diese „Rare Cask“-Füllung, ihr Duft reicht tief hinein ins Archiv der dunklen Aromen: Viel Walnuss, Herbstblumen, Karamell und eine Kräuternote, bei der man lange nachdenken muss, bis man sicher ist – das ist in der Tat Salbei! Die Öligkeit am Gaumen fällt sofort auf, dem satten Mundgefühl entspricht eine unerwartet feine Klinge dieses Destillats aus dem Brennjahrgang 2011. Nüsse und etwas Milchkaffee notieren wird, das Finish bringt dann wieder diese spannenden Würze-Akzente. Diesmal denkt man an Oliven-Ciabatta. Auch der Nachdruck bei diesem Whisky ist markant, er wird mit für Lavabräu ungewöhnlich hohen 48,4% vol. gefüllt. Kenner schätzen diese Fass-Stärke.
Maulbeere und Kirsche statt ewigem Eichenholz
Und es ist nicht die einzige Holz-Extravaganz, die man sich im Vulkanland erlaubt. Im Kirsch-Fass reift ein Whisky aus gemälztem und „grünem“ Roggen, der wie eine flüssige Cocktail-Kirsche duftet. Der Mix aus roter Frucht und herberen Aromen ließe sich auch als in Schoko getunkte Erdbeere beschreiben. Lange kann man dieses Glas „ausriechen“ – Kokos kommt durch, aber auch Erdnussbutter, etwas Orangenzeste und eine feine, an Holzspäne erinnernde Kantigkeit des rohen Roggens bemerkt man dabei. Mild am Gaumen, meldet sich wieder dieser Orangen-Ton, diesmal eher als Blüte des Zitrusbaums. Der zarte Gerbstoff des kleinen Kirschfasses gibt Struktur, geht aber auch in eine fast medizinale Geschmacksnote über. Roman Schmidt sekundiert mit seiner Beschreibung „wie Maiwipferl-Sirup“. Das trifft diese herbe Note, die von der Roggenmalz-Süße praktisch umhüllt wird, sehr gut. Für die Bar wäre das wohl der richtige Lavabräu-Whisky für einen „Manhattan“.
Diesem vielleicht ungewöhnlichsten Whisky folgt eine Variante mit interessantem Hintergrund, die aber auch Einsteigern gefallen sollte. Tres Hombres ist ein steirisches Projekt, das viel Zuspruch bekam, weil damit nachhaltig Rum aus der Karibik nach Europa transportiert wird, nämlich per Segelschiff. In einem Rum-Casks der umweltfreundlichen Segler reift der Gersten-Single Malt „Brisky“ für eine hoch aromatische Version. Die Rum-Noten sind im Geruch schnell präsent, sie spielen schön zwischen Malzsüße, dem zarten Karamell des Whiskys und einer zart rauchigen Duftnote, die an getrocknete Chilis anklingt. Auch im Geschmack schlägt das Pendel einmal in die süßere, schokoladige Richtung aus, dann in die strengere Würze-Wegweisung von Getreide. Dem sanften Antrunk folgt so ein markantes „Pfefferl“, der Rum lässt Kokosraspel aufblitzen, wird aber vom karamelligen Atout des Malzes überboten. In Summe entsteht so ein würzig unterlegter Film aus Schokolade, der den Gaumen lange auskleidet. Oder sagen wir, passend zum Bio-Whisky, besser: nachhaltig!
Bezugsquelle:
Lavabräu, „Woazky pur“ (2015) kostet EUR 56 (0,5 Liter-Flasche), der „Genesis“ ist um EUR 90 zu haben, „Roggen“ (im Kirsch-Fass) um EUR 76 und der „Brisky Rum-Fass“ ist um EUR 59 erhältlich, alle im Webshop der Brennerei, www.lavabraeu.at